Russland hat unter Präsident Putin seit einigen Jahren sein Augenmerk verstärkt auf die arktische Region gelegt. Dabei spielen sowohl sicherheitspolitische wie auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle, denn Russlands Nordgrenze umfasst beinahe die Hälfte der Arktis. Dies hat nun auch die USA unter Präsident Trump auf den Plan gerufen, der nun die USA ins Hintertreffen geraten sieht. Seit dem Amtsantritt versucht die US-Regierung, ihren verloren geglaubten Boden gegenüber Russland wiedergutzumachen. Dabei spielt Grönland eine zentrale Rolle in den US-Bemühungen, sehr zum Ärger von Russland. Nun haben die beiden Grossmächte sich gegenseitige Aggression vorgeworfen.
Die jüngsten Anschuldigungen kommen jetzt von russischer Seite, nachdem bekannt geworden war, dass die USA ein US$ 12.1 Millionen-Abkommen für wirtschaftliche Hilfe mit Grönland abgeschlossen hatte. Der russische Botschafter in Dänemark, Vladimir Barbin, erklärte in einem Interview mit dem dänischen Politblatt «Politiken»: «Jetzt setzen die USA exklusiv auf eine Politik der Konfrontation in der Region anstatt auf Dialog und Kooperation und hoffen dadurch die Vorherrschaft in diesem Teil der Welt zu erringen.» Der Stein des Anstosses war zum Einen eben die Ankündigung des grönländischen Parlaments von letzter Woche, dass ein Abkommen mit den USA in den Bereichen Bildung und Natürliche Ressourcen angenommen worden war, zum anderen die Aussage der US-amerikanischen Botschafterin in Dänemark, Carla Sands, die ähnliche Worte in Richtung Russland geschickt hatte. In einem Beitrag der US-Botschaft nannte sie Russlands Vorgehen in der Arktis «aggressiv» und eine «Gefahr für die westlichen Friedensbemühungen».
Der verbale Schlagabtausch zwischen den beiden Botschaftern ist nur das jüngste Anzeichen, dass sich die USA und Russland in der Arktis vermehrt vom anderen auf die Füsse getreten fühlen. Letztes Jahr hatte US-Aussenminister Mike Pompeo in seiner Rede am Arktisratstreffen vor den russischen und chinesischen Ambitionen in der Arktis gewarnt und Russlands Aufrüstung entlang seiner Nordgrenze als «Gefahr für Frieden und Stabilität» bezeichnet. Dagegen hielt sich Präsident Putin dezent zurück mit kritischen Worten und liess dafür die Muskeln sprechen in Form von verstärkten militärischen Aktionen entlang der Nordgrenze. Dazu schickten die russischen Streitkräfte immer wieder gezielte Nadelstiche über die Grenzen in Richtung USA, beispielsweise mit Langstreckenbombern nahe an den US-Luftraum. Dies dürfte auch Präsident Trump’s sicherheitspolitische Überlegungen mitgeformt haben, sich vermehrt Grönland zu widmen und eine Charme- und Wirtschaftsoffensive zu starten. Die Ankündigungen, eine diplomatische Vertretung in Grönlands Hauptstadt Nuuk zu eröffnen und das neue Abkommen sind die ersten Schritte dazu.
In Russland stehen dieselben Überlegungen, Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung, hinter den Handlungen. Präsident Putin sieht die Nordostpassage und die unter dem Meeresboden des arktischen Ozeans liegenden Ressourcen als Chance, Russland wieder zu einer echten Supermacht zu erklären. Daher gilt es diese wertvolle Region zu schützen und aufzurüsten, sowohl militärisch wie auch wirtschaftlich und sicherzustellen, dass weder die USA noch China zu sehr Einfluss auf die Arktis nehmen können. Und während der chinesische Einfluss mithilfe von wirtschaftlicher Kooperation kontrolliert wird, stellt man sich den USA mit Stärke und diplomatischem Schlagabtausch entgegen. Zwischen den beiden Kontrahenten stehen die restlichen Arktisratsstaaten Kanada, Norwegen, Dänemark, Island, Finnland und Schweden. Die Bildung eines dritten Blocks durch diese sechs Nationen könnte vielleicht helfen, dass die beiden Grossmächte auch weiterhin zumindest auf diplomatischer Ebene einen Ort für Gespräche über die Zukunft der Arktis besitzen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Arktisrat in die Bedeutungslosigkeit verschwinden wird und das Tauziehen um die Arktis zwischen den USA und Russland auf lange Zeit die Beziehungen der beiden Staaten zueinander schädigen wird.
Quelle: Arctic Today / US Embassy in Denmark / Sermitsiaq / The Arctic Institute