Die Reisen in die polaren Regionen sind ein zweischneidiges Schwert. Vor allem die Anreisen sind ohne Flugzeug kaum möglich, was wiederum ein Beitrag zum Verlust des Eises und des Permafrostes ist. Doch immer noch sind sich viele Menschen dieser Kosten nicht bewusst. Der australische Künstler Adam Sébire will nun mit seiner Foto- und Videoausstellung in Longyearbyen den Menschen zeigen, welche Auswirkungen der Klimawandel durch Reisen hat. Dabei scheut er sich auch nicht, seine eigene Emissionsauswirkung darzustellen.
Ein Mensch, der auf einer rund 16 Quadratmeter grossen Eisscholle sitzt und von einer Drohne gefilmt wird. Mit diesen Bildern will der Künstler darstellen, wieviel Eis in Grönland mit seiner Anreise von Australien nach Svalbard geschmolzen ist, genauer 15.96 Quadratmeter. Unterstütz wird Sébire dabei auch von Umweltwissenschaftler, die für ihn diese Berechnung durchgeführt hatten. «Ich stelle den Effekt des Klimawandels dar. Ich würde gerne ermahnen und lehrreich sein, aber es ist auch wichtig, etwas darüber zu erzählen. Wir verstehen zwar, dass Reisen notwendig sind, aber sie gehen auf Kosten der Umwelt und der Natur,» erklärt Sébire nachdenklich. Daher will er in seiner dritten Ausstellung in Longyearbyen verstärkt dieses Thema mit dem Titel «Anthropo(s)cene(s)» zeigen. Longyearbyen hat er auch darum gewählt, weil er unter anderem 2017 und 2019 in Longyearbyen in der Galerie gearbeitet hatte.
Seine Arbeit über die Auswirkungen des Klimawandels ist nicht neu. Vor 15 Jahren, als er den Inselstaat Tuvalu besucht hatte, wurde mit dem Thema konfrontiert. «Wir sprachen damals nicht über das Thema. Doch die Einwohner dieses kleinen Inselstaates bemerkten sogar die kleinsten Veränderungen. Denn sie leben auf Atollen, die nur gerade 2 Meter über dem Meeresspiegel liegen. Für Australier waren bis zu den schweren Buschbränden in den letzten Jahren die Diskussionen um den Klimawandel nicht wirklich fassbar», erklärt Sébire. Seine Doktorarbeit befasst sich nun auch mit dem Thema der Sichtbarmachung von Klimawandeleffekten, besonders unter Zuhilfenahme von Bildmaterialien. «Meine Frage ist: Kann Multi-Screen-Videokunst – unter Verwendung des Polyptychons der frühen Renaissance oder des beweglichen mehrteiligen Gemäldes als Vorgänger – eine Form bieten, mit der die problematischen Dimensionen des Klimawandels erkundet werden können, bzw. seine räumliche und zeitliche Verschiebung, die es uns so schwer macht zu verstehen, sich darauf einzulassen?», meint Sébire. Dabei arbeitet der Künstler mit Videopolyptychen, also Mehrfachbildschirmen, bzw. Projektoren und grossflächigen Luftaufnahmen.
Auf einem Bild von einem Fluss irgendwo auf Svalbard sind die verschiedenen Farben, die durch das Schmelzwasser entstehen, gezeigt. «Der Permafrostboden taut auf und das Schmelzwasser verfärbt sich durch den sich auflösenden Boden und die Kohle», erklärt der Künstler. Seine Ausstellung «Anthropo(s)cene(s) soll auch den Einfluss des Menschen in der Arktis klar darstellen. Dazu schreibt er, dass «unserer wirtschaftlich-industriellen Systeme die Erdsysteme, von denen das Leben abhängig ist, unterbrechen. Die Prozesse, die wir dabei in Gang gesetzt haben, sind kaum sichtbar für unsere Augen; wir sind in ihnen gefangen und schauen hinaus. Zwischenzeitlich interessieren sich unsere Schadstoffe nicht für politische Grenzen und ihre Auswirkungen verschieben sich weg von den Ursachen, sowohl räumlich wie auch zeitlich.» Die Ausstellung in Longyearbyen läuft noch bis zum 5 April.
Quelle: Audun Bårdseth, Svalbardposten
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