Plastikverschmutzung gehört nach dem Klimawandel zu den grössten Umweltproblemen auf unserem Globus. Das eigentlich nützliche Rohölprodukt ist dank sorg- und gedankenlosem Umgang mittlerweile überall als Abfall zu finden. Noch schlimmer ist es mit sogenanntem Mikroplastik, also winzigen Teilen von Plastik im Mikrometerbereich. Diese Teile haben sich in alle Regionen, vor allem in den Ozeanen verteilt, auch im Südpolarmeer. Doch das Problem geht noch tiefer, wie eine internationale Forschungsgruppe nun herausgefunden hat.
«Wir haben seit ungefähr 70 Jahren Plastik in unsere Ozeane geworfen, so dass dies rückblickend nicht sonderlich überraschend ist.»
Eoghan Cunningham, Studien-Erstautor, Queen’s University
Die Gruppe um Erstautor und Doktorand Eoghan Cunningham von der Queen’s University in Belfast fand in 28 von 30 Bodenproben aus Südgeorgien, den Südsandwichinseln und der Ostseite der antarktischen Halbinsel durchschnittlich 1.3 Mikroplastikteile pro Gramm Sediment. Dabei handelte es sich um Fasern, Fragmente und Teilchen von verschiedenen Formen von Plastik: Polyester, Polypropylen und Polystyren. Diese Plastikderivate werden häufig als Verpackungsmaterial verwendet. Eoghan Cunningham meint zu den Resultaten: «Wir haben seit ungefähr 70 Jahren Plastik in unsere Ozeane geworfen, so dass dies rückblickend nicht sonderlich überraschend ist.»
«Unsere Forschung zeigt, dass egal wie abgelegen ein Ökosystem ist, es wird trotzdem Rückstände menschlichen Einflusses zeigen»
Eoghan Cunningham, Studien-Erstautor, Queen’s University
Die Proben wurden im Laufe von zwei Jahren auf verschiedenen Forschungsfahrten um Südgeorgien, den Südsandwichinseln und auf der Ostseite der antarktischen Halbinsel genommen und stammen aus den obersten paar Zentimetern des weichen Sediments. Diese Regionen sind eigentlich weit ab von jeglicher Zivilisation und starkem menschlichen Einfluss. Lediglich Südgeorgien erhält regelmässigen Besuch von verschiedenen Schiffen aus den Bereichen Tourismus, Fischerei und Forschung. Trotzdem sind die gemessenen Mengen an Mikroplastikteilen vergleichbar mit Küstenregionen im Nordatlantik oder im Mittelmeerraum, wie die Wissenschaftler in ihrer Arbeit schreiben. Das ist eine grosse Überraschung in der Arbeit, da nicht mit diesen Mengen gerechnet worden ist. «Unsere Forschung zeigt, dass egal wie abgelegen ein Ökosystem ist, es wird trotzdem Rückstände menschlichen Einflusses zeigen», erklärt Cunningham weiter.
«Es wäre interessant, die Quellen der verschiedenen Mikroplastikarten, die wir entdeckt haben, zu kennen und welche Rolle der Schiffsverkehr oder die Forschungsstationen in der Ansammlung spielen könnten.»
Sonja Ehlers, Deutsches Bundesinstitut für Hydrologie
Die Wissenschaftler können nur spekulieren, woher die Mikroplastikteile stammen. Dabei könnten Ozeanströmungen, Winde, aber auch Fischerei und sogar vertikaler Transport, also Aufnahme mit der Nahrung und dann ein Abtauchen in die Tiefe, eine Rolle mitgespielt haben. Auch Mitautorin Sonja Ehlers vom deutschen Bundesinstitut für Hydrologie in Koblenz meint: «Es wäre interessant, die Quellen der verschiedenen Mikroplastikarten, die wir entdeckt haben, zu kennen und welche Rolle der Schiffsverkehr oder die Forschungsstationen in der Ansammlung spielen könnten.» Die Wichtigkeit der Ergebnisse zeigt sich darin, dass sich Mikroplastik in der Nahrungskette ansammeln kann. Dabei sind nun auch tieflebende, filtrierende Organsimen wie Seesterne und Seegurken oder Anemonen gefährdet. Gemäss Katrin Linse vom British Antarctic Survey, die an den Probennahmen beteiligt gewesen war, ist diese Arbeit die erste, die Mikroplastik in den antarktischen Meeresböden nachgewiesen hat. Für die Arktis sind ähnliche Studien bereits bekannt gewesen und alle zeigen, wie weit der menschliche Einfluss sich mittlerweile ausgedehnt hat.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal