Lachse in Alaskas Flüssen schrumpfen | Polarjournal
Verschiedene Lachsarten wie diese Rotlachse in Alaska wandern nach dem Schlüpfen in den Bachläufen im Inland ins offene Meer, wo sie einige Jahre bleibe und wachsen, bevor sie dann zurück in ihre Ursprungsbäche zurückwandern, ablaichen und dann sterben. Dies nennt man einen anadromen Lebenszyklus. Bild: Theinterior – Own work CC BY 3-0

Die Lachswanderungen in Alaska und anderen pazifischen Regionen der Arktis gehören zu den Höhepunkten für Tiere und Einheimische. Denn die Fische sind ein wichtiger Teil der Nährstoffzirkulation, wenn sie nach dem Ablaichen sterben. Doch Forscher schlagen nun Alarm: Die Fische, die einst stattliche Grössen zeigten, werden immer kleiner, wenn sie an ihren Laichplätzen ankommen. Dies hat, gemäss den Wissenschaftlern, weitreichende Konsequenzen für Natur und Wirtschaft.

Die Resultate der Wissenschaftler zeigten, dass in den vergangenen 60 Jahren die Fische nicht durch Wachstum kleiner wurden, sondern immer früher aus dem Meer zurück in ihre Geburtsgewässer wanderten. Normalerweise bleiben die Lachse durchschnittlich sieben Jahre im Meer, wo sie genügend Nahrung zu sich nehmen und wachsen, bis sie durch einen bisher nicht bekannt Auslösereiz ihren Weg zurück in die Bäche auf sich nehmen. Fischer in Alaska bemerkten dabei, dass die Tiere, die für sie von grosser Bedeutung sind, immer kleiner wurden. «Wir fanden ein starkes und durchgehendes Muster, dass die Lachse jünger zu den Flüssen zurückkehren, als dies früher der Fall war», erklärt der Leiter der Studie, Professor Eric Palkovacs von der Universität von Kalifornien Santa Cruz.

Königslachse wie dieser, sind die grösste pazifische Lachsart und wurden in der Vergangenheit bis zu 150 cm gross und in Alaska bis zu 44 kg schwer. Einst von Kalifornien bis nach Alaska weitverbreitet, ist die Population durch Dämme, Verschmutzung und Klimawandel massiv zurückgegangen. Bild: United States Geological Survey via Wikipedia

Das Team untersuchte rund 12.5 Millionen Fangdaten von vier verschiedenen Lachsarten aus den vergangenen 60 Jahren in Alaska, die von der staatlichen Fisch- und Wildtierbehörde gesammelt worden war. Königs-(Chinook), Silber-(Coho), Keta-(Chum) und Rotlachs (Sockeye) waren von der Grössenreduktion betroffen. Analysen zeigten zwar, dass die Ursache des Rückgangs nicht aus einem Faktor alleine, sondern aus mehreren zusammen bestand und die verschiedenen Arten in verschiedenen Regionen Alaskas unterschiedlich stark betraf.

«Wir wissen, dass das Klima die Produktivität der Ozean verändert.»

Professor Eric Palkovacs, University of California, Santa Cruz

Zwei der Faktoren waren jedoch für alle vier Arten und alle Regionen massgebend: Der Klimawandel und die steigende Zahl von Zuchtlachsen, die in die Ozeane entlassen werden. «Wir wissen, dass das Klima die Produktivität der Ozean verändert und wir sehen ein durchgehendes Signal von Klimafaktoren, die mit der abnehmenden Lachsgrösse verbunden ist», erklärt Eric Palkovacs. «Doch eine andere beständige Verbindung ist die Häufigkeit von anderen Lachsarten im Ozean, besonders Buckellachse. Ihre Zahl im Nordpazifik ist auf einem historischen Höchststand, teilweise aufgrund der Zuchten in Alaska und Asien. Und diese Fische konkurrieren mit den anderen Lachsen um Nahrung.»

Die Buckellachse sind die kleinsten (- 75 cm und 6 kg) und mittlerweile häufigste Lachsart im Nordpazifik Aufgrund ihres zweijährigen Lebenszyklus sind sie begehrt in der Zucht, da sie schnell wieder in ihre Laichgewässer zurückkehren und so für kommerzielle Fischer interessant sind. Den Namen haben sie vom Buckel, den die Männchen in der Laichphase entwickeln.

Die Konsequenzen dieser Entwicklung betreffen nicht nur die Lachse selbst, sondern gehen viel weiter. Denn jüngere und kleinere Lachse haben einen geringeren Bruterfolg, da auch die Zahl der Eier und ihre Qualität vom Zustand der Fische abhängig ist. Eine weitere Konsequenz sind die geringeren Mengen an Nährstoffen, die von den Lachsen nach ihrem Tod an die Umgebung wieder abgegeben werden. «Lachse schwimmen in diese kleinen Bäche und egal, ob sie als Beute enden oder nach dem Laichen sterben, ihre Nährstoffe gehen zurück an die Wälder und die Bachsysteme», erklärt Eric Palkovacs. «Das ist ein klassischer Lachsservice an die Ökosysteme und die Menge an Nährstoffen hängt von ihrer Körpergrösse ab.»

Im Herbst sind in Alaska besonders Braunbären Nutzniesser der jährlichen Lachswanderungen. Damit füllen die Bären ihre Fettreserven für den bevorstehenden Winter. Kleinere Fische sind weniger fettreich und schwerer zu fangen. Das bedeutet weniger Energie für die Bären in der kalten Jahreszeit. Bild: Alan Vernon, Wikipedia CC-BY 3.0

«Für kommerzielle Fischer bedeuten kleinere Fische geringere Preise.»

Dr. Krista Oke, University of Alaska, Fairbanks

Doch nicht nur die Natur leidet unter den Konsequenzen von kleineren Lachsen. Auch wirtschaftlich schmerzt der Grössenverlust. Denn für viele Einheimische sind die Lachse ein wichtiger Teil ihrer Ernährung und ihres Einkommens. «Kleinere Fische sind ein echtes Problem für die Leute, die von Lachs als Nahrung und für ihre Gesundheit abhängig sind», meint Krista Oke, die Hauptautorin der Studie. «Für kommerzielle Fischer bedeuten kleinere Fische geringere Preise und unter einer bestimmten Grösse können die Fische nicht mehr in hochwertige Produkte verwandelt werden, sondern müssen einfach eingedost werden.» Ausserdem legen kleinere Fische weniger Eier, was wiederum zu weniger Fangerträgen, weniger Touristen, die Lachse fangen wollen und mehr Aussatz von Buckellachsen zur Kompensation der Verluste führt. Der Teufelskreis dreht sich weiter, genau wie die Zuchtlachse in ihren künstlichen Schwimmbecken.

Bilder wie dieses, das vier junge Ureinwohner und ein Riesenkönigslachs zeigt, gehören zur Seltenheit heutzutage. Für die indigene Bevölkerung Alaskas könnte der Grössenrückgang auch die Ernährungssicherheit bedrohen. Bild: Unbekannter Fotograf

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Studie: Oke et al (2020) Nature Communications 11, (4155) Recent declines in salmon body size impact ecosystems and fisheries, https://doi.org/10.1038/s41467-020-17726-z

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