Dinosaurier in den polaren Regionen sind mittlerweile keine Hirngespinste mehr. Zahlreiche Fossilfunde im Süden und im Norden haben gezeigt, dass die riesigen Echsen durchaus auch dort vorkamen. Auch in Alaska haben Funde gezeigt, dass die Tiere dort aufgetreten waren. Bisher ging man jedoch davon aus, dass sie nur auf der Durchreise gewesen waren. Jetzt hat ein internationales Forscherteam einen aufregenden Fund gemacht: Teile eines Kieferknochens eines Baby-Raubsauriers.
Die Forschungsgruppe aus britischen und US-Amerikanischen Wissenschaftlern stiess im hohen Norden von Alaska auf das Fragment, das aus Kieferknochen und Zahn besteht. Die Analyse der Forscher zeigt, dass die Fragmente rund 70 Millionen Jahre alt sind und einem sogenannten Dromaeosauriden, einem Raubsaurier gehört hatte. Diese Gruppe von Sauriern ist vielen wahrscheinlich durch Velociraptor oder Deinonychus aus Jurassic Park bekannt. Moderne Ergebnisse haben gezeigt, dass diese weltweit verbreiteten Saurier näher mit Vögeln verwandt waren und wahrscheinlich auch Federn trugen. Da viele von ihnen als Gleiter und Läufer eher leicht gebaut waren, ist das Auffinden von Fossilien dieser Gruppe ein ausserordentlicher Glücksfall, da nur selten die Knochen ganz bleiben.
«Für lange Zeit danach wurde spekuliert, ob diese arktischen Dinosaurier wanderten oder das ganze Jahr im Norden lebten.»
Dr. Antonio Fiorillo, Southern Methodist University, TX
Bisher war die Anwesenheit dieser Sauriergruppe in Alaska nur durch Zähne belegt. «Vor Jahren, als man zum ersten Mal Dinosaurier im hohen Norden gefunden hatte, wurde die Idee, was wir über Saurier zu wissen glaubten, herausgefordert,» erklärt Mitautor Antonio Fiorillo von der Southern Methodist University in Texas. «Für lange Zeit danach wurde spekuliert, ob diese arktischen Dinosaurier wanderten oder das ganze Jahr im Norden lebten.»
Lange Zeit ging man davon aus, dass Dinosaurier wie die heutigen Echsen wechselwarm waren, d.h. sie konnten ihre Körpertemperatur nicht regulieren wie Säugetiere oder Vögel. Mittlerweile weiss man aber, dass viele Arten durchaus dazu in der Lage waren. Dazu zählten auch die Dromaeosauriden. Diese Fähigkeit ist ein essentieller Bestandteil, um ihn kälteren Regionen überleben zu können. Zwar herrschten in Alaska der späten Kreidezeit eher gemässigte Bedingungen. Doch seine Lage weit im Norden führte schon damals zu langen und kalten Wintern. Daher ging man davon aus, dass Dinosaurier damals nur durch Alaska zogen oder Wanderungen unternahmen, nicht aber dort lebten.
«Man möchte sogar sagen, dass unsere Studie zeigt, dass der alte Norden ein toller Ort gewesen war, um eine Familie grosszuziehen.»
Dr. Antonio Fiorillo, Southern Methodist University, TX
Der Fund von Alfio Chiarenza, dem Erstautor der Studie, zeichnet nun ein anderes Bild: Gewisse Saurierarten lebten wohl das ganze Jahr in der Region und konnten mit den Bedingungen durchaus umgehen. «Sogar mit einem derart unvollständigen Kieferfragment konnte unser Team nicht nur die evolutionären Verbindungen dieses Dinosauriers herausfinden, sondern sogar mehr über die Biologie dieser Tiere erfahren und schliesslich mehr Informationen über das alte arktische Ökosystem erfahren,» meint Chiarenza. Auch Dr. Fiorillo meint, dass der Fund der erste echte Beweis sei, dass Saurier tatsächlich im hohen Norden lebten. «Man möchte sogar sagen, dass unsere Studie zeigt, dass der alte Norden ein toller Ort gewesen war, um eine Familie grosszuziehen. Jetzt müssen wir nur herausfinden, warum.»
Dr. Michael Wenger, PolarJournal
Link zur Studie: