Der Luftraum im Süden Grönlands ist eine Rennstrecke. Auf dem Weg zwischen Nordamerika und Europa kreuzen sich hier jeden Tag Hunderte Langstreckenflieger. Doch auf der zum Königreich Dänemark gehörenden Insel selbst landet nur eine Handvoll von Flugzeugen. Mit rund 56.000 Einwohnern gehört sie zu den am dünnsten besiedelten Regionen der Welt.
Dementsprechend ist auch die Anzahl der grönländischen Flughäfen überschaubar. Von insgesamt sechs Airports bieten nur zwei internationale Verbindungen nach Kopenhagen und Reykjavik an. Um den Tourismus und die Wirtschaft von Grönland anzukurbeln, ist das in den Augen der grönländischen und dänischen Regierungen zu wenig. Sie leiteten deshalb kürzlich den Bau von drei neuen Flughäfen in die Wege.
Bauarbeiten bereits begonnen
Umgerechnet 572 Millionen Euro wird Dänemark in den Bau der neuen Flughäfen investieren. In der Hauptstadt Nuuk und in der Stadt Ilulissat im Westen sollen bis Ende 2023 zwei große neue Airports entstehen. Die Bauarbeiten wurden bereits begonnen, so Grönlands staatliche Flughafenbaugesellschaft Kalaallit Airports in einer Mitteilung. Zudem ist in der fünftgrößten Stadt Qaqortoq im Süden ein neuer Regionalflughafen geplant.
Mit den beiden größeren Projekten sollen zwei neue Flughäfen entstehen, die dem Standard üblicher internationaler Airports entsprechen. Dafür werden beide eine Start- und Landebahn mit einer Länge von 2200 Metern bekommen sowie ein Instrumentenlandesystem, das Anflüge bei schlechten Sichtbedingungen erlaubt.
Bisheriger Hauptflughafen hat Probleme
Mit dem Flughafen Kangerlussuaq gibt es in Grönland bislang nur einen Verkehrsflughafen, der internationale Flüge abwickelt und ähnliche Dimensionen aufweist. Dieser ist jedoch ohne ein Instrumentenlandesystem ausgerüstet. Der bisher als Hauptflughafen von Grönland geltende Airport blickt jedoch seinem Ende entgegen. Da Kangerlussuaq zu weit von den bewohnten Gebieten entfernt liegt, wurde schon vor Jahren die Schließung für zivile Flüge beschlossen.
Zudem schmilzt aufgrund steigender Temperaturen der Permafrost unter dem Flughafen. Dadurch werden immer häufiger Reparaturen auf dem Vorfeld und an den Pisten nötig. Dort zeigen sich Absenkungen und Risse. Doch auch die Gebäude leiden. Teilweise sinken sie ab. Ab 2024 werden deshalb nur noch Militärflugzeuge in Kangerlussuaq starten und landen. In die Bresche springen die neuen Flughäfen in Nuuk und Ilulissat.
Größtes Infrastrukturprojekt der Geschichte
Grönland möchte seine Wirtschaft nicht mehr hauptsächlich auf die Fischerei als wichtigsten Zweig stützen. Die Arktisregion ist schon länger darum bemüht, sich neben dem Tourismus insbesondere mit dem Abbau von Rohstoffen einen neuen Wirtschaftszweig aufzubauen. Dazu möchte Grönland vor allem die Verkehrsinfrastruktur ausbauen.
Die drei neuen Flughäfen werden künftig etwa 80 Prozent des gesamten Passagieraufkommens von Grönland abwickeln können. Der Bau ist das teuerste Infrastruktur-Projekt in der Geschichte der autonomen Region. Noch bis zum Sommer plante Kalaallit Airports, die Hälfte der Gelder für den Bau der Flughäfen über private Geldgeber zu beschaffen.
China bot Investition an
In Dänemark führte das zu Befürchtungen über eine schwindende Einflussnahme, wie das Portal Arctic Today berichtet. Nun übernimmt Dänemark jeweils ein Drittel der Anteile der beiden großen Flughäfen. Den Rest sowie den ganzen dritten Regionalflughafen übernimmt Kalaallit Airports.
Die Hauptsorge Dänemarks soll vor allem der mögliche Einstieg chinesischer Investoren gewesen sein. Die Volksrepublik tätigt seit Jahren große Investitionen außerhalb seiner eigenen Landesgrenzen, um Einfluss in Übersee zu gewinnen. So auch in Grönland, wo mit chinesischen Unternehmen die Förderung von Rohstoffen vereinbart wurde.
Maßnahme, um USA zu beruhigen?
Wie der Sender BBC berichtet, boten chinesische Firmen auch den Einstieg in das Flughafen-Projekt an. Das wurde jedoch abgelehnt. Eine wachsende chinesische Präsenz in Grönland könnte vor allem die dänischen Beziehungen zu den USA als NATO-Partner schwächen. Für die Vereinigten Staaten ist das Arktisgebiet wirtschaftlich und militärisch vom großen Interesse.
Dies wurde spätestens vergangenen Sommer bekannt, als Präsident Donald Trump Dänemark vergebens anbot, Grönland zu kaufen. Die Beweggründe für das skurrile Angebot sind simpel. Durch das schwindende Polareis werden in Grönland immer mehr Schifffahrtsrouten als neue Handelswege frei. Zudem betreiben die USA mit der Thule Air Base in Grönland einen Luftwaffenstützpunkt, der Teil eines Raketenschutzschildes ist.
Heiner Kubny, PolarJournal
Ich finde es erschütternd, internationale Flughäfen zu bauen, denn dann kommen Touristen in hoher Zahl und was geschieht mit der Umwelt ??? Das Eis wird dadurch sicher noch schneller schmelzen!!!!
Ich kann das nicht verstehen !
Liebe Frau Brünger, herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Wir verstehen Ihre Erschütterung. Doch zwei Punkte müssen hier trotzdem erwähnt werden: Grönland mit seinen 56’000 Einwohnern hat eine Verkehrsinifrastruktur, die vor allem auf Flugzeuge und Hubschrauber angewiesen ist. Strassen lassen sich nicht einfach so bauen aufgrund der geographischen Verhältnisse. Daher ist eine Modernisierung inklusive Ausbau praktisch eine Notwendigkeit; Grönland möchte nicht eine grenzenlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und Massentourismus, der die Natur zerstört. Man ist sich der Gefahr, die zuviel Tourismus mitsichbringt, sehr bewusst. Denn Island ist nahe. Daher wird ein nachhaltiges und ökologisch sinnvolles Tourismuskonzept erarbeitet unter Berücksichtigung aller Interessenvertreter. Man will nicht dieselben Fehler wie an anderen Orten machen, doch man sieht den Tourismus auch als Chance eines wirtschaftlichen Aufschwungs, der den Grönländern weitere finanzielle Unabhängigkeit von Dänemark gewähren kann.
Wir hoffen, dass wir mit diesem kleinen Exposé Ihre Befürchtungen etwas mildern konnten.
Ihr PolarJournal-Team