Russland baut neue «Wostok»-Station | Polarjournal
Geplant war, bis in etwa drei Jahren die neue «Wostok»-Station bezugsbereit zu machen und den Forschern beste Möglichkeiten für ihre Arbeit anzubieten. MIt dem Ausfall des Eisbrechers «Sevmorput» dürfte es ein Jahr später soweit sein. (Foto: Novatek)

Die russische «Wostok»-Station ist ein Außenposten der russischen Wissenschaft auf dem antarktischen Kontinent. «Wostok» wurde 1957 gegründet und die ersten Einrichtungen liegen nun nach über 60 Jahren unter tiefem Schnee. Nach Schätzungen haben sich die Unterhaltskosten der alten Station und der Verschleiß in einem sehr hohen Bereich angesiedelt. In Bezug auf Effizienz und Bequemlichkeit des Lebens liegt die heutige «Wostok»-Station bereits weit hinter seinen ʹNachbarnʹ zurück. Durch den Ausfall des Transport-Eisbrechers «Sevmorput» wegen eines Propellerbruchs am Hauptantrieb konnten die Bauteile für einen Neubau nicht angeliefert werden. Deshalb dürfte die Fertigstellung der Polarstation um ein Jahr verzögert erfolgen.

Vor dem Transport in die Antarktis wurde die Station aufgebaut und auf ihre Funktion überprüft. (Foto: Novatek)

Die Bauteile und Module werden mit dem Cargo-Eisbrecher «Sevmorput» zur Progress-Station an der Küste der Prydz-Bucht gebracht. Dort werden die Module der neuen Station entladen und mit Traktoren an die Küste transportiert. Nach vorläufigen Schätzungen wird das Entladen etwa zwei bis drei Wochen dauern. Anschließend wird die gesamte erforderliche Fracht zur «Wostok»-Station geliefert. Die Entfernung für diesen anspruchsvollen Transport von «Progress» bis nach «Wostok» beträgt 1.400 km, zudem liegt die Station auf 3.480 Metern über Meer. Der Transport ins Binnenland wird auf Transportschlitten von Traktoren gezogen. Diese Arbeiten und die Installation des Stationskomplexes sollten in der antarktischen Sommersaison, von November bis Februar, in den nächsten drei Jahre bis 2023 durchgeführt werden. So war es mal geplant! Durch den Ausfall der «Sevmorput» im November 2020 wurde das Ganze um ein Jahr nach hinter geschoben, sodass die Station nicht vor dem Jahr 2024 bezugsbereit sein wird.

Transportlogistik in der Antarktis

In der Antarktis wurde bereits eine Reihe von Vorarbeiten durchgeführt. So wurden Schlitten-Raupen-Fahrten organisiert und auf der Hauptroute Treibstoffbasen angelegt und so die Voraussetzung für die Lieferung der komplexen Elemente von der Küste der Antarktis zur Baustelle geschaffen. Bauteile und Module der neuen Station werden mit mehr als zwei Dutzend Traktoren und schweren Transportplattformen auf Skiern transportiert. Je Schlitten können Lasten mit einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen transportiert werden.

Der Wohnraum für die Forscher und Techniker auf der «Wostok»-Station macht einen modernen und frischen Eindruck. (Foto: Novatek)

Der neue Stationskomplex wird den Polarforschern eine komfortable Unterkunft bieten. In der Sommersaison gibt es Platz für 35 Personen und 15 Personen für die Überwinterung. Es ist vorgesehen ein Lager für eine zweijährige Versorgung mit Kraftstoff und Lebensmitteln einzurichten. Die Station wird auf 3 Meter hohen Stützen stehen, so dass sie viele Jahre lang nicht ‘eingeschneit’ wird.

Alle Einrichtungen sind durch einen zentralen Korridor miteinander verbunden. (Foto: Novatek)

Theoretisch ist hier auch «Weltraum»-Forschung möglich. Die Antarktis hat extreme klimatische Bedingungen, außerdem sind die Menschen hier lange Zeit völlig isoliert. Dies ist der Situation auf langen Weltraumexpeditionen sehr ähnlich, was bedeutet, dass Sie trainieren und sich auf solche Flüge vorbereiten könnten.

„Die Renovierung und Neubauten der russischen Antarktisstationen erfolgt auf Anordnung des Präsidenten Wladimir Putin. Das Hauptziel des neuen Überwinterungskomplexes an der «Wostok»-Station ist die Stärkung der Position der russischen Wissenschaft in der Antarktis“, sagte Viktoria Abramchenko, Ministerin für natürliche Ressourcen und Umwelt der Russischen Föderation.

Die alte Station ist in die Jahre gekommen und liegt teilweise unter dem Schnee. Nur Bauten aus den 1980er Jahren sind noch an der Oberfläche zu erkennen. Zudem ist die Technik nicht mehr auf dem heutigen Stand. (Foto: Alexey Ekaikin)

Die Wostok Station wurde am 16. Dezember 1957 eröffnet.

Im Moment ist es die einzige russische Antarktisstation im Innern des Kontinents. Seit seiner Eröffnung wurde die Station in den Jahren 1974 und 1982 zwei Mal renoviert. Die Infrastruktur der Anlage muss derzeit komplett ausgetauscht werden. Alte Gebäude sind nicht nur in einem schlechten Zustand, sondern auch teilweise oder vollständig 3 – 5 Meter unter Schnee begraben.

Die «Wostok»-Station befindet sich 1.287 km vom geographischen Südpol entfernt.  Die am nächst liegende Küste ist 1.260 km entfernt und zur «Mirny»-Station sind es 1.410 km.

Am 21. Juli 1983 wurde mit −89,2 °C die bisher tiefste Temperatur gemessen. Am 23. Juli 2004 wurde nordwestlich der Forschungsstation durch Satellitenmessungen eine Oberflächentemperatur von −98,6 °C registriert, diese wurde aber nicht als Rekord anerkannt.

Ein Denkmal beim Eingang zum Hauptgebäude erinnert an den Gründer der «Wostok»-Station Alexei Treshnikov. (Foto: Alexey Ekaykin)

Andrei Kapiza, ein Wissenschaftler auf der «Wostok»-Station, entwickelte bereits Ende der 1950er Jahre die These über die Existenz eines Sees unter der Station, konnte sie aber nicht beweisen. Erst an Weihnachten 1974 wurde diese These durch ein schottisches Team erhärtet, dem bei der radargestützten Untersuchung der Gletscheroberfläche ein besonders ebener Bereich aufgefallen war. Die Existenz des Sees wurde 1996 durch ein russisch-britisches Team durch Kombination verschiedener Daten zweifelsfrei bestätigt, unter anderem durch luftgestützte Radarmessungen, die tief ins Eis hineinreichten, weltraumgestützte Radar-Höhenmessungen und Analyse erzeugter seismischer Wellen.

Aufgrund seiner Lage tief unter dem Eis handelt es sich beim Wostok-See um den wohl unberührtesten und ursprünglichsten See der Erde. (Grafik: Nicolle Rager-Fuller / NSF)

Der Wostoksee ist der größte von mehr als 370 bisher bekannten subglazialen Seen unter dem Eis und erstreckt sich von der namensgebenden russischen Wostok-Station fast 250 Kilometer nach Norden, ist 50 Kilometer breit und hat eine Wassertiefe von bis zu 1200 Metern. Der Süßwassersee liegt in einer Tiefe von 3700 bis 4100 Meter unter dem Eisschild.

Heiner Kubny, PolarJournal

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