Forschungsschiff «Polarstern» zurück in Bremerhaven | Polarjournal
Das Forschungsschiff «Polarstern» in der Ferne, aufgenommen bei einer Eisstation der Meereisgruppe auf der Expedition PS118 im westlichen Weddellmeer. (Foto: Alfred-Wegener-Institut, Erika Allhusen)

Das Forschungsschiff «Polarstern» ist nach einem halben Jahr auf der Südhalbkugel in seinen Heimathafen Bremerhaven zurückgekehrt. Nach einer vom Meereis geprägten Saison wird der Eisbrecher jetzt in der Werft darauf vorbereitet, ab September 2019 die größte Arktis-Forschungsexpedition aller Zeiten durchzuführen.

Am 18. Februar 2019 startete die «Polarstern» im chilenischen Punta Arenas die Expedition. Über die Drake Passage erreichte der Forschungs-Eisbrecher das Weddellmeer. (Grafik: AWI, S. Deutter)

Meterdickes Meereis soweit das Auge reicht: Als das Forschungsschiff «Polarstern» auf dem zentralen Fahrtabschnitt der Saison im März 2019 Kurs auf das Larsen C Schelfeis im antarktischen Weddellmeer nehmen wollte, war kein Durchkommen möglich. Statt den Meeresboden und seine Bewohner unter dem abgebrochenen Rieseneisberg A68 genau zu untersuchen, mussten die Wissenschaftler ein alternatives Forschungsprogramm auf die Beine stellen. Glück im Unglück für die Meereisforscher des AWI. „Wir hatten erstmals seit 13 Jahren wieder die Gelegenheit, die Eisdicke im nordwestlichen Weddellmeer zu bestimmen und die Beschaffenheit von Eis und aufliegendem Schnee und der davon abhängigen Mikroorganismen im Eis genau zu untersuchen“, berichtet Prof. Christian Haas. „Das Meereis hatte eine Dicke von durchschnittlich drei bis vier Metern und hat sich damit seit unserer letzten Polarstern-Expedition im Jahr 2006 nicht verändert“, so der AWI-Geophysiker weiter. Überrascht sei er von diesem Ergebnis nicht gewesen: „Auch die Meereisausdehnung hat sich in vielen Teilen des gesamten Südozeans über Jahrzehnte kaum verändert, obwohl es regionale Unterschiede und kurzzeitige Schwankungen gibt. Im Gegensatz zur Arktis, wo die Meereisausdehnung seit Jahrzehnten stark abnimmt, sind die Meereisverhältnisse hier aufgrund der isolierten Lage der Antarktis und ihrer besonderen Klimabedingungen relativ stabil.“

Die Meereis-Team Mitglieder Christian Haas und Stefanie Arndt an der Arbeit im westlichen Weddellmeer. (Foto: AWI, Erika Allhusen)

Der AWI-Meereisforscher hatte bereits im Vorfeld Satellitenaufnahmen studiert. Ob diese Fernerkundungsdaten die Beschaffenheit und Dicke des Meereises korrekt abbilden, ist eine der Fragestellungen, die Christian Haas mit seinem Team bearbeitet hat. So unternahmen die Forscher Messflüge mit dem Bordhelikopter, der einen elektromagnetischen Eisdickensensor, den sogenannten EM-Bird, über das Eis schleppt. Einen weiteren elektromagnetischen Sensor auf einem Schlitten zogen die Forscher zu Fuß über das Eis. Auf den Eisschollen erbohrten sie auch Eiskerne, um die biophysikalischen Eigenschaften und die im Eis enthaltene Biomasse zu bestimmen. All diese Daten gehen in die Verbesserung der Satellitenprodukte ein, denn je genauer man die Verhältnisse vor Ort kennt, desto besser lassen sich die zugehörigen Satellitendaten später kalibrieren und interpretieren.

Die Lebewelt am Meeresgrund im westlichen Weddellmeer. Aufgenommen mit dem Ocean Floor Observation System (OFOS), ein vertikal nach unten schauendes Kamerasystem (Foto: AWI, Autun Purser)

Flexibler mussten die internationalen Forschungsteams aus Biologen und Geologen sein, die ursprünglich Bodenbeschaffenheit und Artenvielfalt vor dem Larsen C Schelfeis untersuchen wollten. Anstatt die Besiedlung unter dem riesigen abgebrochenen Eisberg zu analysieren, entschlossen sie sich, die Auswirkungen der Meereisbedeckung auf Sedimente und die Lebewelt am Meeresboden zu erforschen. Dichtes, dickes Eis verhindert nämlich Algenwachstum und Primärproduktion im Ozean und führt somit zu einer wüstenartigen Verödung des Meeresbodens. Entlang eines Gradienten vom dichten Meereis über lockere Eisbedeckung bis ins offene Wasser fischten sie mit Netzen in der Wassersäule, nahmen Proben vom Meeresgrund und setzten einen Tiefseeroboter ein, der die Lebewesen am Boden fotografiert und filmt. Ihre so gewonnenen Proben und Daten werten sie jetzt in den Heimatinstituten aus. So konnten sie – auch ohne den Blick unter das ehemalige Larsen C-Schelfeis – wichtige Daten zu den weitgehend unbekannten ökologischen Verhältnisse im Weddellmeer sammeln.

Quelle: AWI, Prof. Christian Haas

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