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Die Gegner des umstrittenen Straßenbauprojekts nehmen die Entscheidung der US-Bundesregierung nicht einfach hin und reichten am Dienstag Klage vor dem US-Bezirksgericht für Alaska ein. Das Northern Alaska Environment Center und weitere acht Umweltgruppen schreiben in ihrer Klage, dass die Bundesbehörden mehrere Gesetze mit dem Vorantreiben des Projekts nicht einhielten, darunter der Clean Water Act, der Alaska National Interest Lands Conservation Act und der National Environment Policy Act. Entscheidungen seien auf der Grundlage einer zutiefst fehlerhaften und unzulänglichen Umweltprüfung getroffen worden. Zu den Beklagten gehören das Büro für Landmanagement, das US-Innenmininsterium, der National Park Service, das Army Corps of Engineers und die US-Küstenwache.
Der Nordwesten Alaskas ist reich an Bodenschätzen — vor allem Kupfer, Zink, Blei, Cobalt, Silber und Gold beherbergt die Region in lohnenswerten Mengen. Nun soll das isolierte Bergbaugebiet Ambler erschlossen und kommerziell nutzbar gemacht werden. Der Bau der noch fehlenden, höchst umstrittenen Straßenverbindung in das Gebiet ist am 23. Juli 2020 durch die US-Bundesregierung genehmigt worden.
Über vier Millionen Tonnen Kupfer, 1,6 Millionen Tonnen Zink, 285.000 Tonnen Blei und 22.000 Kilogramm Gold sollen im Ambler Mining District ruhen. Über die geplante 340 Kilometer lange Ambler Road sollen die künftigen Abbauprodukte zum Dalton Highway transportiert werden.
Die Straße würde durch ökologisch wichtige Gebiete entlang der südlichen Ausläufer der Brooks Bergkette und Teile des Gates of the Arctic Nationalpark führen, weshalb sich die Stammesregierungen der amerikanischen Ureinwohner, die entlang der geplanten Straße leben, vehement gegen den Straßenbau wehren. Sie sehen die Westarktische Karibuherde, mit 235.000 Tieren die größte auf dem Kontinent, und andere natürliche Ressourcen gefährdet. Einige Kritiker stellen zudem die wirtschaftliche und steuerliche Tragfähigkeit der Beteiligung des Staates an dem Projekt in Frage und argumentieren, dass der Staat auf diese Weise kein Geld ausgeben sollte, um private Unternehmen zu unterstützen.
Die Alaska Industrial Development and Export Authority (AIDEA, Behörde für Industrieentwicklung und Export) sponsert das diesjährige Arbeitsprogramm in einer Höhe von 500.000 US-Dollar und drängt darauf, die Vorbauarbeiten durchzuführen.
Ambler Metals LLC., eine Partnerschaft aus Trilogy Metals Inc. (Vancouver) und South32 (Australien), die die andere Hälfte der knapp eine Million US-Dollar teuren Arbeiten aufbringen wird, brachen jedoch die Feldarbeiten für diesen Sommer wegen der Coronavirus-Pandemie ab. Laut Trilogy wird die Verschiebung der Feldarbeiten die Entwicklung der Bergbauarbeiten nicht wesentlich beeinflussen.
Die 500.000 US-Dollar von AIDEA stammen aus deren Arctic Infrastructure Fund. Erst im April schichtete die Behörde 35 Millionen US-Dollar in diesen Fund um, vor allem um das Schlüsselprojekt der Ambler Road zu finanzieren. Die Entscheidung für das Sponsoring fiel im Ausschuss von AIDEA einstimmig, die öffentlichen Kommentare im Vorfeld waren jedoch sehr kontrovers.
So befürwortet Kati Capozzi, Präsidentin der Handelskammer Alaskas, den Straßenbau: «Das Wichtigste ist, dass das Projekt neue Arbeitsplätze für die Menschen in Alaska bringen wird. Es gibt keine wichtigere Zeit als jetzt, um neue Beschäftigungsmöglichkeiten […] zu identifizieren.»
Ebenso positiv gestimmt ist Casey Hammond, stellvertretender Sekretär für Land- und Mineralienmanagement, und sagt: «Präsident Trump hat seit langem erkannt, warum Investitionen in die Infrastruktur unerlässlich sind, um den dringenden Bedarf an kritischen Mineralien zu decken. Der heutige Erfolg der Trump-Regierung ist ein entscheidender Faktor für die Fähigkeit unserer Nation, den amerikanischen Wohlstand und die nationale Sicherheit zu wahren.»
Dem gegenüber stehen vehemente Proteste der Stammesregierungen und von Umweltgruppen. Alex Johnson, Alaskas Programmmanager für die National Parks Conservation Association, lehnt den Bau strikt ab und sagt, dass AIDEA «äußerst optimistische Prognosen hinsichtlich der Vorteile für Alaskaner» gemacht habe, und diese Prognosen unbegründet gewesen seien. Diese Vorhersagen beinhalten Schätzungen der Arbeitsplätze, die mit den Vorbauarbeiten im Sommer geschaffen werden sollen, so Johnson. «Anstatt dieses Geld für ein Hirngespinst der Industrie auszugeben, ermutige ich die AIDEA, es für Unternehmen in Alaska auszugeben, die es gerade jetzt brauchen.»
Solaris Gillispie, Managerin für sauberes Wasser und Bergbau am Northern Alaska Environmental Center, findet die Bereitschaft des Bundesstaats Alaska alarmierend, öffentliche Gelder für ein privates Projekt auszugeben, das eindeutig nicht im öffentlichen Interesse ist. «Wie die Gemeinden in der Region immer wieder erklärt haben, sind die Auswirkungen auf die Wasser-, Nahrungsmittel- und kulturelle Souveränität inakzeptabel. Alaskas Reichtum liegt in unserem Land, unseren Gewässern und unseren Menschen und wir werden es dem Staat nicht erlauben, diesen Reichtum gegen den Profit multinationaler Unternehmen einzutauschen.»
Hinzu kommt, dass Doyon, die Gesellschaft der Ureinwohner Alaskas, der große Teile des Landes in der Region Alaska Interior gehören, noch nicht grünes Licht für die Durchquerung ihres Landes gegeben hat. «Doyon weiß, dass das Entscheidungspapier heute ausgestellt wird, aber es gibt noch viel Arbeit zu tun, bevor es ein Abkommen für den Zugang über das Land von Doyon gibt,» erklärt Aaron Schutt, Präsident von Doyon, vergangenen Donnerstag.
Normalerweise wäre es fast unmöglich, eine Genehmigung für eine industriell genutzte Straße durch einen Nationalpark zu erhalten. Doch die US-Gesetzgeber haben bereits 1980 eine Bestimmung in den Alaska National Interest Lands Conservation Act aufgenommen, die die Durchquerung des Gates of the Arctic Nationalparks ermöglicht, da schon damals das gewaltige Mineralienvorkommen in der Ambler-Region bekannt war.
Julia Hager, PolarJournal