Ein russisches Expeditionsteam ist am 17. Dezember 2018 auf ihrem Weg zum Südpol in der Eiswüste auf ein überraschendes Relikt der Vergangenheit gestossen. In der abgelegensten Region der Antarktis, tauchte vor den Abenteurer plötzlich eine Büste des verblichenen kommunistischen Diktators Lenin auf.
Sowjetische Polarforscher hatten den so genannten Pol der Unzugänglichkeit 1958 erstmals mit Schneefahrzeugen erkundet. Dabei haben die Forscher den weitesten von allen Ozeanen entfernte Punkt der Antarktis erreicht und dort einen kleinen Stützpunkt errichtet. Nach zwei Wochen zogen sie wieder ab, nicht ohne jedoch den steinernen Lenin zu hinterlassen, dessen Blick sie gegen Moskau richteten.
60 Jahre später haben die vier russischen Polfahrer die geographische Mitte der Antarktis erreicht. Das Team legte nach eigenen Angaben mehr als 2.214 Kilometer zurück, bevor es den Pol am 17. Dezember 2018 gegen 15 Uhr mit Hilfe ihrer Spezialfahrzeuge erreichte. «Es ist nicht schwer den Punk zu erreichen. Schon von weiten ist die Büste Lenins zu erkennen. Von der Station, welche immerhin 5 Meter hoch war ist nichts mehr zu sehen. Nicht mal eine Erhöhung ist zu erkennen, es ist alles flach und im Eis eingegraben, nur Lenin ragt auf seiner Kiste unter dem Eis hervor. Das ist der am besten geeignete Ort für ihn. In den letzten 60 Jahre wurde er nur von ca. 70 Personen oder etwas mehr besucht», schrieb der Expeditionsleiter Vasily Elagin. Das letzte Mal, dass Menschen den Pol der Unzugänglichkeit besuchten, war am 27. Dezember 2011.
Die Station «Pol der Unzugänglichkeit» in russischer Sprache «Poljus Nedostupnosti» wurde für meteorologische Beobachtungen und Messungen im Rahmen der dritten sowjetischen Antarktis-Expedition, die 1958 im Internationalen Geophysikalischen Jahr stattfand, eingerichtet und vom 14. bis 26. Dezember 1958 betrieben. Die Station liegt auf 3718 Meter über Meer, ist 463 km vom geographischen Südpol und rund 600 km von der ehemaligen sowjetischen Forschungsstation «Sowjetskaja» entfernt. Die Eisdicke an dieser Stelle beträgt 2980 Meter. Die Station bestand aus drei Hütten, darunter einer kleinen Schutzhütte für vier Personen und Hütten für Funk- und Messanlagen sowie Elektronik. Die in der Umgebung der Station durchgeführten Beobachtungs- und Forschungsarbeiten erfolgten teilweise aus Laborfahrzeugen. Die jährliche Durchschnittstemperatur beträgt −58,2 °C und ist damit eine der tiefsten der Erde. Heute ist von der Station ausser der Büste von Lenin nur noch ein Gebäude vorhanden, das jedoch vom Schnee schon fast vollständig begraben wurde. Station und Büste ist im Anhang zum Antarktis-Vertrag als historische Stätten festgeschrieben.
Heiner Kubny, PolarJournal