Meereisrückgang in der russischen Arktis öffnet Wasserweg und bringt 5 neue Inseln | Polarjournal

Seit Monaten ist klar, dass der Sommer 2019 für das arktische Meereis kein guter Jahrgang ist. Wahrscheinlich ist, dass sich seine Ausdehnung in der Grössenordnung des Negativrekords von 2012 bewegt. Auch im Bereich der Nordostpassage ist das Eis enorm stark zurückgegangen und hat Russlands nordische Lebenslinie jetzt komplett offen gelassen. Zusätzlich haben russische Forscher im Bereich des Archipels von Novaya Zemlya 5 neue Inseln entdeckt, die grösste davon rund 55 Quadratkilometer gross.

Die russischen Streitkräfte veröffentlichten die Nachricht auf ihrer offiziellen Webseite. Gemäss ihren Angaben sind seit 2015 insgesamt 30 Inseln, Kaps und Buchten neu entdeckt worden. Die fünf neuesten Inseln wurden bereits 2016 zwar entdeckt, doch erst jetzt endgültig vermessen und als Inseln bestätigt. Sie liegen auf der Ostseite der Insel Novaya Zemlya in der Vise-Bucht. Der Vylki-Gletscher (auch als Nansen-Gletscher bekannt), einer der Eisausflüsse der Insel hat sich in den vergangenen Jahren derart massiv zurückgezogen, dass die darunterliegenden Inseln zum Vorschein kamen. Die Bestätigung, dass es tatsächlich um Inseln handelt, musste danach von Hydrografen und Vermessungsingenieuren der gegenwärtigen russischen Expedition in das Gebiet erbracht werden. Ursprünglich wurden die Inseln von Marina Migunova, einer Studentin der Flottenakademie Makarova im Verlauf einer Abschlussarbeit auf Satellitenbildern 2016 entdeckt. Das Auftauchen der Inseln wird als Konsequenz der schmelzenden Gletscher auf Novaja Zemlya und des Klimawandels betrachtet.

Die Entdeckerin der Inseln, Marina Migunova, war zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung an ihrer Abschlussarbeit an der russischen Flottenakademie in St. Petersburg. Durch ihre Arbeit wurde man auf sie aufmerksam. Heute arbeitet sie bei der russischen Marine. Bilder: GUMRF.ru via BBC News

Neben neu entdeckten Inseln müssen sich die verantwortlichen Organe auch auf den Verlust von anderen Inseln machen. Beispielsweise verschwand im Franz-Josef-Land Archipel die komplett vergletscherte Insel Perlamutrovy (Perlmutt-Insel) auf mysteriöse Weise von der Oberfläche. Entdeckt wurde es 2017 von russischen Forschern, die auf Satellitenaufnahmen die Insel nicht mehr fanden. Doch erst 2108 gelang es einer Expedition, die im Osten des Archipels gelegene Stelle zu erreichen. Dabei fand man in der Bucht, in der die 1.5 Kilometer Durchmesser aufweisende Insel lag, nur noch offenes Wasser vor. Es wird vermutet, dass die Insel durch den Verlust ihrer Eiskappe durch Wind und Wellen sehr schnell wegerodiert wurde. Solche Erosionen sind auch an der nahegelegenen Graham-Bell-Insel zu sehen. Da das stabilisierende Eis wegschmilzt, sind die häufig weichen Küsten den Gezeiten und dem Wind schutzlos ausgeliefert.

Die zu Russland gehörende Inselwelt wurde erst 1874 erstmals beschrieben. Aufgrund ihrer Lage ist sie ein Wildtierrefugium. Nur wenige Schiffe können diesen abgelegenen Archipel erreichen. Bild: Michael Wenger

Diese neuen Entdeckungen stehen alle im Zusammenhang mit dem Klimawandel, davon sind die russischen Experten überzeugt. Immer weniger mehrjähriges Eis und frühere Eisschmelzen entlang der russischen Nordküste werden in den nächsten Jahren noch weitere neue und unbekannte Landmassen hervorbringen, während andere verschwinden werden. Dieses Jahr sind die Bedingungen besonders dramatisch in Bezug auf Eisverlust. Schon früh zeichnete es sich ab, dass die Eisausdehnung in diesem Jahr sehr gering ausfallen wird. Mittlerweile sind auch die optimistischsten Wissenschaftler der Meinung, dass der Negativrekord von 2012 wackelt. Damals waren lediglich 3.94 Millionen Quadratkilometer Eis noch vorhanden.

Die Grafik zeigt die Meereisausdehnung im Durchschnitt 1981 – 2010 (grau), im Jahr 2012 (grün gestrichelt) und 2019 (blau). Grafik: National Snow and Ice Data Center

Quelle: The Independent Barents Observer / Russisches Verteidigunsministerium / BBC

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