COVID-Zahlen in Nunavut weiterhin steigend | Polarjournal
In Arviat an der Westküste der Hudson Bay sind die meisten COVID-Fälle registriert worden. Trotz des Lockdowns letzten Mittwoch ist die Zahl auf 98 bekannte Virusinfektionen gestiegen. Durch den Lockdown ist die Schule (Bild), öffentliche Gebäude und Restaurants geschlossen, die Geschäfte dürfen nur beschränkt arbeiten. Bild: (C)eanoee – John Arnalukjuak School, CC BY 2-0

Nunavut musste vor knapp zwei Wochen seine ersten COVID-Fälle innerhalb der Gemeinden verzeichnen. Dies, nachdem die arktische Region lange Zeit das Virus von seinen Bürgern hatte fernhalten können, indem man Einreisebeschränkungen, Hygiene- und Abstandsmassnahmen und Quarantänepflicht eingeführte hatte. Auch ein Lockdown im März hatte dazu beigetragen. Doch nun steigen in den vier betroffenen Gemeinden die Zahlen weiterhin an und eine Entspannung wird noch nicht erwartet.

Der Leiter der Gesundheitsbehörde, Dr. Michael Pattinson, erklärte dies gestern Morgen an einer Pressekonferenz, wie Nunatsiaq News berichtet. «Es ist unvermeidbar, dass wir noch weitere positive Ergebnisse in den nächsten Tagen erleben werden», erklärte er. Seiner Meinung nach werde es noch bis Ende dieser Woche oder Mitte nächster Woche dauern, bis der Lockdown seine Wirkung zeige und die Zahlen wieder sinken könnten. Der Lockdown, der am 18. November ausgerufen worden war, wird noch bis zum 2. Dezember in Kraft bleiben.

Die Hauptstadt der Provinz Manitoba mit ihren rund 770’000 Einwohnern ist für viele Bewohner Nunavuts der bevorzugte Ort für medizinische Versorgung. Von Winnipeg aus sind vor allem die Ortschaften im Westen Nunavuts leicht erreichbar, während die östlichen Gemeinden vor allem von Ottawa aus mit Flugzeugen erreicht werden. Bild: Annina Egli

Immer noch ist unklar, wie das Virus überhaupt nach Nunavut gelangt sein könnte. Die Vermutung bleibt, dass Leute aus Winnipeg das Virus aus dem Isolationsort in Winnipeg mitgebracht haben könnten. Alle Einwohner Nunavuts müssen dort zuerst in Quarantäne, bevor sie nach Hause zurückfliegen dürfen. Ausnahmen sind die Mitarbeiter von wichtigen Einrichtungen. Zurzeit überprüfen die Behörden von Nunavut und der Provinz Manitoba (in der Winnipeg liegt) sämtliche Aspekte der Isolationsorte in Winnipeg. Dies sind mehrere Hotels, in denen die Einwohner ihre Quarantäne verbringen müssen. Auch in Ottawa sind solche «Hubs» für Quarantänen eingerichtet worden. In den vergangenen Wochen wurden mehrere Fälle von unhygienischen Zuständen und schlechtem Service in solchen Hotels bekannt.

Die vier von COVID-betroffenen Orte liegen allesamt an der Küste der Hudson Bay. Am stärksten betroffen ist (Stand 23/11/20): Arviat mit 98 Fällen, Rankin Inlet mit 18, Whale Cove mit 16. Sanikiluaq hat mittlerweile keine bekannten Fälle mehr, bleibt aber unter Beobachtung. Bild: Google Maps, Zahlen: Nunatsiaq News

Die Zahlen, die Dr. Pattinson und Premier Joe Savikataaq am Montag präsentiert hatten, zeigen, dass das Virus immer noch in drei der vier betroffenen Orte umgeht. Vor allem in Arviat steigen die Fallzahlen trotz Lockdown immer noch an. Von letztem Mittwoch, als der Lockdown in Kraft trat, bis gestern Montag stieg die Zahl von 54 auf 98 positive Fälle. Die genauen Ursachen der immer noch steigenden Fallzahlen können die Behörden zurzeit nur erahnen. Das «Contact Tracing» in Nunavut funktioniert zwar. Doch es ist nicht klar, ob das Virus in Arviat nur zwischen Menschen mit direktem Kontakt oder in der Gemeinde frei zirkuliert.

(Archivbild): Seit einiger Zeit ist auf das Problem der Wohnungen in Nunavut aufmerksam gemacht worden. Viele Häuser, in denen ganze Familien leben, sind zu klein und zu alt für eine adäquate Unterbringung. Doch bezahlbarere Wohnraum ist knapp. Und das verstärkt in Zeiten, wo Abstand und Quarantäneräume notwendig sind, das Problem. Bild: Michael Wenger

Klar ist aber, dass die Unterkunftssituation in Arviat mitschuldig ist an der Ausbreitung. Denn in Nunavut herrscht schon seit langem eine «Housing»-Krise. Viele Wohnungen und Häuser sind in einem schlechten Zustand und sollten dringend renoviert werden. Ausserdem leben zuviele Menschen in einzelnen Wohnungen, da zu wenige bezahlbare Wohnungen und Häuser in Nunavut zu finden sind. Auch Michael Pattinson ist dieser Meinung und eine einfache Lösung gibt es nicht in Bezug auf positive Fälle in Quarantäne zu setzen. Denn die Gefahr, das Virus in bisher COVID-freie Haushalte zu transportieren, sei so noch grösser. Also belässt man positive Fälle in Haushalten, in denen nicht alle krank sind und setzt diese dem Risiko einer Infektion aus. Auch die Kontakte innerhalb der Einwohner von Gemeinde ist aufgrund des Lockdowns und Quarantäne nicht auf Null gegangen. Denn Nahrungspakete werden gebracht und man achtet auf seine Nachbarn. Doch damit wird auch die Infektion vergrössert. Abhilfe sollen Pakete schaffen, die direkt von den Behörden geliefert werden und von Freiwilligen oder der Feuerwehr verteilt werden sollen. So soll es einfacher sein, direkte Kontakte zu vermeiden und die Nachverfolgung zu vereinfachen ohne dass jemand hungrig bleibt.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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