UPDATE: EISBÄRENFAMILIE IN QEQERTARSUATSIAAT ERSCHOSSEN
Die drei Eisbären, die seit Montag nahe der südgrönländischen Ortschaft Qeqertasuatsiaat umhergewandert waren, wurden gestern vom örtlichen Gerichtsvollzieher erschossen. Gemäss den Angaben, die von der Zeitung Sermitisiaq veröffentlich worden sind, seien die Bären trotz mehrmaligen Verscheuchungsversuchen immer wieder zurückgekehrt und in die Ortschaft eingedrungen, wo sie sich an den Wintervorräten gütlich getan hatten, die draussen gelagert und abgehangen wurden. Damit seien sie zu einer Gefahr für die Bevölkerung geworden, verteidigt der Gerichtsvollzieher seine Tat. Zwei der Tiere wurden noch an Land erschossen, eines der Jungtiere sei in den Fjord gerannt, wo es eingefangen und erschossen worden sei. Noch am Mittwoch hatte die zuständige Regierungsbeamtin Amalie Jessen versichert, dass es keine Sondergenehmigung zum Abschuss geben würde. Ob die Polizei und die Regierungsstellen vor dem Abschuss informiert worden waren und ein Einverständnis vorlag, ist nicht bekannt. Beide Amtsstellen hüllen sich zurzeit in Schweigen und Amalie Jessen gab bekannt, zu gegebener Zeit eine Stellungnahme zu veröffentlichen
Der Link führt zur Webseite der Zeitung Sermitsiaq, wo unter anderem ein Video der toten Eisbären veröffentlicht wurde.
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https://sermitsiaq.ag/isbjoernene-blevet-skudt
Eigentlich denkt man, dass Eisbären zu Grönland gehören wie der Käse zur Schweiz. Doch tatsächlich sind die grossen Landraubtiere eigentlich nur im Norden der Insel verbreitet. Der Süden, der teilweise unter dem Polarkreis liegt, wird kaum von den Tieren besucht. Doch hin und wieder wandern Eisbären trotzdem weit in den Süden auf der Suche nach Nahrung. Die Gemeinde Qeqertarsuatsiaat, die rund 130 Kilometer südlich von der Hauptstadt Nuuk liegt, hat seit Montag gleich drei solcher pelzige Besucher. Und sie sorgen für einen grossen Wirbel, der nicht nur die Tourismusbranche anzieht, sondern auch bis in die Politik reicht.
Die drei Bären, die nach einem Abschreckungsversuch am Montag tags darauf wieder auf die Insel zurückgekehrt sind, haben sich nahe den Überresten eines Wals niedergelassen und fressen dort. Eigentlich werden sie zwar durch ein Gesetz streng geschützt. Trotzdem hatte Greenland Cruise, eine in Nuuk ansässige Tourismusfirma, bereits am Mittwoch darauf eine Eisbärensafari für Donnerstag angesagt. «Wir werden nach Qeqertasuatsiaat fahren und im Ort anlanden. Es kann sein, dass wir dann die Eisbären von dort aus sehen werden», sagte der Besitzer der Firma gegenüber der Zeitung Sermitsiaq. «Natürlich werden wir die Eisbären nicht suchen und wir halten uns an die Regeln und Gesetze.» Einen Platz wurde auch dem Ministerium für Fischerei, Jagd und Landwirtschaft angeboten, damit die Art und Weise der Tour von offizieller Seite her beobachtet werden könnte. Doch diese hat bereits verlautbaren lassen, dass die Bären von nicht autorisierten Personen in Ruhe gelassen werden sollen. «Das Ministerium bittet, unter anderem, dass Tourismusbetreiber, die Eisbärenreisen anbieten möchten, nicht die Menschen zu stören, die für die Abschreckung der Eisbären zuständig sind und auch die Eisbären nicht zu stören.»
Auch die Politik befasst sich nun mit den Eisbären von Qeqertarsuatsiaat. Denn Eisbären, die normalerweise nicht durch Abschreckmethoden verschwinden, werden zu «Problembären» erklärt. Und für diese dürfen Ausnahmebewilligungen zum Abschuss erteilt werden. Nun sind aber Eisbärenmütter mit Jungtieren besonders streng geschützt und dürfen unter keinen Umständen abgeschossen werden. Doch ein Parlamentsabgeordneter der zentristisch-populistischen Partei «Partii Naleraq» hat im Parlament für die startenden Herbstsession eine Resolution auf die Agenda gesetzt, nach der eine solche Ausnahmebewilligung nicht mehr notwendig sein soll, um Problembären erschiessen zu können.
«Eisbären mit Jungtieren dürfen nicht geschossen werden.»
Amalie Jessen, Abteilung für Jagd, grönländisches Ministerium für Fischerei, Jagd, Landwirtschaft
Doch für einen Abschuss hat das zuständige Ministerium bereits seine Ablehnung bekanntgegeben. «Die Eisbären bilden keine Gefahr für die Bürger im Moment» schreibt die zuständige Jagdabteliungschefin Amalie Jessen gegenüber Sermitsiaq. «Eisbären mit Jungtieren dürfen nicht geschossen werden. Sollte Gefahr für die Bürger von Qeqertarsuatsiaat entstehen, werden wir unsere Möglichkeiten abwägen. Es hängt viel von der Situation ab, wenn wir entscheiden, was zu tun ist.» Für die Bürger in der Ortschaft dürften die Worte von Amalie Jessen nicht gerade Balsam sein, da viele sich durch die Anwesenheit der Bären verunsichert fühlen. Doch solange die Lage der Bären bekannt ist und sie weiterhin unter Beobachtung stehen können, dürfte keine reelle Gefahr für die Einwohner bestehen.
Dr. Michael Wenger, Polarjournal