Alaskas grösstes Wildnisrefugium dank Schneemangel vor Verkehr geschützt | Polarjournal
(C) Steven Chase, U.S. Fish and Wildlife Service

Geht es nach dem Willen von US-Präsident Trump, wird eines der grössten Wildnisschutzgebiete Alaskas, das Arctic National Wildlife Refuge, bald zur Durchgangsstrasse für Schwerverkehr und Ölpipelines. Denn entgegen den Beschlüssen seines Vorgängers Barack Obama möchte er die Ölindustrie dort oben weiter ausbauen und auch das Schutzgebiet entsprechend verkehrs- und Leitungstechnisch nutzen. Der Widerstand dagegen war bisher sehr gross. Nun haben Forscher gezeigt, dass auch die Natur nicht mitspielt. Die Schneedecke, die für die Verkehrswege enorm wichtig ist, war im vergangenen Winter zu niedrig für den Schwertransport.

Gemäss den Forschern der Universität von Alaska Fairbanks waren zwei Drittel der Küstenebene, welches von der Trump-Administration für die Ölförderung freigegeben werden soll, mit einer nicht ausreichenden Schneedecke überzogen. Damit konnten schwere Fahrzeuge nicht über die Tundra fahren, ohne sich und die Natur zu schädigen. Die Forscher stellten ihren Bericht Anfang dieses Monats vor. Dabei beriefen sie sich auf eigene Messungen und Beobachtungen, die sie im Rahmen einer 5-jährigen Studie vorgenommen hatten. Dazu war die Gruppe im vergangenen April, als die Schneedecke generell ihre höchste Dicke hat, im Bereich der Küste unterwegs gewesen. Normalerweise ist dies auch der Zeitraum des stärksten Verkehrs in der Tundra. Matthew Sturm, der Hauptautor der Studie, und seine Kollegen nutzten zur Fortbewegung Schneemobile und untersuchten die Schneebedingungen, den Wassergehalt des Schnees und die Akkumulation auch mit Hilfe von Luftaufklärung.

In den Vorstellungen der meisten Leute spiegelt sich das Bild eines völlig verschneiten Alaskas. Doch je nach Ort sind die Bedingungen ganz unterschiedlich. Und dank des Klimawandels hat auch Alaska mittlerweile weniger Schnee und mehr Regen erhalten. Bild: Sturm et al (2019)

Die Forscher waren sich schon zu Beginn im Klaren, dass der Winter 18/19 kein guter Schneewinter gewesen war. Denn vor Ort waren der Schnee an vielen Stellen nur noch vereinzelte Flächen bedeckte und die Decke sehr dünn war. «Wir hatten Schwierigkeiten, mit den Schneemobilen unterwegs zu sein und an vielen Stellen waren schneefreie Flecken», erklärt Sturm. Doch das wahre Ausmass der Situation zeigte sich den Wissenschaftlern erst von oben, als sie die Karten erstellten. Nach ihren Berechnungen waren rund 67 Prozent der Tundraoberfläche schneefrei oder hatten eine zu dünne Schneeschicht, um darauf zu fahren. Dies war vom Boden aus nicht ersichtlich gewesen. «Man kann 5 cm Schnee haben und das sieht dann komplett weiss aus. Daher zeigt und die Perspektive vom Boden aus nicht sehr viel», meint Sturm. Auch im Jahr zuvor hatten rund 25 Prozent der Flächen zuwenig Schnee für Fahrzeuge, obwohl dieser Winter durch schwere Schneefälle gezeichnet gewesen war.

Das Bild zeigt die verschiedenen Dichten von Schnee ober- und unterhalb einer Eisschicht (blaue gestrichelte Linie). Die Dichte wird in kg/m3 angegeben. Bild: Sturm et al (2019)

Das Befahren des North Slope-Gebietes ist strikt reguliert und darf nur ab einer Schneehöhe von 25 cm und wenn zuvor die oberen Tundrabodenschichten gefroren sind. Doch genau solche Bedingungen sind an der Küste schon selten, denn starke Winde verdriften den Schnee und lassen ihn an anderen Stellen meterhoch anhäufen. Ausserdem beeinflussen die Topographie und die wärmer werdenden Winter die Schneequalität stark. Daher haben die Wissenschaftler für das Gebiet, in dem die Ölförderung verstärkt werden soll, eine Warnung/Empfehlung ausgesprochen. Gemäss dem Bericht müssten sich Gesellschaften auf komplett andere Bedingungen als beispielsweise im weiter westlichen Prudhoe-Gebiet einstellen, wo bereits Ölförderungen im Gange sind. «Dieselben Methoden für Schneestrassen und andere Überlandfahrten werden nicht den gleichen Grad an Schutz bieten können, wie in den bereits erschlossenen Gebieten», schreiben die Forscher. Sie schlagen bisher nicht verwendete Methoden vor, die wahrscheinlich auch kostenintensiver sein werden. Ausserdem empfehlen sie erst einmal weitere Messungen und Kartographierungen, bevor das Gebiet freigegeben werden kann. Doch ob die Verantwortlichen in Washington und Juneau darauf hören, weiss auch Matthew Sturm nicht. «Ich kann den Menschen über Schnee erzählen. Doch ob sie zuhören – ich bin 66 Jahre alt – das weiss ich nicht.»

Quelle: Yereth Rosen / Arctic Today & Sturm et al (2019) ANWR Report

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