Neue, von der Curtin-Universität durchgeführte Forschungen haben ergeben, dass der kleinste Orca-Typ C 28 verschiedene komplexe Rufe hat, die aus einer Kombination von Burst-Pulse-Lauten und Pfeiftönen bestehen, mit denen sie mit Familienmitgliedern über die sich verändernde Landschaft und den Lebensraum kommunizieren.
Orcas (Orcinus orca) stehen als Top-Prädatoren an der Spitze der marinen Nahrungskette und kommen in allen Ozeanen vor. Obwohl alle Orcas weltweit zu einer Art gezählt werden, zeigen einige Populationen deutliche morphologische und genetische Unterschiede sowie eigene Sozialstrukturen, Nahrungspräferenzen und ein eigenes akustisches Repertoire.
In den antarktischen Gewässern sind bisher fünf verschiedene “Öko-Typen” von Orcas beschrieben: Typ A, Typ B1 und B2, Typ C und der sub-antarktische Typ D, wobei Typ A-Orcas die größten sind mit bis zu 10 Meter großen Männchen im Vergleich zu den kleinsten Typ C-Orcas mit Männchen von 6,10 Meter Körperlänge. Während die Typen A, B1 und B2 mit Walen, Robben und Pinguinen größere Beute bevorzugen, haben sich die Typ C-Orcas auf auf die Jagd nach Fischen spezialisiert. Über Typ D-Orcas ist bisher nicht sehr viel bekannt – vermutlich sind auch sie Fischjäger.
Die Kommunikation der verschiedenen Populationen unterscheidet sich ebenfalls: die einzelnen Gruppen entwickelten mit einem Mix aus einzigartigen und gemein gebräuchlichen Ruftypen eigene Dialekte, die erlernt sind und sich über die Zeit nicht verändern. Wissenschaftler konnten zudem nachweisen, dass sich das akustische Repertoire von näher verwandten Gruppen stärker ähnelt als das von entfernt verwandten.
Die nun in der Fachzeitschrift Royal Society Open Science veröffentlichte Studie präsentiert die in den Jahren 2012 und 2013 gesammelten Daten, anhand derer das akustische Repertoire der Typ C-Orcas besser verstanden werden soll. Sie sind auch bekannt als Rossmeer-Orcas, die im McMurdo-Sound in der Antarktis vorkommen.
Die Doktorandin Rebecca Wellard vom Curtin’s Centre for Marine Science and Technology (CMST) ist Hauptautorin der Studie. Sie sagt, die Abgelegenheit des Rossmeeres macht es manchmal schwierig, die Bewegungen der Orcas zu überwachen und aufzuzeichnen, aber es sei wichtig, um ihr Verhalten und ihr akustisches Repertoire besser zu verstehen.
„Durch den Einsatz passiver akustischer Überwachung [mittels Hydrophonen = Unterwasser-Mikrophone, Anm. d. Red.] war unser Team in der Lage, die Aufzeichnungen von neun verschiedenen Begegnungen mit etwa 392 Orcas des Typs C zu analysieren, darunter ausgewachsene Wale, Jugendliche und Kälber.
Wir konnten feststellen, dass die Rufe der Orcas vom Typ C aus mehreren Komponenten bestehen, was bedeutet, dass viele Rufe von Burst-Pulse-Lauten in Pfeifen übergehen. Wir fanden auch heraus, dass 39 Prozent der Ruftypen mit einer Reihe von ‚Breitbandimpulsen‘ begannen.”
Wellard erklärt, dass die häufigsten Verhaltensweisen, die bei den Orcas während der Studie beobachtet wurden, das Schwimmen und die Nahrungssuche unter dem Eis und das soziale Zusammenkommen an der Oberfläche seien, was den Anstieg der Rufrate erklären könnte.
„Während der Rufe traten oft zwei der Laute gleichzeitig auf, auch bekannt als Biphonation. Diese Art von Rufen könnte dazu verwendet werden, um zu lokalisieren, wo sich andere Mitglieder der Gruppe befinden könnten. Aufgrund der Verschiebung und Veränderung des Lebensraums im McMurdo Sound könnten Kälber auch biphonische Rufe verwenden, um mit Familienmitgliedern über verfügbare Atemlöcher zu kommunizieren“, so Wellard.
”Unsere Ergebnisse stellen einen ersten Schritt zum Vergleich und zur Unterscheidung der Akustik von Typ C-Orcas mit der anderer Orca-Populationen in der südlichen Hemisphäre dar.“
Die Forschungsarbeit wurde von Wissenschaftlern des CMST, des Projekts ORCA, des National Marine Fisheries Service und der Oregon State University mitverfasst und trägt den Titel „Cold call: the acoustic repertoire of Ross Sea killer whales (Orcinus orca, Type C) in McMurdo Sound, Antarktis“.
Quelle: Curtin University, Wellard et al. 2020