Beluga-Narwal-Mischform in Museum entdeckt | Polarjournal

Narwale und Belugas können sich nicht miteinander fortpflanzen. Diese Tatsache ist nach den Resultaten einer dänisch-kanadischen Forschergruppe nicht mehr gültig. Denn das Team um Mikkel Skovrind, Paul Szpak und Eline D. Lorenzen hat aufgrund einer genetischen Untersuchung an einem ungewöhnlichen Schädel aus dem dänischen Naturhistorischen Museum herausgefunden, dass das Tier eine Narwal-Mutter und einen Beluga-Vater hatte. Ob das Tier selbst Nachwuchs produziert hatte im Laufe seines Lebens, ist nicht geklärt. Gemäss einer Isotopenanalyse des Knochenmaterials zeigte sich, dass das Tier auch nicht den einen oder anderen Lebensstil hatte und dasselbe frass, wie Belugas oder Narwale, sondern einen eigenen Jagd- und Frassstil entwickelt haben musste.

Die drei Schädel, die zur Identifizierung beitrugen, waren (v.l.n.r.): Ein Belugaschädel, der Hybrid und der Narwal. Vor der DNA-Untersuchung hatten nur die Zähne darauf hingewiesen, dass der unbekannte Wal eine Mischung sein musste. Bild: Mikkel Høegh Post

Der Schädel selbst ist das einzige Überbleibsel einer Jagd in Westgrönland Mitte der 1980er-Jahre. Damals trafen grönländische Jäger auf eine Gruppe ungewöhnlich aussehender Wale. Diese waren alle grau mit Brustflossen eines Belugas und der Fluke eines Narwals. Einer der Jäger behielt den Schädel eine Weile und übergab ihn dann an den Leiter des grönländischen Instituts für Natürliche Ressourcen, Professor Mads Peter Heide-Jørgensen. Dieser erkannte zwar, dass es sich um einen unbekannten Wal handeln musste, konnte aber trotz Befragung keine abschliessende Lösung erarbeiten. Er schickte den Wal nach Kopenhagen für weitere Untersuchungen, die aber auch niemanden weiterbrachten. Erst moderne DNA-Forschungsmethoden, die es erlauben, aus altem Knochen genetisches Material zu gewinnen und moderne Analysemethoden gaben Aufschluss über die Entstehung. Das Tier war zu jeweils 50% Beluga und Narwal, also ein Hybrid der ersten Generation. Neben der genetischen Information waren auch die Zähne ein Hinweis: nach vorne gedrückte, leicht spiralige, spitze Zähne mit Kerben. Belugas besitzen rund 40 kegelförmige Zähne, Narwalkühe keine und Narwalbullen den markanten spiraligen Stosszahn.

Die beiden einzigen hocharktischen Zahnwale sind kaum in denselben Gebieten unterwegs und jagen auch ganz unterschiedliche Beute. Bild: Michael Wenger

Die Entdeckung des Hybriden ist ein kleines Erdbeben in der Biologie der Wale. Denn die beiden Arten, obwohl in dieselbe Gruppe gegliedert haben sich wohl vor rund 5 Millionen Jahre getrennt und eine Vermischung der beiden Arten ist wohl in den vergangenen 1.5 Millionen Jahre nicht vorgekommen. Gemäss Eline Lorenzen, der Leiterin des Museums ist diese Mischung entweder sehr selten oder etwas Neues. Auch ein «Unfall» könnte die Ursache gewesen sein. Denn während Narwalbullen mit ihren Zähnen für Belugakühe klar artfremd erscheinen, können Narwalweibchen von einem Belugabullen durchaus verwechselt werden. Auf der anderen Seite treffen sich Belugas zur Fortpflanzung in Gebieten, die nicht von Narwalen angesteuert werden, zumindest in der Regel. Der Hybrid wies auch eine komplett anderes Nahrungsverhalten auf als seine Eltern. Belugas und Narwale sind beides Jäger im offenen Wasser, während die Zahnstellung und die Isotopenanalyse am Hybrid zeigten, dass dieser am Boden seine Beute jagte. Mikkel Skovrind, PhD-Student in Kopenhagen und Erstautor der Studie ist auf jeden Fall aufgeregt: « Es wäre spannend herauszufinden, ob dort draussen noch weitere Hybridwale gesichtet worden sind.»

Quelle: Universität Kopenhagen / Science News

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