Der nur 6 Zentimeter grosse Krill ist die wohl wichtigste Tierart im Südlichen Ozean. Denn von den kleinen Krebsen ernähren sich praktisch alle anderen grösseren Tierarten wie Pinguine, Robben und Wale. Die Bedeutung von Krill ist aber nicht nur als Nahrungsquelle hoch, sondern auch bei der Fixierung von CO2 aus der Atmosphäre. Denn die Krebse fressen Algen und die Fäkalien fallen als Pellets auf den Meeresboden, wo sie ungestört den Kohlenstoff gebunden halten. Nun haben Forscher des British Antarctic Survey herausgefunden, dass noch ein anderer Teil der Krebse ein wichtige Kohlenstoffsenke ist: Ihr Panzer.
«Krill sind wirklich ungewöhnliche Krebstiere, da sie sich so häufig häuten»,
Prof. Geraint Sterling, British Antarctic Survey
Die Krebstiere müssen nämlich ab dem Frühling, wenn sie wieder mit dem Fressen von Algen beginnen, rund alle zwei Wochen ihren Panzer neu bilden, da der alte Panzer für sie zu klein wird. Der alte Panzer wird also abgestossen und sinkt dann auf den Meeresboden ab, wo er verbleibt. So ist der Kohlenstoff, der einen Bestandteil des Baumaterials darstellt, gebunden und ist nicht mehr in der Atmosphäre. Die Forscher rund um Dr. Clara Manno von der BAS haben herausgefunden, dass so grosse Mengen an Kohlenstoff gebunden und gelagert werden. Bis zu 300 Kilogramm Kohlenstoff könnte die ganze Menge an Krill (rund 380 Millionen Tonnen) pro Tag so aus der Atmosphäre auf den Meeresboden transportieren, schreiben die Wissenschaftler. «Krill sind wirklich ungewöhnliche Krebstiere, da sie sich so häufig häuten», erklärt der Mitautor der Studie, Professor Geraint Sterling von der BAS.
Das Forschungsteam betrachtete jedoch nicht nur die Panzer, sondern berechnete auch, wie hoch der Mengen der verschiedenen Krillanteile (Panzer, Fäkalienpellets und Kadaver) an der gesamten Menge an organisch gebundenem Kohlenstoff ist, der auf den Meeresboden absinkt. Und hier zeigte sich Überraschendes: Pro Jahr machen die drei Teile rund 87 Prozent der gesamten Menge an sogenanntem POC (particulate organic carbon) pro Quadratmeter Ozean aus. «Das sind aufregenden Neuigkeiten, da sie die bisherigen Schätzungen der durch Krill auf den Meeresboden transportieren Mengen von Kohlenstoff praktisch verdoppeln,» jubelt Dr. Clara Manno. Im Sommer sind es vor allem die Panzer, da zu dem Zeitpunkt die Tiere durch die hohe Nahrungsaufnahme schnell wachsen. Im Herbst sind es die Fäkalienpellets, da die Krillkrebse ihr Wachstum drosseln und sich auf den Winter vorbereiten. In Winter und Frühling sind es dann vor allem die toten Tiere, die entweder altersbedingt (Krill kann bis zu sechs Jahre alt werden) oder durch zu wenig Reserven verendet sind.
Neben Südgeorgien sind auch andere Bereiche der Scotia-See und die antarktische Halbinsel wichtige Krillgebiete. Auch das Rossmeer und einige subantarktische Inseln zählen zu den ökologisch wichtigen Regionen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in den Regionen auch die höchsten Dichten an Pinguinen, Robben und Walen zu finden sind. Doch die Forscher warnen in ihrer Arbeit auch. Denn diese Gebiete sind akut von Erwärmung und Eisrückgang bedroht, was wiederum nicht nur die Lebensgrundlage der antarktischen Tiere beeinflusst, sondern auch die Fähigkeit des Südlichen Ozeans, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden. Denn andere Studien haben gezeigt, dass dank dem Südlichen Ozean der Anstieg der Kohlendioxidmengen in der Atmosphäre gedämpft worden war. Jetzt wissen wir, dass das kleine Krebstier dabei eine wichtigere Rolle gespielt hat, als bisher angenommen.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal