Grönland plant Vertretung in Peking ab 2021 | Polarjournal
Die Regierung um Kim Kielsen will sicherstellen, dass die grönländischen Interessen auch in China gewahrt bleiben. Die geplante Vertretung in Peking soll die direkte Kommunikation zwischen den beiden Ländern erleichtern. Bild: Verwaltung Sermersooq

Grönland unter der Regierung von Kim Kielsen hat in den vergangenen Jahren begonnen, verstärkt seinen eigenen Weg in der Weltpolitik zu gehen, wohlwissend um seine strategische Bedeutung in einer sich öffnenden Arktis. Vor allem im Bereich Wirtschaft hat die grösste Insel der Welt einiges an Attraktivität bei den Grossmächten zugelegt. Dies zeigt sich auch politisch, denn Grönland hat mittlerweile seine eigenen Vertretungen in Brüssel, Reykjavik und auch in Washington. Nun hat die Regierung konkrete Pläne vorgelegt, um auch in Chinas Hauptstadt Peking eine permanente Vertretung schon ab nächstes Jahr zu eröffnen.

Die Regierung hat in ihren Plänen, die sie dem Parlament vorgelegt hat, die Bedeutung der Vertretung herausgehoben. China ist heute einer der grössten Exportmärkte für grönländische Produkte und das Exportvolumen beträgt rund US$ 240 Millionen. Entsprechend ist es wichtig, direkte und offene Kommunikationskanäle mit den relevanten Behörden und Stellen zu betreiben, schreibt die Regierung. Denn häufig seien sich asiatische Firmen über den Status von Grönland nicht im Klaren. Deswegen soll die Vertretung auch die kulturellen und politischen Aspekte Grönlands in China und im ostasiatischen Raum repräsentieren und so die eigene Position stärken, nicht nur in China, sondern im grösseren Rahmen. Die Vertretung soll den ganzen ostasiatischen Raum, besonders Japan und Südkorea abdecken. Denn nach China ist Japan ein ebenso wichtiger Handelspartner mit einem Volumen von US$ 120 Millionen pro Jahr. In ihrer Erklärung an das Parlament setzt die Regierung die geplanten Kosten für die Eröffnung der Vertretung bei rund € 250’000 an und weiteren € 350’000 pro Jahr für den Betrieb.

Einer der wichtigsten Exportgüter auf die asiatischen Märkte ist der grönländische Heilbutt. Rund 1/3 der weltweiten Menge wird durch Grönland produziert. Doch Handelsabkommen zwischen Island und China haben Grönland preislich in eine Zwickmühle gebracht. Bild: Michael Wenger

In den vergangenen Jahren ist der Exportanteil nach China in Grönland laufend gestiegen und chinesische Investoren und Firmen haben versucht, auch in Grönland Fuss zu fassen, besonders wegen dessen Reichtum an Seltenen Erden, die in der Elektronikproduktion benötigt werden. Aber auch die Erdgas- und Erdölvorkommen und andere Mineralien hatten in der Vergangenheit das Augenmerk von China nach Grönland gelenkt. Doch das wichtigste Exportgut Grönlands in die asiatischen Märkte ist der Heilbutt. Dieser beliebte und begehrte Speisefisch wird in Asien hoch geschätzt mit einem entsprechend hohen Bedarf. Und genau hier sieht sich die grönländische Regierung im Nachteil gegenüber ihren Nachbarländern Färöer und Island. Denn nachdem Island und China 2014 ein Freihandelsabkommen abgeschlossen hatten, kam der Preis für grönländischen Heilbutt immer mehr unter Druck. Die Regierung schreibt dazu: «Die isländische Fischereiindustrie hat dadurch einen signifikanten Vorteil gegen der grönländischen Fischereiindustrie auf dem chinesischen Markt mit einem resultierenden niedrigeren Einkommen für Grönland im Vergleich zu Island.»

Grönland betreibt mittlerweile Vertretungen in Brüssel, Washington DC und in Reykjavik. Im Gegenzug haben einige Länder bereits Vertretungen in Nuuk eröffnet, darunter die USA, die damit ihre Verbindungen stärken wollen. Bild: US-Botschaft Dänemark

Der Zeitpunkt, den Grönlands Regierung für seine Pläne einer Annäherung an China gewählt hat, ist politisch nicht gerade günstig gewählt. Chinas Regierung sieht sich weltweit massiver Kritik aufgrund ihres Umganges mit der Demokratiebewegung in Hongkong und den Vorwürfen, sie betreiben Konzentrationslager in der autonomen Region Xinjiang, ausgesetzt. Ausserdem schwelt immer noch der Handelskonflikt mit der US-Regierung Trump und diese hat vielen westlichen Staaten ihre Handelsbeziehungen mit China vorgeworfen. Erst vor wenigen Monaten hatten die USA und Grönland ein Hilfs- und Investitionsabkommen im Umfang von US$ 12.1 Millionen abgeschlossen, was wiederum Kritik von dänischer Seite hervorgerufen hatte, da dies als Versuch der USA gewertet worden war, einen Keil in die grönländisch-dänischen Beziehungen zu treiben und Grönlands Selbstständigkeit voranzutreiben.

Der grönländische Regierungschef Kim Kielsen legte noch letztes Jahr einen vielbeachteten und selbstbewussten Auftritt am Arctic Circle Treffen hin. Seine Vision eines starken, selbstbewussten und gleichberechtigten Grönlands setzt er auch gegen die Bedenken des dänischen Mutterlandes um. Bild: Arctic Circle

Grönlands Regierungschef Kim Kielsen selber, der letztes Jahr bei seinem Auftritt am Arctic Circle Treffen in Reykjavik das neue selbstbewusste Grönland zeigte, ist auch innenpolitisch unter Druck geraten: einerseits wegen möglicher Befangenheit bei der Durchsetzung einer geplanter Quotensteigerungen beim Heilbuttfang, andererseits aufgrund mangelnder Transparenz bei der Deklarierung von Einkünften durch das Vermieten seines Schiffes für kommerzielle Fischereizwecke. Eine eingesetzte Untersuchungskommission kritisierte ihn dafür sehr stark. Kim Kielsen selber hat sich nicht dazu geäussert. Doch sein Stuhl könnte ins Schleudern kommen, sollte es zu einem Misstrauensvotum kommen oder zu Neuwahlen. Was danach mit seiner Vision eines starken und noch etwas unabhängigeren Grönlands passieren wird, steht dann wieder offen.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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