Polarfuchs rennt von Svalbard nach Kanada in vier Monaten | Polarjournal
Polarfüchse sind sehr agile und schnelle Tiere. man weiss, dass sie weite Strecken wandern können. Doch ein Tier stellt alles bisher Bekannte in den Schatten. Bild: Michael Wenger

Polarfüchse sind neben den Eisbären die einzigen Landraubtiere, die auch auf dem Meereis des Arktischen Ozeans unterwegs sind. Dabei hilft ihnen ihr dichtes Winterfell, die eisigen Temperaturen zu überstehen. Doch über die Wanderungen der Tiere ist wenig bekannt. Nun hat ein Weibchen die Forscher überrascht: Das Tier legte in nur vier Monaten einen über 4’400 km langen Weg zwischen Svalbard und Kanada zurück.

Das auf Svalbard mit einem Sender ausgestattete Weibchen hatte sich am 1. März 2018 auf seinen Weg nach Norden aufgemacht, nachdem es während mehr als einem Jahr im Gebiet des 14.Juli-Gletschers an der Westküste Spitzbergens aufgewachsen war. Zuerst zog das Tier nach Norden, traf jedoch im Norden Svalbards nur auf Wasser. Gezwungenermassen drehte das Weibchen dann nach Osten, zog bei Nordaustlandet nach Norden und verliess am 26. März den Svalbardarchipel. Danach lief der Fuchs nach Norden, um einen Keil offenen Wassers zu umgehen und bog dann nach Westen ab. Bereits um den 10. April herum erreichte die Fähe die Nordküste Grönlands. Die nächsten zwei Monate zog sie wieder auf das Eis hinaus und dann wieder zurück zur grönländischen Küste. Am 6. Juni verliess der Fuchs dann Grönland und erreichte am 10. Juni Ellesmere Island. Dort liess sich das Weibchen dann weiter im Norden am 1. Juli 2018 nach einer 4’415 Kilometer langen Wanderung nieder.

Die Karte zeigt die Wanderrooute, die mit Hilfe eines GPS-Senders aufgezeichnet worden ist. Die Füchsin legte pro Tag durchschnittlich 46.3 km zurück. Jedoch lief sie an einem Tag bis zu 155 km. Bild: Fuglei et Tarroux, Norwegische Polarinstitut

Die Leistung der Füchsin überraschte sogar die Forscher, die das Beobachtungsprojekt betreuten. Die Wissenschaftlerin Eva Fuglei, die Hauptautorin der wissenschaftlichen Arbeit, meinte: « Wir konnten es kaum glauben.» Dabei war es nicht nur die Distanz, sondern auch die Geschwindigkeit des Tieres, die überraschte. Mit einer durchschnittlichen Tagesleistung von rund 46.3 Kilometer war das kleine Raubtier unglaublich schnell unterwegs. «Das ist die höchste je nachgewiesene Geschwindigkeit eines Polarfuchses», erklärt Fuglei weiter. Auch für die maximale Tagesdistanz setzte das Weibchen einen neuen Rekord. Auf dem grönländischen Eisschild legte sie an einem Tag 155 km zurück, wahrscheinlich ohne Nahrung. Denn dort ist nicht viel zu holen.

Polarfüchse kommen in zwei Varianten vor: der Weissfuchs und der Blaufuchs. Die beiden Varianten sind keine getrennten Arten, weisen aber Unterschiede in ihrer Lebensweise und ihrer Färbung auf. Blaufüchse sind ganzjährig dunkel, Weissfüchse wechseln ihre Fellfarbe im Winter. Beide Varianten sind viel kleiner als unsere Rotfüchse und haben ein breites Nahrungsspektrum. Bild: Michael Wenger

Eva Fuglei ist auch der Meinung, dass das Tier in seiner neuen Heimat, auf Ellesmere Island, seine Nahrungsgewohnheiten ändern wird. Denn auf Ellesmere Island lebende Füchse sind vor allem auf Lemminge aus, die auf Svalbard nicht vorkommen. Scheinbar hatte die Fuchsdame keine Probleme, ihre Nahrung umzustellen. Denn zwischen Juli und Februar 2019 konnte das Bewegungsmuster des Fuchses noch nachverfolgt werden. Danach endete die Lebensdauer des Senders, der seit März 2017 an einem Halsband angebracht worden war. Bei der Füchsin handelt es sich um einen sogenannten «Blauen Morph», dessen Fell das ganze Jahr über dunkel bleibt und der sich vor allem im Küstenbereich aufhält und jagt.  

Die Wissenschaftlerin Dr. Eva Fuglei arbeitet beim norwegischen Polarinstitut im Bereich Biodiversität über Polarfüchse und Schneehühner. Bild: Ann Kristin Balto / Norsk Polarinstitutt

Über die wissenschaftliche Bedeutung der Leistung der Polarfüchsin meinen die Autoren, dass dies die erste nachgewiesene Überquerung eines Polarfuchses von einem Ökosystem in ein anderes sei. Bis anhin konnten nur genetische Studien zeigen, dass zwar zwischen den Polarfuchspopulationen ein reger Austausch stattfindet und das die Einwanderung in den Svalbardarchipel höher ist, als das Auswandern. Doch bisher war nichts über die Geschwindigkeit der Tiere auf dem Eis oder über die Routen bekannt.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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