Neues Gesundheitsgesetz in Nunavut soll Einwohner besser schützen | Polarjournal
Kanadische Gemeinden sind weit verteilt und die Gesundheitsversorgung in vielen Orten ist auf grundlegende Fälle beschränkt.

Das Gesundheitssystem in der kanadischen Region Nunavut ist ein thematischer Dauerbrenner. Die rund 37,000 Einwohner, die auf einer 50-mal grösseren Fläche als die Schweiz verteilt sind, haben oft nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Daher können Krankheitsausbrüche und Krankheiten wie latente Tuberkulose schwerwiegendere Auswirkungen haben, als an anderen Orten Kanadas. Nun ist ein regionsspezifisches neues Gesundheitsgesetz in Kraft getreten, welches die Situation verbessern soll.

Das alte, aus den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts stammende Gesetz hatte die gesamte Nordwestregion Kanadas eingeschlossen und trug den neuen Verhältnissen kaum mehr Rechnung. Dies hatte auch die Regierung in Ottawa schon vor längerem erkannt und hatte 2016 das neue Gesetz zur öffentlichen Gesundheitsversorgung verabschiedet. Doch das Gesetz umzusetzen dauerte gemäss dem Gesundheitsministerium noch einmal fast vier Jahre. Verschiedene Aspekte, die im neuen Gesetz verlangt werden, mussten für die Gegebenheiten Nunavuts miteinbezogen werden. Darunter Verordnungen über Nahrungs- und Trinkwassersicherheit. Dr. Jasmine Pawa, die stellvertretende Amtsärztin der Verwaltung von Nunavut, erklärt, dass gegenwärtig immer noch einige Verordnungen und Vorschriften überprüft werden müssen, bevor sie umgesetzt werden können. «Wir arbeiten immer noch an Nahrungs- und Trinkwasservorschriften, bzw. deren Inspektionsbereichen. Es existieren immer noch viele Diskussionen über Kontrollen und Berichte.» Die gesetzlichen Änderungen, die in Kraft getreten sind, sollen den gesellschaftlichen Werten der Inuit-Bevölkerung Rechnung tragen, erklärte das Ministerium früher. Auch Dr. Pawa meint, dass Aspekte wie Umwelt und Klimawandel in die Diskussion eingebracht werden müssen, und wie diese die Gesundheit der Menschen in Nunavut beeinflussen, besonders in den Bereichen Ernährung und Trinkwasser.

Neben dem Schutz durch Umweltgifte in Essen und Wasser soll das neue Gesetz auch eine bessere Kontrolle über Krankheitsausbrüche und latente Krankheitserreger bringen. Verbesserte und schnellere Berichterstattung und Kontrollen bei Ausbrüchen sollen die Bevölkerung besser schützen. «Wir erhalten mehr Informationen und die Autorität, Massnahmen bei Krankheitsausbrüchen zu ergreifen, um diese einzudämmen», erklärt Dr. Pawa gegenüber CBC News. Besonderes Augenmerk wird dabei auf schlummernde Erreger wie beispielsweise latente Tuberkulose (TB) gelegt. Dabei sind Patienten zwar nicht infektiös oder selber krank, aber ein möglicher Krankheitsherd. «Wir waren schon sehr gut, aktive TB zu entdecken. Jetzt haben wir noch bessere Möglichkeiten, auch die latente Form zu überwachen,» mein Dr. Pawa weiter. «Wir wissen, dass die Krankheit in der gesamten Region ein grosses Thema ist. Wir möchten sicherstellen, dass wir jetzt auch alle möglichen Informationen dazu erhalten werden.» Das bedeutet, dass Gesundheitsmitarbeiter Akten über positiv auf latente TB getestete Patienten behalten dürfen und auch die Vorgeschichten darüber, wie und wo eine Ansteckung zustande kam. Dies ist gerade bei TB besonders wichtig, denn in der kanadischen Arktis ist die Infektionsrate für Tuberkulose 290-mal höher als im restlichen Land, gemäss einer Studie von 2017. Die Weltgesundheitsorganisation WHO errechnete, dass die Infektionsrate in armen Ländern zwischen 150 und 400 pro 100,000 Menschen liege. In Nunavut betrug die Rate 2017 hochgerechnet 265.8/100,000 Einwohner tatsächliche Zahl: 101/37,082 Einwohner). Auch in anderen arktischen Regionen sind die Zahlen höher als im nationalen Durchschnitt.

Der Erreger von TB ist ein Bakterium, welches durch Tröpfcheninfektion übertragen werden kann. In vielen Gemeinden leben Inuit nahe aufeinander, was eine rasche Ausbreitung begünstigt. Bild: Wiki Commons

Das neue Gesetz bringt auch Änderungen für das medizinische Personal in Nunavut. Neben mehr Rechten und Autorität (auch gegenüber der Zentralregierung in Ottawa) muss die Position des Amtsarztes der Verwaltung der Region alle zwei Jahre einen umfangreichen Bericht zur Gesundheitslage in Nunavut vorlegen. Dieser soll helfen, die Entwicklung im Gesundheitswesen in Kanadas hohem Norden schneller voranzubringen und den Inuit eine bessere Versorgung zu gewährleisten, die dem nationalen Durchschnitt entspricht.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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