Seltene Laute von Narwalen in Grönland aufgenommen | Polarjournal
Diese sehr eigentümlichen Tiere gehören zu den Zahnwalen und sind entsprechend sehr sozial. Das wortwörtlich hervorstechendste Merkmal der bis zu 6 Meter langen Tiere ist der gedrehte Stosszahn der Bullen, der bis zu 3 Meter lang werden kann. Bild: Michael Wenger

Narwale faszinieren seit Jahrhunderten die Menschen. Ursprünglich als Fabelwesen deklariert, eröffnen sich erst seit ein paar Jahrzehnten die Geheimnisse um diese hochspezifische Zahnwalart. Doch trotz Einsatz von modernster Technik sind unsere Kenntnisse zur Lebensweise der Narwale sehr unvollständig. Nun hat ein internationales Forscherteam in Nordwestgrönland die seltene Gelegenheit gehabt, verschiedene Laute und Geräusche, die Narwale produzieren, aufzunehmen und mit einem Verhalten zu verbinden. Tatkräftige Hilfe erhielten die Wissenschaftler von lokalen grönländischen Jägern.

Die beiden Forscher Evgeny Podolskiy und Shin Sugiyama nutzten die Gelegenheit, mit den Jägern am Bowdoin-Gletscher die Aufnahmen zu erstellen. Eigentlich ist Evgeny Podolskiy Geophysiker und arbeitet seit einiger Zeit in der Region an einer Arbeit zur Geräuschkulisse von Gletschern, besonders bei aktiven Gletschern, um Kalbungsereignisse vorhersagen zu können. «Ich erkannte, dass in der Region zu arbeiten und sprichwörtlich den Elefanten im Ram, nämlich die endemischen legendären arktischen Einhörner, die bei unserem Gletscher schwammen, nicht zu beachten ein sehr grosser Fehler sein würde», erklärt Podolskiy, der an der Hokkaido-Universität in Sapporo, Japan, arbeitet. Das Resultat der Grundlagenarbeit ist ein einzigartiger Einblick in die Geräuschkulisse und den entsprechenden Verhalten der Narwale. «Ihre Welt ist die Geräuschlandschaft dieses Gletscherfjords», erklärt Podolskiy weiter. Die Arbeit erschien jetzt in de Fachzeitschrift Journal of Geophysical Resarch.

Das Team konnte zeigen, dass die Narwale in der Region des Bowdoin-Gletschers sehr viel näher an die Gletscherfront schwimmen, als bisher angenommen wurde. Bis zu einem Kilometer nähern sich die Tiere den Fronten. Gletscherfronten sind zwar sehr laute, da aktive Areale, aber auch sehr produktive Gebiete, da mit dem Wasser des Gletschers zahlreiche Nährstoffe ins Meer gelangen und so die Produktivität erhöht. «Da unten ist so viel Lärm durch das Brechen von Eis und dem Entweichen von Lust aus Blasen, das ist wie ein Sprudelbad unter Wasser», meint der Forscher. Doch die hohe Produktivität lock auch Fische an, was wiederum die Narwale auf den Plan ruft. In ihrer Studie konnten die Wissenschaftler verschiedene Arten von Geräuschen aufnehmen. Darunter beispielsweise Klicklaute, die mit der Jagd zusammenhängen. Je näher die Wale an ihre Beute kamen, desto schneller wurden diese Geräusche, zum Schluss einer Kettensäge ähnlich. «Wenn man sich diesen schnellen Fischen nähert und auf sie abzielt, ist es besser zu wissen, wo sie sind; man muss diese Information öfters sammeln», erklärt Podolskiy dazu.

Nur dank der Zusammenarbeit der Forscher mit den Einheimischen gelang es, die Studie überhaupt durchzuführen. Es ist ein Paradebeispiel, wie Wissenschaftler von der Erfahrung und dem Wissen der lokalen Bevölkerung profitieren kann. Bild: Evgeny Podolskiy

Dass die Forscher überhaupt ihre Aufnahmen machen konnten, verdanken sie den Jägern aus der Region um Qanaaq, die jedes Jahr in den Fjord kommen, um Narwale zu jagen. Normalerweise sind Narwale sehr scheu und kaum zu beobachten, geschweige denn zu studieren. Doch die Inuit in Kanada und die Grönländer wissen genau, wie man sich den Tieren nähert, ohne sie gleich zu verschrecken. Denn die Tiere sind eine wichtige Nahrungsquelle und die Haut der Narwale, die als Mattak bezeichnet wird, liefert notwendiges Vitamin C in einer Region, in der keine Zitrusfrüchte verfügbar sind und wo Lebensmittel im Supermarkt horrend teuer ist. Daher konnten Podolskiy und seine Kollegen von den Erfahrungen und der Zusammenarbeit der Einheimischen profitieren und so einen seltenen Einblick in die Welt der Narwale erhalten.

Der Bowdoin-Gletscher liegt im Nordwesten Grönlands nahe der Ortschaft Qaanaq. Als erster beschrieb ihn der US-Amerikanische Polarforscher Robert Peary auf seiner Grönlandexpedition 1891 – 97. Bild: Evgeny Podolskiy

Quelle: American Geophysical Union / Podolskiy and Sugiyama (2020) J Geophys Res Oceans 125(5)

Link zur Studie: Podolskiy and Sugiyama (2020) J Geophys Res Oceans 125(5)

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Eine Gruppe von Narwalen jagt an der Eiskante im kanadischen Lancaster-Sound nach Fischen. Dabei zeigt sich, dass die Tiere durchaus methodisch vorgehen und die Fische zusammentreiben. Eine neue Studie (siehe Artikel auf www.polarjournal.ch zeigt auch, dass die Wale, die zu den Zahnwalen gehören, ein breites Geräusch-Spektrum haben, u.a. auch zur Jagd. Video: Michael Wenger
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