Walbeobachtung aus dem All | Polarjournal
Für die Erforschung des Verhaltens von Walen ist es essentiell, Daten wie Tauchdauer und -tiefe bzw. Aufenthaltsdauer an der Wasseroberfläche zu sammeln. Doch diese Daten zu bekommen ist keineswegs einfach. Das Anbringen der Tags, in denen die verschiedenen Sensoren und ein GPS-Sender verbaut sind, ist extrem aufwändig, teuer und erfordert viel Erfahrung.  Mittels Saugnäpfen werden sie vom Schlauchboot aus am Rücken der Wale befestigt. Nach etwa 24 Stunden fallen die Tags wieder ab und können von der Wasseroberfläche eingesammelt werden. Foto: A. Stimpert, NMFS Permit 808-1735

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Analyse hochauflösender Satellitenbilder ein geeigneter Weg ist, Walpopulationen zu schätzen. Ein Wissenschaftler-Team unter der Leitung des British Antarctic Survey (BAS) verglich Satellitenbilder mit Daten, die aus traditionellen schiffsbasierten Beobachtungen gewonnen wurden. Diese Studie, über die diese Woche in der Fachzeitschrift Scientific Reports berichtet wurde, ist ein großer Schritt auf dem Weg zur Entwicklung einer kostengünstigen Methode zur Erforschung von Walen in abgelegenen und schwer erreichbaren Regionen, die den Wissenschaftlern helfen wird, Veränderungen in der Population zu beobachten und ihr Verhalten zu verstehen.

Die Ergebnisse zeigen, dass per Satellit etwa ein Drittel von der vom Schiff aus geschätzten Individuendichten ermittelt werden konnte. Eine positive Nachricht, auch wenn das bedeutet, dass Satelliten eine schlechtere Erkennungsrate als schiffsbasierte Beobachter haben. Sie entdecken aber immer noch genug Wale, um die Methode sinnvoll anzuwenden; zum Beispiel, um die Walpopulationen auf Veränderungen hin zu beobachten, insbesondere in entlegenen Regionen, wo teurere, traditionelle Methoden schwierig sind.

Der renommierte Wal-Ökologe Dr. Ari Friedlaender hat bereits viele hundert Wale mit Sendern und Sensoren ausgestattet. Video: Ari Friedlaender, NMFS permit 605-1904, 14097

Die Studie fand westlich der Antarktischen Halbinsel statt, die im Sommer das Hauptnahrungsgebiet für viele Bartenwale ist. Satellitenbilder von der Region der Gerlache-Meerenge mit einer Ausdehnung von ~1000 km² wurden über zwei Tage gesammelt und mit der jährlichen schiffsbasierten Walbeobachtung des brasilianischen Antarktisprogramms verglichen, die zu einem ähnlichen Zeitpunkt stattfand.

Satellitenbilder bieten eine praktikable Möglichkeit, große Mengen an Walbeobachtungsdaten zu sammeln, die das Potenzial haben, die Dichte der Tiere auf bislang beispiellosen räumlichen und zeitlichen Skalen zu schätzen.

Der Hauptautor, Connor Bamford, ein Raubtier-Ökologe an der BAS und der Universität Southampton, sagt:
«Obwohl es sich um eine neue Methode handelt und wir noch viel Arbeit vor uns haben, hoffen wir, dass dies den Weg für weitere Entwicklungen ebnen wird, die in Zukunft eine kostengünstige Möglichkeit zum Sammeln von Daten über Wale bieten werden. Sie wird die bestehenden Bemühungen in entlegenen Regionen ergänzen und Informationen zum Schutz der Walpopulationen und ihrer fernen Nahrungsgründe liefern.»

Links: Schiffsbasierte Walbeobachtungsdaten aus der Gerlach-Straße. Pinkfarbene Punkte sind Sichtungen von Buckelwalen, das gelbe Rechteck steht für einen Finnwal. Rechts: Beurteilung des Seegangs (grüne – blaue Punkte) im Zusammenhang mit «Objekten von Interesse». Schwarze Ringe markieren die definitive bzw. wahrscheinliche Position eines Wals. Karten: Bamford et al. 2020 mit ESRI ArcGIS

Die leitende Autorin, die Wal-Ökologin Dr. Jennifer Jackson vom BAS, sagt:
«Diese neue Technologie könnte uns helfen, Wale aus der Ferne zu untersuchen. Unsere Studie zeigt, dass Satellitenuntersuchungen eine praktikable Methode sein können, um Veränderungen im Walbestand zu beobachten. Dieser Ansatz kann besonders in abgelegenen Gebieten nützlich sein, die mit Schiffen und Flugzeugen schwer zugänglich sind und in denen die Waldichte hoch sein kann, wie zum Beispiel im Südpolarmeer.»

Neue Methoden bieten aufregende Möglichkeiten, brauchen aber auch robuste Tests, bevor sie einsatzbereit sind. Ein Punkt ist die Fähigkeit, Wale, die sich unter Wasser befinden, zu erfassen. In dieser Studie konnten die Forscher Daten nutzen, die von einem Wal-Tagging-Programm der US-amerikanischen National Science Foundation gesammelt wurden, das detaillierte Informationen über Tauchdauer und Verhalten von Buckelwalen in den Gewässern rund um die Antarktische Halbinsel liefert. Damit werden jene Wale erfasst, die wahrscheinlich verfehlt werden, weil sie sich in Tiefen aufhalten, wo eine Satellitenortung nicht mehr möglich ist. Weitere Arbeiten sind nun im Gange, wobei auf maschinelles Lernen gesetzt wird, um die Identifizierung von Walen auf Satellitenbildern zu unterstützen.

Zwischen Eisbergen und Eisschollen kann die speziell trainierte Software Wale auf Satellitenbildern identifizieren. Bild: Screenshot von https://discover.digitalglobe.com, ID: 1040010039052600

Die Entwicklung von Satelliten zur Fernerkundung von Tieren ist ein aufregender und sich schnell entwickelnder Forschungsweg, der durch die von WWF UK und NERC bereitgestellte Finanzierung ermöglicht wurde. Die vom Team um Dr. Luciano Dalla Rosa durchgeführte visuelle Untersuchung wurde vom National Council for Scientific and Technological Development (CNPq) finanziert.  Das vom Team um Dr. Ari Friedlaender durchgeführte Tagging der Wale wurde von der National Science Foundation unterstützt. Die Satellitenbilder wurden von DigitalGlobe, einem Unternehmen der Maxar Technologies, zur Verfügung gestellt. Die australische Antarktisabteilung trug ebenfalls mit statistischer Beratung zur Analyse von Satellitenbilddaten zur Ableitung von Schätzungen der Walvorkommen und -dichte bei.

Quelle: British Antarctic Survey

Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s41598-020-69887-y

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