Starke Stürme tragen zum Kollaps von antarktischen Eisschelfs bei | Polarjournal
(C) Joe Haxel

Die Zusammenbrüche von antarktischen Eisschelfs ist seit längerem ein Forschungsfokus der Glaziologen und Klimaforscher weltweit. Denn die Rolle, die diese mächtigen Eismassen spielen, ist enorm wichtig für den Meeresspiegelanstieg. Jetzt haben US-amerikanische und koreanische Forscher entdeckt, dass neben höheren Temperaturen und Salzgehalt auch Stürme bei Abbrüchen von Eisschelfstücken eine wichtigere Rolle spielen als bisher angenommen.

Diese Erkenntnis gewann das internationale Team aufgrund von Forschungsresultaten am Nansen Eisschelf in der Ostantarktis. Mit Hilfe von Hydrophonen, die an der Kante des Schelfs im Wasser verankert worden waren, konnten sie hunderte von Eisbeben aufnehmen, die einen Abbruch vorhersagten. Innerhalb von drei Monaten brachen 2016 zwei riesige Eisberge ab, die zusammen eine Fläche von rund 250 Quadratkilometer aufwiesen. Doch nach dem Abbruch blieben die Eisberge noch liegen. An dem Tag, als die Eisberge anfingen wegzudriften, herrschte extrem schlechtes Wetter. «Scheinbar waren die Eisberge, nachdem sie vom Hauptteil der Eisschelfs abgebrochen waren, in der Nähe liegengeblieben bis eine Kombination von starken Winden und einem starken Tiefdrucksystem sie freigeschoben hatte», erklärt Bob Dziak vom Nationalen Meeres- und Atmosphäreninstitut (NOAA) und Hauptautor der Studie. «Die Prozesse hinter dem Freisetzen und Abbrechen von Eisschelfteilen verstehen wir noch nicht im Detail. Aber unsere Arbeit deutet darauf hin, dass Stürme eine bisher unterbewertete Rolle spielen», meint er weiter. Die Details ihrer Arbeit haben die Forscher in der neuesten Ausgabe von Frontiers in Earth Science veröffentlicht.

Die Forscher hatten den Abbruch am Nanseneisschelf zwar schon am 2. April 2016 (links) notiert, doch erst 5 Tage später erkannte man auf Satellitenbildern, dass die Eisberge tatsächlich vom Schelf wegdriften, wahrscheinlich angetrieben durch starke Stürme. Bild: NASA MODIS / blogs.agu.org

Ob die Schlussfolgerungen der Forscher Bestand haben, wird sich in einer neuen Expedition im kommenden Januar zeigen. Dziak und Wissenschaftler der Oregon State Universität planen, neben den Hydrophonen am Nansen-Schelf auch am Thwaites-Gletscher solche Unterwassermikrofone zu platzieren. Der Thwaites-Gletscher, der im Bereich der Amundsensee in der Westantarktis liegt, gilt als der am schnellsten schmelzende und am meisten Eisberge produzierende Gletscher der Antarktis. Vor kurzem vermeldete eine andere Forschergruppe, dass unter dem Gletscher eine riesige Höhle liegt, die sich durch Abschmelzen in den vergangenen 3 – 4 Jahren gebildet hatte und den Gletscher instabil macht. Das Volumen des verschwundenen Eises betrug rund 14 Milliarden Tonnen. Durch einen Abbruch, vermuten die Forscher, würden andere, weiter hinten liegende Gletscher sich ins Meer ergiessen und damit für einen Meeresspiegelanstieg um bis zu 1 Meter sorgen. Mit den Mikrofonen hoffen die Forscher, mehr über das Verhalten von Gletschern und Eisschelfs zu erfahren. «Obwohl sie von der Abbruchkante des Nansen-Schelfs freikamen, blieben die Eisberge eine ganze Weile an Ort. Aus den Satellitendaten war nicht ersichtlich, dass sie losgebrochen waren», sagt Dziak. «Aber unsere Hydrophone zeigten uns bereits Monate zuvor, dass sie abbrechen würden. Wir hoffen, dass wir durch den Einsatz von zusätzlichen Unterwassersensoren in Antarktika eine ähnlich frühe Warnung erhalten werden, wenn der Thwaites-Gletscher zu kalben beginnt», meint Dziak zuversichtlich.

Der Einsatz von Unterwassermikrofonen ist mit viel Aufwand verbunden, da die Geräte am Untergrund festgemacht werden und die Bojen Stürmen und Eis widerstehen müssen. Bild: Lauren Roche
Das Nansen-Schelf liegt in der Ostantarktis, westlich des Rossmeers. Das Schelf ist relativ klein mit einer Fläche von „nur“ 1,500 Quadratkilometer. Der Abbruch der beiden Eisberge reduzierte die Fläche um beinahe 17 Prozent. Karte: Google Earth

Quelle: Mark Floyd, Oregon State University

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