Massiver Eisverlust in der Beringstrasse | Polarjournal

Krabbenfischer in Tschukotka, der russischen Seite der Beringstrasse. In Zukunft dürfte auch für die Lieblingsbeschäftigung der Russen, das Eisfischen Einschränkungen geben. (Foto: Heiner Kubny)

Die Eisbedeckung des Beringmeeres hat in den Wintern 2018 und 2019 neue Tiefststände erreicht, die seit Tausenden von Jahren nicht mehr gesehen wurden. Dies berichteten Wissenschaftler und verstärkten damit die Besorgnis über die sich beschleunigenden Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis.

Auf Saint Matthew Island wurden die organischen Verbindungen von Pflanzen untersucht. So konnte rekonstruiert werden wie Niederschläge und Eis die Bering Sea beeinflusst haben. (Foto: Heiner Kubny/Google)

Satellitendaten liefern ein klares Bild davon, wie sich das Meereis in den letzten vier Jahrzehnten in der Region zwischen Arktis und nördlichem Pazifik verändert hat. Deshalb wandten sich die Wissenschaftler an die Torflandschaften auf der abgelegenen Insel Saint Matthew südlich der Beringstrasse zu.  Dabei wurden die organischen Verbindungen von Pflanzen untersucht, die Jahrtausende alt sind.

Durch die Untersuchung verschiedener Formen von im Sediment eingeschlossenen Sauerstoffmolekülen waren die Wissenschaftler in der Lage, die atmosphärischen und ozeanischen Bedingungen abzuschätzen, die laut der in der Zeitschrift «Science Advances» veröffentlichten Studie die Niederschläge und das Meereis über etwa 5.500 Jahre beeinflusst hätten.

„Die Insel an sich hat als ihre eigene Wetterstation fungiert“, so der Mitverfasser der Studie, Matthew Wooller, Direktor der Alaska Stable Isotope Facility an der University of Alaska Fairbanks. Die Sedimentschichten in den Torfkernen dienen als „Buch, das in die Vergangenheit zurückreicht“.

Mit der raschen Erwärmung der Arktis in den letzten Jahrzehnten hat die Ausdehnung des Meereises über der nördlichen Polarregion stetig abgenommen. Im Jahr 2020 erreichte das sommerliche arktische Meereis im Juli den niedrigsten Stand seit 40 Jahren der Aufzeichnungen. Im Winter baut sich das Meereis jedes Jahr wieder auf. Die neue Studie deutet jedoch darauf hin, dass auch im Beringmeer die Eismaxima der kalten Jahreszeit zurückgehen könnte.

Am 29. April 2013 hatte die Bering Sea noch ziemlich viel Eis. (Foto: NOAA)

Der Verlust des Meereises wirkt sich bereits auf die arktische Tierwelt aus, darunter Walrosse, Eisbären und Robben, mit Folgen für die indigenen Gemeinschaften, die für ihren Lebensunterhalt auf die Jagd angewiesen sind.

„Wenn wir noch mehr Meereis verlieren, verändern sich natürlich die Temperaturen der Arktis vollständig“, sagte Julienne Stroeve, eine Klimatologin des National Snow and Ice Data Center an der University of Boulder Colorado.

Nur fünf Jahre später, am 29. April 2018, war die Bering Sea völlig eisfrei. An den nördlichen Küstenlinien Alaskas war ebenfalls kein Eis in Sicht. (Foto: NOAA)

Die Lufttemperatur war jedoch nicht der einzige Faktor, der sich auf das Meereis auswirkte. Verschiebungen der Ozean- und Atmosphärenzirkulation im Zusammenhang mit dem Klimawandel haben einen noch größeren Einfluss, sagte die Hauptautorin Miriam Jones, eine Geologin des U.S. Geological Survey.

Die Studie stellte fest, dass die Veränderungen des Meereises mindestens mehrere Jahrzehnte hinter den Veränderungen der atmosphärischen Treibhausgase zurückzuliegen. Das deutet darauf hin, dass die jüngsten Tiefststände des winterlichen Meereises eine Reaktion auf die Treibhausgaswerte vor Jahrzehnten waren.

Die Forscher überprüften ihre Ergebnisse anhand von Satellitendaten über das Meereis aus vier Jahrzehnten. Stroeve schlug vor, dass die Studie durch mehr Vergleiche mit Beobachtungsdaten, die von Schiffen und Walfangexpeditionen aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gesammelt wurden, hätte verstärkt werden können.

Heiner Kubny, PolarJournal

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