Mehrere schwere Umweltkatastrophen ereigneten sich in der Taymyr-Region in Sibirien in den letzten Monaten, darunter der Unfall in einem Heizkraftwerk in Norilsk, bei dem 21.000 Liter Diesel ausliefen sowie die Ableitung von mit Schwermetallen und anderen toxischen Substanzen belastetem Abwasser in einen Bach und in die Tundra. In allen Fällen war der Bergbaugigant Norilsk Nickel verantwortlich. Mitarbeitern von Greenpeace Russland ist es gelungen, an verschiedenen Stellen Wasserproben zu nehmen. Die Ergebnisse der Analyse liegen nun vor.
Etwa einen Monat nach dem Dieselunfall unternahm Greenpeace Russland gemeinsam mit Journalisten der Novaya Gazeta eine Expedition in das betroffene Gebiet um Norilsk, um den Verschmutzungsgrad des Pyasino-Sees und des Pyasino-Flusses festzustellen. Dabei wurden sie massiv durch die lokale Polizei und Vertreter der Sicherheitsabteilung von Norilsk Nickel behindert.
Greenpeace-Ökologin Elena Sakirko beschreibt, dass sie «nur dank der Hilfe der Fischer und des versteckten Kraftstoffbehälters in die Stadt zurückkehren konnten.» An den Orten, wo die größte Kontamination zu erwarten war – am linken Ufer des Pyasino-Sees – konnten sie keine Proben nehmen.
Trotz aller Schwierigkeiten gelang es dem Expeditionsteam, an insgesamt sieben Stellen Proben vom Wasser des Pyasino-Sees, der Flüsse Pyasino und Talovaya und von Boden- und Ufersedimenten zu nehmen. Im Laufe der Expedition stieß das Team zudem auf die illegale Ausleitung von Abwasser in den Kharaelakh-Fluss durch die Talnakh-Konzentrationsanlage, einem Tochterunternehmen von Norilsk Nickel, wo Greenpeace ebenfalls eine Probe nahm.
Am Flughafen setzten sich die Probleme mit der Verweigerung des Transports der Proben jedoch fort. Greenpeace gelang es schließlich, die Proben über zwei Transportunternehmen an ein unabhängiges Labor in St. Petersburg zu liefern.
In den Wasserproben aus dem Abfluss der Tailing-Deponie der Konzentrationsanlage, die Greenpeace Russland am 28. Juni entnahm und die zwei Tage später im Labor ankam, übertraf die Konzentration der anionischen Tenside die festgelegten Standards um das 50-fache. Solch ein Überschuss kann zu einer Abnahme der Konzentration an gelöstem Sauerstoff und zu einer Zunahme des Schwefelwasserstoffgehalts führen, was die Gewässer für Pflanzen und Tiere unbewohnbar macht. Zudem wurde einer erhöhter Eisen- und Schwefelgehalt festgestellt.
In den meisten der anderen Proben konnte eine Ölverschmutzung nicht nachgewiesen werden, was höchstwahrscheinlich auf die Verzögerung beim Transport zurückzuführen ist. Erst nach acht bzw. 26 Tagen trafen die Proben im Labor in St. Petersburg ein. Analysen auf Ölprodukte sollten allerdings spätestens am vierten Tag nach der Probennahme erfolgen. In zwei der Proben konnte noch ein signifikanter Gehalt an Ölprodukten festgestellt werden.
Die Journalisten von Novaya Gazeta entschuldigten sich bei ihren Lesern für die nicht rechtzeitige Lieferung der Proben an das Labor, die allein durch die Behinderungen verursacht wurde.
Greenpeace fordert, dass die Überwachung der Gewässer und Böden fortgesetzt wird und die Ergebnisse unverzüglich veröffentlicht werden.
Aktuell ist eine große Expedition mit russischen Wissenschaftlern von 14 Institutionen in dem betroffenen Gebiet auf der Taymyr-Halbinsel. Bis November sollen Gewässer, Böden, die Biodiversität und der Permafrostboden untersucht werden.
Julia Hager, PolarJournal