Die Entwicklungsgeschichte der Pinguine ist immer noch mit sehr viele Lücken behaftet. Vor allem aus der Frühzeit zwischen 65 – 55 Millionen Jahre sind nur wenige Reste übrig. Ein Amateur-Paläontologe in Neuseeland hat nun aber ein weiteres Puzzleteil entdeckt. Zusammen mit Forschern aus Neuseeland und Deutschland konnten die gefundenen Knochen einer bisher unbekannten Riesenpinguinart zugeordnet werden. Die Daten wurden jetzt in einer Fachzeitschrift veröffentlicht.
Die neue Art, die den wissenschaftlichen Namen Crossvallia waiparensis erhalten hat, war in ihren Dimensionen wirklich riesig. Mit seinen 1.60 Meter Körpergrösse und einem Gewicht zwischen 70 – 80 Kilogramm würde sie Kaiserpinguine bei weitem überragen. Damit ist die paläontologische Megafauna Neuseelands um eine Art reicher. Gefunden wurden die Beinknochen im Gebiet Waipara Green Sand Fossil Site, in welchem bereits andere, jüngere Fossilien von Pinguinarten entdeckt worden waren. Der Entdecker der Knochen ist der Amateur-Paläontologe Leith Love, der danach mit einem lokalen Präparator die Fossilien freilegte. Analysiert und beschrieben wurden die wertvollen Funde von einem Team des Canterbury Museums für Naturgeschichte und dem deutschen Senckenberg Naturmuseums. Der Hauptautor der Studie, Dr. Gerald Mayr vom Senckenberg-Museum meint, dass die Fundstelle eine der bedeutensten Stellen für Pinguinfossilien ist. «Die hier gefundenen Fossilien haben unser Verständnis für die Entwicklung der Pinguine massgeblich verbessert. Und da ist noch mehr. Weitere Fossilien, die unserer Meinung nach neue Arten sind, warten auf ihre Entdeckung.»
Das vom Museum erstellte 3D-Modell zeigt die Grössenverhältnisse von Crossvallia waiparensis im Vergleich zu einem Menschen. Nach Angaben der Forscher konnte die Art jedoch wahrscheinlich noch nicht aufrecht gehen. Video: Canterbury Museum for Natural History
Die Untersuchungen der Wissenschaftler zeigt, dass die neuseeländische Art nahe verwandt mit einer in Antarktika entdeckten Art ist, Crossvallia unienwillia. Diese wurde im Jahr 2000 im Cross Valley, Ostantarktis, entdeckt und beschrieben. Für den Mitautor der Studie, Dr. Paul Scofield vom Canterbury Museum für Naturgeschichte, zeigt dies klar die Verbindung von Neuseeland und der Antarktis vor etwa 60 Millionen Jahre. «Als die Crossvallia-Arten existiert hatten, sah es in Neuseeland und Antarktika ganz anders aus. Antarktika war bewaldet und es herrschte ein viel wärmeres Klima als heute», erklärt er. Dieser Lebensraum hatte ganz andere Anforderungen an seine Bewohner. Die Beinknochen von Crossvallia waiparensis deuten darauf hin, dass die Füsse eine grössere Rolle beim Schwimmen hatten als bei modernen Pinguinarten. Es kann auch sein, dass sie noch nicht die Fähigkeit hatten aufrecht zu gehen, wie dies die modernen Pinguine tun. Auch die Körpergrösse ist ein Hinweis darauf. Die Kuratorin des neuseeländischen Canterbury Museums für Naturgeschichte und Mitautorin der Arbeit, Dr. Vanessa De Pietri, erklärt, dass die Entdeckung der neuen Art aus dem Paläozän ein weiterer Beweis für die gigantischen Ausmasse der frühen Pinguine sei. «Es bestätigt unsere Theorie, dass Pinguine in ihrer frühen Entwicklung enorme Grössen erreicht hatten», sagt sie. Die Gattung Crossvallia ist nach Erkenntnis der Familie der Spheniscidae zuzuordnen und damit mit Magellan-, Humboldt-, Galapagos- und Brillenpinguinen verwandt.
Quelle: Canterbury Museum for Natural History / Mayr et al (2019) doi.org/10.1080/03115518.2019.1641619