Spitzbergen – Regierung will Zertifizierung für Guides | Polarjournal
Tou­ris­ten­grup­pe mit Guide. Bis­lang ist der Beruf «Guide» nicht ge­schützt. (Foto: Heiner Kubny)

Die Dis­kus­si­on um eine mög­li­che Zer­ti­fi­zie­rung von Gui­des gibt es schon lange, aber nun be­kommt sie ganz neuen Schwung, da die norwegische Regierung sich erstmals positiv zu formalen Anforderungen geäussert hat.

Selbst bei Skidoo-Fahrten in der freien Natur ist ein Guide unerlässlich. Nur er kennt die Gegend, Tierwelt und Gefahren und macht den Ausflug zu einem unvergesslichen Erlebnis. (Foto: Heiner Kubny)

Bis­lang ist «Guide» kein geschützter Beruf. Jede und jeder kann kom­men und als Guide ar­bei­ten. Das hat viele Jahre lang auch gut funk­tio­niert, so­lan­ge Tou­ris­mus auf Spitz­ber­gen als eine Ni­schen­bran­che galt und aus­rei­chend Out­door-Be­geis­ter­te be­reit­stan­den, die schon hin­rei­chend Er­fah­rung ge­sam­melt hat­ten, um eine über­schau­ba­re Zahl von Tou­ris­ten si­cher durch Spitz­ber­gens ark­ti­sche Natur zu füh­ren, im Win­ter und Som­mer, mit Ski, Hun­de­schlit­ten, Mo­tor­schlit­ten, Boot, Schiff, zu Fuß oder wie auch immer.

Aber die Zei­ten haben sich ge­än­dert. In den letz­ten Jah­ren ist eine Viel­zahl klei­ne­rer Fir­men hin­zu­ge­kom­men, die in Spitz­ber­gen Tou­ren an­bie­ten. Dabei ist es ge­ra­de der lu­kra­ti­ve Markt für Ta­ges­tou­ren um und in Lon­gye­ar­by­en, der viele neue Markt­teil­neh­mer an­ge­lockt hat. Denn das ist es mitt­ler­wei­le ge­wor­den: Ein Markt, auf dem viel Geld um­ge­setzt und ver­dient wird, in der Be­geis­ter­te sich mit viel Idea­lis­mus und per­sön­li­chem Auf­wand ver­wirk­li­chen. Die gibt es na­tür­lich immer noch, aber das Um­feld ist ein an­de­res ge­wor­den.

Mit dem ge­wach­se­nen Markt ist na­tür­lich auch der Be­darf an Gui­des kräf­tig ge­stie­gen, und mehr und mehr Be­ob­ach­ter sam­meln mitt­ler­wei­le Ein­drü­cke, die dar­auf hin­deu­ten, dass Gui­des nicht immer über die Kennt­nis­se, Er­fah­run­gen und Fä­hig­kei­ten ver­fü­gen, die sie haben soll­ten.

Eisbären Beobachtung vom sicheren Schiff aus. Guides erklären schon bei der Abfahrt wie man sich in solchen Situationen zu verhalten hat, um die Tiere nicht zu erschrecken und zu stören. (Foto; Heiner Kubny)

Das ist nicht nur är­ger­lich, son­dern auch po­ten­zi­ell ge­fähr­lich. Spitz­ber­gen-Gui­des gehen mit Waf­fen, Boo­ten, Mo­tor­schlit­ten, Hun­de­schlit­ten um, haben mit ark­ti­schem Wet­ter zu tun, müs­sen mit Eis­bä­ren rech­nen und sind für Men­schen ver­ant­wort­lich, die sich in die­ser Um­ge­bung dar­auf ver­las­sen, dass ihre Si­cher­heit an ers­ter Stel­le steht und dass die Gui­des vor Ort dafür ein­ste­hen. Zudem ist die Füh­rung von Grup­pen durch Gui­des ma­ß­geb­lich ent­schei­dend etwa dafür, ob Tiere ge­stört oder ob Kul­tur­denk­mä­ler be­schä­digt wer­den. Somit wäre die ge­si­cher­te Qua­li­fi­ka­ti­on von Gui­des auch eine her­vor­ra­gen­de Al­ter­na­ti­ve zur Sper­rung in­ter­es­san­te Orte oder gar gan­zer Teile der In­sel­grup­pe, wie es vor gut 10 Jah­ren noch in­ten­siv dis­ku­tiert wurde.

In die­sem Licht er­scheint es sinn­voll, den Zu­gang zum bis­lang völ­lig un­ge­schütz­ten Beruf «Guide» mit for­ma­li­sier­ten An­for­de­run­gen zu be­schrän­ken und da­durch für Min­dest­stan­dards be­züg­lich der Qua­li­fi­ka­ti­on zu sor­gen. Die­ser An­sicht ist mitt­ler­wei­le auch der lo­ka­le Bran­chen­ver­band Visit Svalbard in Lon­gye­ar­by­en, der na­tür­lich Wert dar­auf legt, an einem sol­chen Pro­zess selbst be­tei­ligt zu sein. Aber allen Be­tei­lig­ten ist klar: Soll­te es etwa einen Un­fall mit schwe­ren Fol­gen geben und der Man­gel an Qua­li­fi­ka­ti­on bei den Gui­des sich als Ur­sa­che her­aus­stel­len, wird es nicht nur den Un­fall­op­fern weh tun, son­dern dar­über hin­aus auch der gan­zen Bran­che. Die­ser An­sicht sind auch lo­ka­le Gui­des schon lange, wie etwa vom re­la­tiv jun­gen Ver­band Svalbard Guide Association zu hören ist. Und na­tür­lich är­gern sich Gui­des mit jah­re­lan­ger Er­fah­rung, wenn sie sehen, dass un­qua­li­fi­zier­te Neu­lin­ge mit­un­ter die Lü­cken fül­len. Auch mit Blick auf Ar­beits­be­din­gun­gen und An­er­ken­nung von Gui­des führt dies zu Pro­ble­men.

Selbst Fahrten mit den Zodiacs durch die Eislandschaften erfordert Kenntnisse. (Foto: Heiner Kubny)

Bis es tat­säch­lich so weit ist, wer­den die Glet­scher der Ark­tis aber wohl noch etwas schmel­zen: Zu­nächst hat die Re­gie­rung nur an­ge­kün­digt, eine Zer­ti­fi­zie­rung von Gui­des zu er­wä­gen. Über kurz oder lang wird dies kom­men, schon weil es mitt­ler­wei­le kaum noch Stim­men gibt, die da­ge­gen spre­chen, aber wie die An­for­de­run­gen aus­se­hen wer­den und wer die Qua­li­fi­zie­rung und Zer­ti­fi­zie­rung wie und wo vor­nimmt, das sind Fra­gen, die der­zeit noch nicht ent­schie­den sind.

Quelle: Rolf Stange, spitzbergen.de

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