Im Dezember 2018 lief der Trawler «Northguider» in der Hinlopenstrasse auf Grund auf und musste aufgegeben werden. Es wurde allgemein angenommen, dass das Schiff relativ rasch aus dem ökologisch sensiblen Gebiet wieder entfernt werden könnte. Doch schlechtes Wetter und aussergewöhnlich viel Eis in der Region verhinderten eine Bergung des Schiffes im Sommer 2019. Nun ist es gelungen, das Wrack komplett auseinanderzunehmen und zu abtransportieren.
In einer einmaligen Aktion wurde das 1’792 BRT-Schiff von der niederländischen Firma Smit Salvage in rund 50 Stücke geschnitten und mit einem Frachtkahn abtransportiert. Die unter Wasser liegenden Metallteile wurden mit einem Magneten an die Oberfläche geholt und der restliche Schrott von Tauchern geborgen. Rune Bergstrøm von der Abteilung für Notfallvorsorge bei der norwegischen Küstenverwaltung erklärt, dass noch nie eine derartige Aktion so weit nördlich durchgeführt worden war. «Diese Aktion war einzigartig. Bisher wurde noch nie ein Wrack so weit im Norden und darüber hinaus so weit entfernt von Möglichkeiten logistischer Unterstützung und anderen Funktionen bearbeitet. Die Aktion hat uns viele Dinge gelehrt, die in die zukünftige Notfallplanung für unsere nördlich liegenden Gebiete miteinbezogen werden können.
Auch die Sysselmannen, die lokale Verwaltung auf Svalbard, zeigt sich erfreut über den Erfolg. Gouverneurin Kjerstin Askholt erklärt in einer Stellungnahme: «Wir sind sehr glücklich und erleichtert, dass die Kampagne erfolgreich gewesen ist. Die Zusammenarbeit aller Beteiligter war sehr gut.» Die «Polarsyssel», das Schiff der Behörde war am Wochenende vor Ort, um die letzten Bergungsmassnahmen zu begutachten und die Einhaltung der vorgegebenen Richtlinien zu überwachen. Videoaufnahmen von Tauchern zeigten, dass die Bergungsfirma sämtliche Überreste unter Wasser geborgen hatte.
Der Frachtkahn, der den Metallschrott lagert, wird mit Hilfe eines Schleppers nun in Richtung norwegisches Festland gezogen. Von dort soll dann alles Material weitertransportiert und fachgerecht entsorgt werden. Der Transport durch die Barentssee gilt als heikel, da schlechtes Wetter und starker Seegang in der Region immer wieder auftreten können. Entsprechend wichtig sind die Vorbereitungen, die von der Küstenverwaltung und den Sysselmannen überwacht worden sind. Insgesamt sieben Schiffe und 80 Personen waren seit dem Sommer in die Bergung der «Northguider» involviert.
Ein erster Versuch, das gestrandete Schiff zu bergen musste letztes Jahr abgesagt werden. Zuerst war geplant gewesen, das Schiff als Ganzes zurück nach Norwegen zu schleppen. Doch ein grosses Leck und schlechte Umweltbedingungen verhinderten den Plan und im Oktober war klar, dass das Schiff noch einen Winter in der Hinlopenstrasse verbringen musste. Um Umweltschäden zu verhindern, verlangte die Svalbard-Behörde, dass das Schiff nun diesen Sommer verschwinden muss. Daher wurde der Plan gefasst, das Schiff in Teile zu zersägen und so zu entfernen. Dies ist nun erfolgreich umgesetzt worden. Es bleibt zu hoffen, dass durch die 20-monatige Lage des Schiffes keine Umweltschäden in der Region entstanden sind.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal