Eselspinguine sollten vier statt eine Art sein | Polarjournal
Die Eselspinguine sind die drittgrösste Pinguinart und haben ein weites Verbreitungsgebiet. Von den Falklandinseln bis zum antarktischen Kontinent (hier: Südgeorgien) haben sich die Nahrungsgeneralisten ausgebreitet. Doch Forscher sagen, dass diese verschiedenen Lebensräume zu einer Abspaltung und Artenbildung geführt haben. Bild: Michael Wenger

Pinguine sind die beliebtesten Tiere in der Antarktis. Dabei gibt es zahlreiche Besucher, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, alle Arten von Pinguinen mindestens einmal live in ihrem natürlichen Lebensraum gesehen zu haben. Gegenwärtig müssen diese Enthusiasten also offiziell 18 Arten beobachtet haben. Doch die Systematik der Pinguine ist im Umbruch und bei zwei Pinguintypen wird debattiert, ob diese nicht eigene Arten sind. Nun hat eine internationale Forschungsgruppe Resultate einer Studie vorgelegt, die vorschlagen, dass Eselspinguine nicht eine Art, sondern gleich vier Arten sind.

„Sie sehen für das ungeübte Auge ziemlich ähnlich aus.“

Josh Tyler, Doktorand und Erstautor

Die Ergebnisse der Studie, die unter der Leitung von Dr. Jane Young von der Universität Bath durchgeführt worden war, beruhen auf den genetischen und physischen Untersuchungen von Eselspinguinen im südlichen Atlantik, den Südsandwichinseln und den Kerguelen im Indischen Ozean. Dabei nutzten sie nicht nur die Daten der heutigen Populationen, sondern verglichen sie auch mit in Museen ausgestellten Exponaten, die aus denselben Populationen stammen. Und hier fanden die Forscher klare genetische und physische Unterschiede. «Zum ersten Mal haben wir gezeigt, dass diese Pinguine nicht nur genetisch unterschiedlich sind, sondern auch physisch anders aussehen», erklärt Dr. Younger. Auch der Erstautor der Studie, Doktorand Josh Tyler meint: «Sie (Die Pinguine, Anm. d. Red.) sehen für das ungeübte Auge ziemlich ähnlich aus. Doch als wir die Skelette vermassen, fanden wir statistisch signifikante Unterschiede in der Länge der Knochen und den Grössen und Formen der Schnäbel. Das ist eine ähnliche Geschichte wie bei den Giraffen, die 2016 als vier verschiedene Arten identifiziert worden waren.»

Die Wissenschaftler zeigen, dass die Eselspinguine der Falklandinseln (links) eine eigene Art sind und sich von den Verwandten, die in Antarktika leben (rechts), sich signifikant unterscheiden. Dabei habe die Tatsache, dass die Lebensräume der beiden Arten so unterschiedlich sind, beigetragen. Bilder: Michael Wenger

„Die vier Arten, die wir vorschlagen, leben auf ganz unterschiedlichen Breitengraden.“

Dr. Jane Younger, Studienleiterin, Universität Bath

Bisher wurden die Eselspinguine in eine Art (Pygoscelis papua) und zwei Unterarten, die in verschiedenen Lebensräumen leben eingeteilt. Die Forscher schlagen nun vor, die beiden bestehenden Unterarten zu neuen Arten zu erklären und zwei weitere Arten neu zu beschreiben: P.ellsworthi für die antarktischen Eselspinguine, P. papua, P.poncetii (Südgeorgien, benannt nach Sally Poncet) und P. taeniata  für die weiter im Norden lebenden Eselspinguinformen. Denn gemäss der Wissenschaftler sind die von ihnen beschriebenen Unterschiede in der DNA und den physischen Merkmalen derart gross und die Lebensräume derart weit auseinanderliegend, dass eine Vermischung der Populationen nicht mehr möglich ist. «Eselspinguine tendieren dazu, nahe bei ihren Heimatkolonien zu bleiben und sind im Laufe von hunderttausenden von Jahren geographisch isoliert worden, bis zum Punkt, wo sie sich nicht mehr miteinander paaren, obwohl sie die Distanz zwischen sich locker durchschwimmen könnten», erklärt Dr. Younger dazu.  «Die vier Arten, die wir vorschlagen, leben auf ganz unterschiedlichen Breitengraden. Beispielsweise lebt Papua ellsworthi in Antarktika während die drei anderen weiter nördlich leben, wo die Bedingungen milder sind. Daher ist es nicht überraschend, dass sie sich an ihre verschiedenen Lebensräume angepasst haben.»

Eselspinguine haben gegenüber anderen antarktischen Pinguinarten wie Adélies und Zügelpinguinen den Vorteil, nicht nur auf Krill als Nahrung angewiesen zu sein, sondern auch andere Krebstiere und kleine Fische zu jagen. Gerade um die antarktische Halbinsel sind diese Krillbestände in den vergangenen Jahrzehnten zurückgegangen aufgrund der Erwärmung und damit auch die Bestände der Adélies und Zügelpinguine, die von den Eselspinguinen abgelöst worden sind. Bild: Michael Wenger

Die Vorschläge für vier neue Arten macht für die Wissenschaftler auch aus schutztechnischen Gründen Sinn. Denn obwohl die Eselspinguinen gegenwärtig nicht als gefährdet gelten, könnte eine Neueinteilung diesen Status ändern. «Es gibt Hinweise, dass die nördlichen Populationen sich weiter nach Süden ausbreiten im Zuge des sich erwärmenden Klimas. Daher müssen wir sie (die Pinguine) genau beobachten», sagt Dr. Younger dazu. Doch so einfach, wie es sich anhört, ist die Etablierung neuer Arten nicht. Ein internationales Komitee von Experten werden sich nun die Ergebnisse und die gesamte dazugehörende Literatur einer genauen Prüfung unterziehen. Danach wird darüber entschieden, ob man aus einer Art nun vier machen will. Diese Prüfung wird sich eine Weile hinziehen, da vor allem auch die genetischen Daten und die Statistiken beziehungsweise die Methoden genau geprüft werden müssen, traditionell die Bereiche, in denen die meisten Fehler gemacht werden. Es wird also noch eine Weile dauern, bis Ornithologen und Pinguinenthusiasten sich wieder in die Antarktis oder die Subantarktischen Inseln aufmachen müssen, um ihre persönlichen Listen eventuell ergänzen zu können.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Studie: Joshua Tyler, Matthew T. Bonfitto, Gemma V. Clucas, Sushma Reddy, Jane L. Younger. Morphometric and genetic evidence for four species of gentoo penguin. Ecology and Evolution, 2020 DOI: 10.1002/ece3.6973

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