Laser-Satelliten machen Eisverlust über 16 Jahre sichtbar | Polarjournal
ICESat-2 verwendet seine sechs Laserstrahlen (grün) zur Messung von Erhebungen über einem Eisschild. Durch den Vergleich von Höhenmessungen von ICESat-2 mit ähnlichen Messungen des ursprünglichen ICESat, der von 2003 bis 2009 in Betrieb war, können die Wissenschaftler feststellen, wie viel Eis verloren gegangen ist. Grafik: NASA, ICESat-2/SCAD Collaborative Student Project

Durch den Vergleich neuer Messungen der ICESat-2-Mission der NASA mit der ursprünglichen ICESat-Mission, die von 2003 bis 2009 durchgeführt wurde, konnte ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung der University of Washington präzise messen, wie sich die Eisschilde Grönlands und der Antarktis in 16 Jahren verändert haben. 

In der neuen Studie, die am 30. April in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde, stellten Forscher fest, dass der Nettoverlust an Eis aus der Antarktis zusammen mit Grönlands schrumpfendem Eisschild seit 2003 für den Anstieg des Meeresspiegels um 14 Millimeter auf den globalen Ozean bezogen verantwortlich ist. In der Antarktis wird der Anstieg des Meeresspiegels durch den Verlust der schwimmenden Eisschelfe angetrieben, die in einem sich erwärmenden Ozean schmelzen. Diese Eisschelfe tragen dazu bei, den Fluss des Inlandeises zu bremsen.

Die Ergebnisse stammen vom Eis, Wolken und Land-vermessenden Satelliten ICESat-2, der im Herbst 2018 in die Umlaufbahn gebracht wurde, um detaillierte globale Höhenmessungen, auch über den gefrorenen Regionen der Erde, durchzuführen. Durch den Vergleich der neuen Daten mit Messungen des ursprünglichen ICESat aus den Jahren 2003 bis 2009 haben die Forscher ein umfassendes Porträt der Komplexität der Veränderungen des Eisschildes erstellt – und Einblicke in die Zukunft Grönlands und der Antarktis gewonnen.

Die Grafik zeigt die Menge an Eis, die die Antarktis zwischen 2003 und 2019 gewonnen oder verloren hat. Dunkle Rottöne und Violetttöne zeigen große durchschnittliche Eisverlustraten in der Nähe der antarktischen Küste, während Blautöne geringe Eiszuwachsraten im Landesinneren aufweisen. Die Eisverluste in Küstennähe, insbesondere in der Westantarktis und auf der Antarktischen Halbinsel, überwiegen bei weitem die Zuwächse im Landesinneren. Die Thwaites- und Crosson-Eisschelfe (direkt unterhalb der Halbinsel) haben am stärksten an Dicke verloren. Der Kreis in der Mitte befindet sich über dem Südpol, wo das Instrument keine Daten sammelt. Grafik: Smith et al. 2020/Science

„Wenn Sie einen Gletscher oder Eisschild einen Monat oder ein Jahr lang beobachten, werden Sie nicht viel darüber erfahren, was das Klima mit ihm macht“, sagt Hauptautor Benjamin Smith, ein Glaziologe am Institut für Angewandte Physik der University of Washington. „Wir haben jetzt eine Zeitspanne von 16 Jahren zwischen ICESat und ICESat-2 und können viel sicherer sein, dass die Veränderungen, die wir im Eis sehen, mit den langfristigen Veränderungen des Klimas zu tun haben. Und ICESat-2 ist ein wirklich bemerkenswertes Instrument zur Durchführung dieser Messungen. Wir sehen qualitativ hochwertige Messungen, die beide Eisschilde abdecken, was uns einen detaillierten und präzisen Vergleich mit den ICESat-Daten ermöglicht.”

Frühere Studien über Eisverluste oder -gewinne analysieren oft Daten von mehreren Satelliten und Messungen aus der Luft. Die neue Studie nimmt eine einzige Art von Messung vor – die Höhe, die von einem Instrument gemessen wird, das Laserimpulse von der Eisoberfläche abprallen lässt – und liefert das bisher detaillierteste und genaueste Bild der Veränderung der Eisdecke.

In den Laserspuren von ICESat-2 ist deutlich eine Spalte oder ein Riss zu erkennen in der Oberfläche des Ross-Eisschelfs in der Antarktis. Grafik: Susheel Adusumilli/Scripps Institution of Oceanography

Die Forscher nahmen Spuren der ICESat-Messungen und überlagerten sie mit den dichteren Spuren der ICESat-2-Messungen ab 2019. Dort, wo sich die beiden Datensätze kreuzten – dutzende Millionen von Standorten – ließen sie die Daten durch Computerprogramme laufen, die die Schneedichte und andere Faktoren berücksichtigten, und berechneten dann die verlorene oder gewonnene Eismasse.

„Die neue Analyse zeigt die Reaktion der Eisschilde auf Klimaveränderungen mit beispielloser Detailgenauigkeit und gibt Hinweise darauf, warum und wie die Eisschilde so reagieren, wie sie es tun“, sagte Co-Autor Alex Gardner, ein Glaziologe am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena, Kalifornien.

Die Studie ergab, dass das grönländische Inlandeis durchschnittlich 200 Gigatonnen Eis pro Jahr verlor und das Eisschild der Antarktis durchschnittlich 118 Gigatonnen Eis pro Jahr. Eine Gigatonne Eis reicht aus, um 400.000 Schwimmbecken olympischer Größe zu füllen.

Dank der präzisen Messungen konnten die Wissenschaftler die genauen Eisverluste in Grönland und der Antarktis bestimmen. Video: NASA Goddard Space Flight Center

Zum Anstieg des Meeresspiegels, der durch das Schmelzwasser der Eisdecke und das Kalben von Eisbergen verursacht wurde, trugen etwa zwei Drittel aus Grönland, das andere Drittel aus der Antarktis bei, sagt Smith.

„Es war erstaunlich zu sehen, wie gut die ICESat-2-Daten von Anfang an aussahen“, sagte Co-Autor Tom Neumann vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt, Maryland. „Diese ersten Ergebnisse, die sich mit dem Landeis befassen, bestätigen den Konsens anderer Forschungsgruppen, aber sie lassen uns auch gleichzeitig die Details der Veränderungen einzelner Gletscher und Eisschelfe betrachten.”

Ein Gletscher auf der Antarktischen Halbinsel, die zu den sich am schnellsten verändernden Regionen gehört. Foto: Kate Ramsayer/NASA

In Grönland gebe es eine erhebliche Abnahme der Küstengletscher, erklärt Smith. Der Kangerlussuaq- und der Jakobshavn-Gletscher zum Beispiel haben pro Jahr vier bis sechs Meter an Höhe verloren. Die wärmeren Sommertemperaturen haben Eis von der Oberfläche der Gletscher und Eisschilde abgeschmolzen und an einigen Orten erodiert das wärmere Meerwasser das Eis an ihren Fronten.

In der Antarktis zeigten die dichten Spuren der ICESat-2-Messungen, dass das Eisschild im Inneren des Kontinents teilweise dicker wird, wahrscheinlich als Folge der zunehmenden Schneefälle, sagt Smith. Aber der Verlust von Eis an den Rändern des Kontinents, besonders in der Westantarktis und auf der Antarktischen Halbinsel, überwiegt bei weitem alle Gewinne im Landesinneren. An diesen Orten ist wahrscheinlich auch der Ozean schuld.

„In der Westantarktis sehen wir viele Gletscher, die sehr schnell dünner werden“, so Smith. „Am stromabwärts gelegenen Ende dieser Gletscher gibt es Eisschelfe, die auf Wasser schwimmen. Und diese Eisschelfe werden dünner und lassen mehr Eis in den Ozean fliessen, während das wärmere Wasser das Eis erodiert.”

Diese Eisschelfe, die mit den Gezeiten auf- und absteigen, sind manchmal schwer zu messen, gibt Mitautorin Helen Amanda Fricker zu bedenken, eine Glaziologin am Scripps Institute of Oceanography an der University of California, San Diego. Einige von ihnen haben raue Oberflächen mit Spalten und Graten, aber die Präzision und hohe Auflösung von ICESat-2 ermöglicht es den Forschern, Gesamtveränderungen zu messen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass diese Merkmale die Ergebnisse verfälschen.

Die Grafik zeigt die Menge an Eis, die Grönland zwischen 2003 und 2019 gewonnen oder verloren hat. Dunkle Rot- und Violetttöne zeigen große Raten des Eisverlustes in Küstennähe. Blaue zeigen geringere Zuwachsraten des Eises im Innern des Eisschildes. Die Eisschilde zusammen haben soviel Eis in den Ozean verloren, dass der globale Meeresspiegel zwischen 2003 und 2019 um etwa 14 Millimeter angestiegen ist. Vom globalen Anstieg des Meeresspiegels durch Schmelzwasser der Eisschilde und kalbende Eisberge stammen etwa zwei Drittel aus Grönland und der Rest aus der Antarktis. Grafik: Smith et al. 2020/Science

Dies ist eines der ersten Male, dass Forscher den Verlust der schwimmenden Eisschelfe um die Antarktis gleichzeitig mit dem Verlust der Eisschilde des Kontinents gemessen haben.

Eis, das von den Eisschelfen schmilzt, hebt den Meeresspiegel nicht an, da es bereits schwimmt – so wie ein Eiswürfel, der in einem mit Wasser gefüllten Glas schmilzt und das Glas nicht überlaufen lässt. Aber die Eisschelfe geben den dahinter liegenden Gletschern und Eisschilden Stabilität.

„Es ist wie ein architektonischer Stützpfeiler, der eine Kathedrale trägt“, sagte Fricker. „Das Eisschelf hält das Eisschild hoch. Wenn man die Eisschelfe wegnimmt oder auch wenn sie dünner werden, verringert man diese Stützkraft, so dass das auf dem Grund aufliegende Eis schneller fließen kann.

Die Forscher fanden heraus, dass Eisschelfe in der Westantarktis an Masse verlieren. Dort befinden sich viele der sich am schnellsten bewegenden Gletscher des Kontinents. Abbildungen des Eisdickenverlusts zeigen, dass die Thwaites- und Crosson-Eisschelfe am stärksten verloren haben, im Durchschnitt um etwa fünf bzw. drei Meter Eis pro Jahr.

Quellen: University of Washington, NASA

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