Die «Polarstern» startet in Richtung Arktis | Polarjournal
Das deutsche Forschungsschiff «Polarstern» in der zentralen Arktis.  Die «Polarstern» ist ein als Eisbrecher ausgelegtes Forschungs- und Versorgungsschiff. Sie dient der Erforschung der Polarmeere und Versorgung der permanent besetzten Forschungseinrichtungen. (Foto: AWI, Mario Hoppmann)

Am Abend des 10. August 2019 wird das Forschungsschiff «Polarstern» seinen Heimathafen Bremerhaven verlassen. Ziel der Expedition sind Studien an einer arktischen Langzeit-Station, dem sogenannten AWI-Hausgarten in der Framstraße. Dort erforschen Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen alle Bereiche des Ökosystems von der Meeresoberfläche bis in die Tiefsee, um die Folgen klimatischer Veränderungen auf die Lebensvielfalt der Arktis zu ermitteln. Nach einem guten Monat erreicht die «Polarstern» Mitte September das norwegische Tromsø, wo dann die einjährige MOSAiC-Expedition vorbereitet wird, die am 20. September Richtung Zentralarktis startet.

Tramper Bergung nach erfolgreichen zweitägigen Testeinsatz am Meeresgrund bei 1500 Metern Wassertiefe. (Foto: AWI, Johannes Lehmburg)

Die Lebewesen in der dunklen Tiefsee sind davon abhängig, Nahrung von der lichtdurchfluteten Wasseroberfläche zu erhalten, wo das Phytoplankton wachsen kann. Dabei gibt es erhebliche Schwankungen zwischen warmen und kalten Jahren. Deshalb erforschen Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen um Expeditionsleiterin Dr. Katja Metfies vom AWI das marine Ökosystem im Untersuchungsgebiet von der Atmosphäre über die Wassersäule bis hin zum Tiefseeboden. Als besonders produktiv hat sich bei den Langzeituntersuchungen im sogenannten AWI-Hausgarten zwischen Spitzbergen und Grönland die Eisrandzone herausgestellt.

Bereitstellung des autonomen NOMAD-Crawlers am 5. September 2017 im Nordpolarmeer. (Foto: AWI, Esther Horvath)

Die Forscher vermuten, dass die hohe biologische Produktivität im AWI-Hausgarten durch physikalische und chemische Prozesse in der oberen Wassersäule, sowie den Austausch mit der Atmosphäre ausgelöst wird. Um die Zusammenhänge zwischen Physik, Chemie und Ökologie an den Frontensystemen der Eisrandzone detailliert zu ergründen, taucht hier das autonome Unterwasserfahrzeug (AUV) namens Paul ab. Es kann neben grundlegenden physikalischen Werten (Temperatur, Salzgehalt, Tiefe) auch ökologische Daten erfassen. Zu diesen gehört Chlorophyll als Indikator für die Photosynthese, aber auch organische Substanzen und Nährstoffe wie Nitrat zeichnet das AUV während seiner Tauchgänge auf.

Einsatz von Paul auf der «Polarstern» im am 27. August 2017 im Nordpolarmeer. (Foto: AWI, Esther Horvath)

Erstmalig soll Paul jetzt bis auf den Meeresgrund tauchen – bei früheren Expeditionen war er nur in den oberen Wasserschichten unterwegs. Ausgerüstet mit einer Kamera und einem sogenannten Side-Scan-Sonar soll er den Meeresboden hochaufgelöst kartieren. So erhöht das Sonar die räumliche Abdeckung des sonst eingesetzten geschleppten Kamerasystems (OFOS), indem es weiter zur Seite anstatt nur gerade nach unten blicken kann. Bis zu 2.600 Meter tief ist der Ozean dort, wo Paul fünf Meter über dem Meeresgrund schweben soll und Details der Bodenbeschaffenheit in einer Auflösung von etwa 10 bis 15 Zentimetern aufzeichnet. Diese Karten erlauben es dann, den Probenahmestellen für den sogenannten Multicorer zu bestimmen, der Proben für mikrobiologische Untersuchungen aus dem Sediment sticht.

NOMAD-Crawler nach Bergung im Nordpolarmeer. 5. August 2017, Nordpolarmeer. (Foto: AWI, Esther Horvath)

Diese Sedimente ermöglichen ergänzende Untersuchungen zu denen, die die Mikrobiologen mit autonomen Kettenfahrzeugen (Crawler) ganzjährig durchführen. Bereits zum dritten Mal ist der AWI-Tramper ein Jahr lang selbstständig am Meeresboden der Arktis unterwegs und misst beispielsweise regelmäßig den Sauerstoffverbrauch im Meeresboden als Anzeiger für die mikrobiologische Aktivität. Er soll während der aktuellen Polarstern-Expedition geborgen und sofort für den nächsten Einsatz ausgerüstet werden. Ergänzt wird der Tramper durch einen zweiten Crawler namens Nomad, der im Jahr 2018 einen erfolgreichen Test im Tiefseeobservatorium absolvierte. Beide Messroboter werden dieses Mal für einen zweijährigen Einsatz ausgerüstet, denn kommendes Jahr steht die «Polarstern» nicht für eine Expedition in den Hausgarten zur Verfügung.

Heiner Kubny, PolarJournal

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