ROSATOM plant in den nächsten acht Jahren sechs der strahlungsgefährdendsten Objekte vom Boden der Kara- und Barentssee zu heben. Dies beinhaltet Teile eines Eisbrechers, Atom-U-Boote und Reaktoren mit abgebrannten Brennelementen. Diese Objekte sind ein kleiner Teil der Objekte in der russischen Arktis, aber sie erzeugen 90% des Strahlungshintergrunds. Dies berichtete die russische Nachrichten-Agentur TASS.
Das Problem nuklearen Abfälle besteht seit der Sowjetzeit, welche in der Zeit von Ende der 1960er bis Ende der 1980er Jahre in der Arktis versenkt wurden. Nach dem Wettrüsten mussten Atomwaffen und die Atomflotte entsorgt werden. Um dieses Problem zu lösen, wurden mehrere Stützpunkte in der Region Murmansk hergerichtet, insbesondere in der Andreeva-Bucht, der Saiga-Bucht und in der Nähe des Dorfes Gremikha.
Nach Schätzungen der Forschung sind etwa 95% der 18.000 versenkten Objekte auf natürliche Weise in einen stabilen Zustand gekommen. Sie sind verschlammt und die Gammastrahlung in deren unmittelbarer Umgebung entspricht dem natürlichen Niveau. Von den verbleibenden 5%, etwa 1.000 Objekte geht eine höhere Gammastrahlung aus.
Zwei ganze U-Boote
Auf der Liste der Objekte stehen die Reaktoren der U-Boote «K-11», «K-19» und «K-140» sowie abgebrannter Kernbrennstoff aus dem Reaktor des ehemaligen Eisbrechers «Lenin».
Darüber hinaus werden zwei ganze U-Boote gehoben, die «K-27» aus der Karasee und die «K-159» aus der Barentssee. Während das erstgenannte U-Boot 1982 von den sowjetischen Behörden absichtlich versenkt wurde, versank die «K-159» 2003 während einer Schleppoperation.
Die «K-27» befindet sich auf 33 Meter Tiefe östlich des Archipels Nowaja Semlja. Sie wurde von Experten als eine mögliche radioaktive ‘Zeitbombe’ beschrieben. Die «K-159» befindet sich in 238 Metern Tiefe vor der Küste der Kola-Halbinsel.
Die sechs Objekte stellen mehr als 90 Prozent der ins Meer versenkten Radioaktivitäts-Quellen dar, erklärt Rosatom.
Teure Operationen
Der Hebevorgang der gefährlichen Nuklearabfälle wird nicht nur technisch schwierig, sondern auch sehr teuer sein. In einem kürzlich für Rosatom und die Europäische Kommission erstellten Bericht wurden die Kosten für das Heben der sechs gefährlichsten Objekte auf 278 Millionen Euro geschätzt. Dazu gehört auch, dass sie zur Stilllegung und langfristigen Lagerung sicher zu einem geordneten Lager gebracht werden müssen.
Allein für die Operation mit der «K-159» werden die Kosten auf 57,5 Millionen Euro geschätzt. Das Heben der «K-27», der Transport zu einer Schiffswerft zur Stilllegung und Langzeitlagerung in der Saida-Bucht, kostet 47,7 Millionen Euro, heißt es in dem Bericht.
Laut Rosatom-Experten ist: „Selbst eine äußerst geringe Wahrscheinlichkeit des Austritts radioaktiver Stoffe aus diesen Einrichtungen ein inakzeptables Risiko für die Ökosysteme der Arktis. Wir halten es für notwendig, alle sechs Objekte, einschließlich die U-Boote «K-159» und «K-27» zu bergen. Das Anheben aller sechs Objekte, ihr sicherer Transport zur Entsorgungsstelle und ihre Vorbereitung auf die Langzeitlagerung werden mindestens acht Jahre dauern“.
Meinung russischer und europäischer Ökologen
Die Forschungsdaten, auf die sich Rosatom stützt, wurden Ende 2019 auf der Grundlage der Arbeit eines internationalen Konsortiums gewonnen, zu dem das italienische Unternehmen Sogin, die norwegische Strahlenschutzbehörde DSA, die britische Nuvia und die deutsche EWN gehören. Die technische und wirtschaftliche Bewertung des Aktionsplans für das Management versenkter strahlungsgefährdender Objekte wurde auf dem Gebiet der Kara- und Barentssee durchgeführt.
Basierend auf den Ergebnissen der Modellierung der Gefahr aller aufgelisteten Objekte kam das Konsortium zu dem Schluss, dass „diese Objekte derzeit nur potenziell gefährlich sind und keine echte Bedrohung darstellen“, und empfahl außerdem, die zwei U-Boote K-159 und K-27 zu heben. Im Übrigen reicht es laut einer internationalen Gruppe von Wissenschaftlern derzeit aus, die Situation ständig zu überwachen.
Heiner Kubny, PolarJournal