Als Argentinien 1982 die Falklandinseln überraschend besetzte, dachte die damalige militärische Führung in Buenos Aires eigentlich, dass Grossbritannien nicht eine militärische Lösung einschlagen würde. Doch die Regierung in London ging auf vollen Konfrontationskurs und Argentinien legte zum Schutz einer Invasion tausende von Landminen aus, vor allem an den Stränden. Nach Ende des Konflikts blieben diese bis 2009 gesperrt, bis die Gefahr beseitigt würde. Nun hat die mit den Räumungen beauftragte Firma alle Bereiche gesäubert und nur noch eine Mine bleibt übrig. Diese soll am Samstag bei einem offiziellen Festakt gesprengt werden.
Nach 38 Jahren soll die letzte Mine bei Gypsy Cove, nahe Stanley von einem Lotteriegewinner gesprengt werden. Danach darf ein zweiter Glückspilz den Draht offiziell durchschneiden und damit den letzten Strand für die Öffentlichkeit offiziell eröffnen. Ganz nach britischer Manier sollen dann ein Cricket-Spiel und ein Fussballspiel am Strand durchgeführt werden. Wer dies Sprengung lieber vom Wasser aus beobachten möchte, kann dies auch tun, wie die Hafenbehörde bekanntgemacht hat. Abends soll dann noch eine Feier den Jubeltag abschliessen. So sieht es der Plan der Falklandregierung vor, um diesen historischen Moment entsprechend zu feiern. Interessanterweise äusserten die Behörden für den Samstag aber dennoch eine Warnung für die Strandbesucher: Man solle Rücksicht auf die Pinguine nehmen und den Abstand zu den Bauten und den Tieren gewährleisten.
„Das ist eine enorme Leistung für die Inseln und wir müssen dem brillianten Team von Minenräumern Respekt zollen.“
Wendy Morton, Ministerin für Europäische Nachbarschaft und Amerika
Auch die britische Regierung ist von der Nachricht, dass ihr Überseegebiet endlich von der Plage der Landminen befreit ist, begeistert. Denn 1997 hatte Grossbritannien die Ottawa-Konvention unterzeichnet. Diese verbietet die Nutzung, Ansammlung, Produktion und Weitergabe von Anti-Personen-Minen. Die Ministerin für Europäische Nachbarschaft und Amerika Wendy Morton meint gegenüber der Presse: «Das ist eine enorme Leistung für die Inseln und wir müssen dem brillianten Team von Minenräumern Respekt zollen, die jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen, um Landminen zu entfernen und zu zerstören und so die Falklandinseln sicher machen.».
„Für Argentinien hätte dieser Prozess gemeinsam durchgeführt werden müssen.“
Daniel Filmus, argentinischer Minister für die Malwinen, Antarktisgebiete und Südatlantik
Auf der anderen Seite hat Argentinien durch Daniel Filmus, den Minister für die Malwinen, antarktischen Gebiete und Südatlantik öffentlich den Alleingang Grossbritanniens in der Frage der Minen kritisiert. Man hätte dieses Problem gemeinsam lösen sollen. Man habe schliesslich das Problem auch gemeinsam dem Ottawa-Gremium präsentiert. Man habe aber der britischen Regierung jetzt vorgeschlagen, eine gemeinsame Präsentation zur Minenräumung an der nächsten Konferenz der Konventionsstaaten abzuhalten, damit Argentinien auch bestätigt werden würde, seine Verpflichtung der Ottawa-Konvention eingehalten zu haben. Doch eine Antwort aus London sei bisher ausgeblieben, moniert der Minister. „Argentinien strebt an, dass die Abschlusspräsentation gemeinsam durchgeführt werden kann und auf diese Weise dem humanitären Zweck der Minenräumung entspricht“, und gleichzeitig „hört Großbritannien auf die UN-Resolution und den Aufruf der meisten Länder der Welt, die Souveränitätsverhandlungen wieder aufzunehmen“, sagte Minister Filmus.
Eigentlich war das Programm am 10. Oktober mit dem Auffinden der letzten Mine beendet. Um aber den historischen Moment richtig begehen zu können, wurde nun noch ein Monat mit Vorbereitungen verbracht. Und das war auch kein Problem, denn die Falklandinseln mussten mehr als 38 Jahre auf diesen Moment warten. Erst 2009 begann die Spezialfirma SafeLane Global mit der Räumung. Dabei kam ein Team aus Simbabwe zum Einsatz. CEO Adam Ainsworth meint dazu: «Als Firma könnten wir nicht stolzer auf unsere Minenräumer sein, die ihr Leben riskiert haben, um die Falklands von dieser explosiven Gefahr zu befreien. Wir werden auch für immer den Menschen auf den Falklandinseln dankbar sein, die uns 11 lange Jahre willkommen geheissen und zu uns geschaut haben, die es brauchte, um über 20’000 Minen sicher zu entsorgen.»
Der Konflikt um die Falklandinseln, der 1982 mit bewaffneten Mitteln ausgetragen worden war, schwelt schon lange zwischen Argentinien und Grossbritannien. Doch vor der Invasion am 2. April 1982 war er rein rhetorischer Natur. Erst der argentinische Angriff liess die britische Regierung mehr Augenmerk auf die Inseln im Südatlantik legen, die Befreiung wurde zur Chefsache und sicherte Margret Thatcher das politische Überleben während es den Sturz der Militärjunta in Argentinien beschleunigte. Zwischen den Fronten standen und stehen immer noch die rund 2’700 Einwohner des Archipels, die den 14. Juni 1982, den Befreiungstag, als wichtigstes Datum in ihrem Kalender sehen. Vielleicht wird der 14. November 2020 mindestens einen ebenso hohen Stellenwert erhalten.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal