Svalbards Zeitung kämpft mit der COVID-Krise | Polarjournal
Die Redaktion des Svalbardposten ist mitten in Longyearbyen im blauen Gebäude, wo auch die Bank und die Post unterbracht sind, zuhause. Seit 1948 erscheint Longyearbyens älteste Zeitung. Bild: Svalbardposten / Wikipedia

Es scheint schon fast ironisch: Eine weltweite Krise bricht aus und alle Leute möchten sich informieren. Sie schauen fern, hören Radio und lesen Zeitungen, folgen den Schlagzeilen und Berichten. Journalisten arbeiten beinahe im Akkord, um den Informationen Herr zu werden. Und trotzdem brechen Zeitungen die Einnahmen weg und Mitarbeiter müssen entweder in Kurzarbeit oder sogar entlassen werden. Dieses Schicksal hat viele Journalismus-Redaktionen ereilt und die nördlichste Zeitung der Welt, der Svalbardposten, ist keine Ausnahme.

Die Zeitung, die seit 1948 erscheint, ist in denselben Sog geraten, wie viele Printmedien weltweit: Die Einnahmen aus dem Inserateverkauf sind massiv gesunken und lassen sich auch kaum mehr auffangen. Weniger Inserate bedeutet mehr Sparmassnahmen, was sich wieder negativ auf die Attraktivität einer Zeitung niederschlägt, was wiederum als weniger attraktiv für Werbung zeigt. Ein Teufelskreis. Dann kam die COVID-19-Krise, die auf Svalbard nicht Fuss fassen konnte, weil die Verwaltung strenge Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung und des Gesundheitssystems erlassen hatte, noch dazu. Denn diese Massnahmen brachen in Longyearbyen auch wirtschaftlich alles zum Stillstand und viele Firmen und Geschäfte, die normalerweise in der Zeitung inserieren, zogen diese Inserate aus Geldmangel zurück. Reisende kommen auch keine, was die Zeitung finanziell belastet. «Das englisch-sprachige Magazin «Top of the World», welches wir jeden Frühling für die Touristen produzieren, ist eine wichtige Einnahmequelle in der ersten Jahreshälfte. Dieses Jahr musste es gestrichen werden», erklärt Hilde Røsvik, die Chefredakteurin der Zeitung.

Die Chefredakteurin Hilde Røsvik ist seit 4 Jahren als Chefredakteurin bei der Zeitung. Davor arbeitete sie als Redakteurin bei anderen Zeitungen. Der Vertrag der 57-jährigen wird bald auslaufen und die Stelle wird wieder neu ausgeschrieben. Bild: David Engmo

„Die Abonnementeinnahmen gleichen leider den Rückgang der Werbeeinnahmen nicht aus“

Hilde Røsvik

Das Perfide an der Situation ist, dass die Zeitung populärer ist denn je. Die Zahl an Abonnenten ist im Vergleich zum vergangenen Jahr um 2/3 gestiegen. Das Interesse an News, das durch die COVID-Krise stark angestiegen war, besonders im lokalen Bereich, war enorm. «Das Redaktionsteam arbeitete während mehrerer Monate auf Hochtouren», erklärt Røsvik. «Wir hatten durchschnittlich 55’000 Leser online seit Anfang des Jahres, im Vergleich zu 33’000 im gleichen Zeitraum im letzten Jahr. Wir haben auch beinahe doppelt soviele Abonnemente verkauft im Vergleich zum letzten Jahr. Aber die Abonnementeinnahmen gleichen leider den Rückgang der Werbeeinnahmen nicht aus», sagt sie. Zwar sind die Inserate im Online-Bereich auch angestiegen, doch der Verlust bei der Papierausgabe wiegt bei weitem schwerer. Ein Schicksal, das mittlerweile an vielen Orten der Welt zu einem Rückgang an Printmedien geführt hat

Rund 2’400 Einwohner leben in Longyearbyen. Viele von ihnen informieren sich über das Lokalblatt, sowohl über die Online wie auch über die gedruckte Version. Die Zeitung veröffentlicht auch offizielle Meldungen der Verwaltung. Bild: Michael Wenger

Die Massnahmen, die bei Svalbardposten getroffen worden sind, um die Kosten zu senken ohne aber zu sehr an Attraktivität zu verlieren, sind mannigfaltig. Zum einen wurde der Online-Auftritt noch weiter verstärkt und noch effizienter gestaltet, ein Prozess der bereits seit ein paar Jahren kontinuierlich läuft. Alle Ausgaben der Zeitung werden zuerst in elektronischer Form veröffentlicht. Die gedruckte Zeitung wird ab dem 7. Juli an die Privatadressen nur noch jeden zweiten Tag verteilt, an die Postfächer an jedem Wochentag. Leider ging es auch nicht ohne Entlassung, in diesem Fall in der Marketingabteilung. Für eine Zeitung, die aus insgesamt 6 Mitarbeitern besteht, ist das schon schwerwiegend. Überstunden und Wochenendarbeit der Journalisten wurden auch nicht erlaubt. «Als Redakteurin übernehme ich die ganze Überstundenarbeit», sagt Hilde Røsvik weiter.

„Ich bin überzeugt, dass Longyearbyen eine starke lokale Zeitung braucht.“

Hilde Røsvik

Doch sie glaubt auch, dass es wieder besser wird. Denn die Zeitung hatte letztes Jahr ihre Bilanz massiv verbessert, vor allem aufgrund von Spar- und Verbesserungsmassnahmen. «Der Turnaround ist jetzt abgeschlossen und das Unternehmen war auf bestem Wege, in diesem Jahr ein Plus zu erzielen, als die Corona-Epidemie ausbrach», meint Røsvik. «Ich hoffe, dass die Zeitungen ein Entschädigungssystem erhalten werden. Ich bin überzeugt, dass Longyearbyen eine starke lokale Zeitung braucht.»

Michael Wenger, PolarJournal

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