COVID-19 erreicht auch abgelegene Polargebiete | Polarjournal

UPDATE: ZWEITER FALL AUF DEN FALKLANDINSELN
Wie wir soeben erfahren haben, ist ein zweiter Fall eines Bewohners der Falklandinseln bekanntgeworden. Die entsprechende Person ist bereits in Quarantäne. Die Person war am Montag aus Grossbritannien zurückgekehrt und war bei der Rückkehr getestet worden. Da alle Rückkehrer aus dem Ausland automatisch sich in Quarantäne begeben und ein zweites Mal testen lassen müssen, war eine Gefahr für die restliche Bevölkerung nicht gegeben. Dr. Rebecca Edwards, die Gesundheitsbeauftragte der Regierung, erklärte auch, dass das Track-and-Trace-Prinzip funktioniert habe und alle Mitreisenden des Fluges bereits informiert und ebenfalls in Quarantäne seien, inklusive auch das Personal am Flughafen. Barry Rowland, der Chief Executive der Falklandinseln, kündigte neue Quarantäneregeln ab kommenden Montag an.

In Nunavut sind nun auch direkt in der Bevölkerung 3 Fälle von COVID entdeckt worden. Die Gesundheitsbehörden sind besorgt, da an vielen Orten keine Krankenhäuser, sondern nur medizinische Stationen vorhanden sind. Das grösste und bestausgerüstete Krankenhaus steht in Iqaluit.

Die COVID-Pandemie hatte zu Beginn der globalen Verteilung Anfang des Jahres nur wenige Regionen nicht erreicht. Die meisten davon waren in den Polargebieten. Einreisestopps für ausländische Personen und Lockdowns wurden ausgesprochen. Die nationalen Behörden versuchten so, das Problem der geringeren medizinischen Versorgung zu umgehen. Mit Erfolg, hatten doch die Falklands, Nunavut, Svalbard und Grönland keine oder nur wenige Fälle in der Bevölkerung. Doch nun hat sich die Situation, wie in vielen anderen Ländern, auch hier geändert und die ersten Fälle sind aufgetaucht.

Die Falklandinseln meldeten den ersten positiv getesteten Bürger in Stanley am vergangenen Dienstag. In Nunavut wurden seit letztem Freitag insgesamt 3 Fälle von COVID an zwei Orten in der Bevölkerung gemeldet. Und in Grönland wurde am Mittwoch wieder ein neuer Fall in Aasiaat, südlich von Ilulissat, entdeckt, womit dort die Zahl auf insgesamt 17 seit Ausbruch der Pandemie anstieg. Alle COVID-positiv getesteten Einwohner sind in Quarantäne und mussten noch nicht hospitalisiert werden. Trotzdem beurteilen die jeweiligen Gesundheitsbehörden die Situation als bedenklich. Denn die Fälle in Nunavut sind in kleinen Gemeinden westlich und südlich der Hauptstadt Iqaluit und damit weiter weg vom bestausgerüsteten Krankenhaus in Nunavut. Und auch in Grönland machen die Behörden darauf aufmerksam, dass nun innerhalb kürzester Zeit 3 Fälle aufgetaucht sind.

Der 3’600 Einwohner zählende Ort Rankin Inlet und die kleinere Gemeinde Sanikiluaq liegen zwischen 1’000 und 1’200 Kilometer von der Hauptstadt Iqaluit entfernt. Zwar verfügen beide Orte über Flugplätze, doch Sanitätsflieger, die für Transporte von schweren COVID-Fällen ausgerüstet wären, sind rar. Daher haben die Ortsbehörden strikte Massnahmen an den Orten verhängt. Karte: Google Maps

Um zu verhindern, dass sich das Virus nun weiter ausbreitet, haben die lokalen Behörden in Rankin Inlet einen teilweisen Lockdown verordnet und die Bevölkerung aufgerufen, sich nur aus dem Haus zu begeben, wenn unbedingt notwendig. Schulen und College bleiben geschlossen und Läden haben Beschränkungen der Kundenzahlen angegeben. Die Gesundheitsbehörden Nunavuts raten vor Reisen nach Rankin Inlet und Sanikiluaq dringend ab. Eine weitere Krankenschwester für Rankin Inlet sei bereits organisiert und man beobachte die Situation eingehend, erklärte der Gesundheitsverantwortliche Dr. Michael Patterson. Für Sanikiluaq seien Masken geschickt worden für die Bewohner und werde es gegenwärtig eine aufmerksame Beobachtung der Situation geben.

Die Einwohner von Stanley müssen zumindest nicht weit für die medizinische Versorgung. Das King-Edward-Memorial-Hospital ist seit Frühjahr ausgerüstet, auch schwerer Fälle zu behandeln, falls nötig. Doch die Regierung setzt vor allem auf Hygiene und Eigenverantwortung der rund 2’100 Einwohner. Bild: Michael Wenger

Auch die Behörden der Falklandinseln haben Massnahmen bekanntgegeben, um eine Ausbreitung zu verhindern. Doch im Gegensatz zu Rankin Inlet ist ein Lockdown gegenwärtig nicht im Gespräch. Vielmehr setzt man auf die Eigenverantwortung und rät, die Hygienemassnahmen zu befolgen und aufmerksam zu bleiben. Es bestehe aber noch kein Grund, Zusammentreffen abzusagen oder Schliessungen vorzunehmen. Damit können die Feierlichkeiten für die Minenräumung trotzdem stattfinden. Aber Reisen auf die Inseln sind immer noch mit strengen Quarantäneauflagen und Einschränkungen bei der Einreise in Bezug auf Personenzahlen verbunden.

In Grönland sind seit Ausbruch de Pandemie lediglich 17 Personen positiv getestet worden bei knapp 12’000 Tests. Grönland hat aber auch sehr schnell massive Einschränkungen im öffentlichen Leben und bei den Einreisen verhängt. Gegenwärtig sind Flüge aus dem Ausland eingeschränkt. Die positiven Fälle kommen alle aus Dänemark. Symbolbild: OSchauf_Wikipedia_CC-BY-SA 3.0

In Grönland sind die jetzt aufgetauchten Fälle ein Warnsignal für Reisen von und nach Dänemark. «Wir haben klar gesehen, dass der Infektionsdruck auch in Grönland ist. Das ist eine logische Konsequenz der weitverbreiteten Infektionen in Dänemark», erklären die Gesundheitsbehörden. Die Gesundheitsbehörden haben die positiven Fälle isoliert und appellieren nochmals eindringlich, die Hygienevorschriften einzuhalten und alle nicht-essentiellen Reisen nach Dänemark abzusagen, auch an Weihnachten. Alle Einreisende nach Grönland müssen sich bei Ankunft und fünf Tage danach einem Corona-Test unterziehen und dazwischen sich in Quarantäne begeben.

Die beiden einzigen polaren Regionen, die zurzeit noch keine COVID-Fälle aufweisen sind Svalbard und die Antarktis. Symbolbilder: Michael Wenger

Mit den Fällen in Nunavut und den Falklandinseln sind nun Svalbard und die Antarktis die letzten unbelasteten Polarregionen. Reisen in die Antarktis sind nur essentiellem Stationspersonal und ausgewählten Forschern vorbehalten und es werden strenge Hygienevorschriften, Kontrollen und Quarantänen durchgeführt. Svalbard selbst ist gegenwärtig von der Aussenwelt abgeschnitten, da die norwegische Regierung vor allen nicht-essentiellen Reisen im Inland warnt und gegenwärtig seine Grenzen geschlossen hat. Ausserdem wurde das Gesetz für mögliche Restriktionen aufgrund von COVID-19 bis zum 1. Juni 2021 verlängert. Trotzdem befürchten die Behörden in Longyearbyen, dass es nicht mehr eine Frage des «ob», sondern des «wann» sei, bis das Virus den Archipel erreicht habe. Es bleibt zu hoffen, dass die Antwort darauf «Gar nie» ist.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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