Die Augen aus dem All, sprich Satelliten, sind heute aus der wissenschaftlichen Welt kaum mehr wegzudenken. Mit ihrer Hilfe können globale Phänomene und deren Wirkungen genau beobachtet werden. Damit können Experten dann die Ursachen untersuchen. Auch der Permafrost kann mit Satellitenhilfe global aufgenommen und seine Entwicklung genau beobachtet werden. Dies hat eine internationale Forschungsgruppe erstmalig mithilfe einer über 20 Jahre dauernden Datenreihe erreicht.
«Die durchschnittlichen Bodentemperaturen steigen mit einer Rate von einem Grad Celsius pro Jahrzehnt in den Aufzeichnungen»
Dr. Annett Bartsch, B.geos & Austrian Polar Research Institute
Dank der von der ESA mit ihren Satelliten erstellten und zur Verfügung gestellten Daten konnten die Temperaturen und das Ausmass der Permafrostregionen auf der Nordhalbkugel zwischen 1997 und 2018 genau kartografiert werden. Dabei setzten die Forscher auf die Temperaturen von 10 Metern Tiefe bis in die aktive Schicht des Permafrostbodens. Dies ist derjenige Bereich, der im Sommer auftaut erst mit dem Zurückgang der Temperaturen wieder gefriert. Die Resultate der Forschungsgruppe zeigen, dass die Temperaturen regional unterschiedlich ansteigen und das Auftauen der Permafrostschicht verstärken. «Die durchschnittlichen Bodentemperaturen steigen mit einer Rate von einem Grad Celsius pro Jahrzehnt in den Aufzeichnungen», erklärt Dr. Annett Bartsch vom österreichischen Polarinstitut APRI und Leiterin von B.geos, einer Firma für Fernerkundung.
Die Aufzeichnungen zeigen auch, nach Angaben von Dr. Bartsch, dass beispielsweise Gebiete wie der russische Ferne Osten und die Nordwestküste Kanadas nahe an der Beaufortsee viel höhere Temperaturanstiege aufweisen, als andere Regionen. Dies sind auch die Orte, an denen die Küstenerosion und das Auftauen des Permafrosts viel stärker sind als in anderen Gebieten. Dies hängt auch miteinander zusammen, denn der Permafrost hält eigentlich den Boden zusammen. Durch das Auftauen verliert der Boden Stabilität und rutsch auf dem gefrorenen Bereich ab. Das Resultat ist verstärkte Erosion an Küsten und in den Bergen. Damit werden aber auch verstärkte Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre wieder entlassen, und zwar mehr, als aufgenommen wird, wie andere Studien gezeigt haben.
«Obwohl die Bodentemperaturen nahe bei Null Grad geblieben sind, können wir aus den Daten eine zunehmende langsame, saisonalen Bodeneisschmelze entdecken und eine Vertiefung der aktiven Schicht.»
Professor Sebastian Westermann, Universität Oslo, Abteilung für Geowissenschaften
Um diesen Datensatz erstellen zu können, griff das Team um Dr. Bartsch neben den mit Satelliten gemessenen Bodentemperaturen auch auf die Messungen über den Bewuchs und Modellberechnungen zurück. Denn Permafrost lässt sich aus dem All nicht direkt beobachten. Weiter lassen sich die Daten nicht als direktes Klimawarnsignal zu nutzen. Denn die Zeitspanne mit 21 Jahren ist zu kurz gegenüber dem international gültigen drei Jahrzehnte umfassenden Minimum, um es als solches Klimasignal zu nutzen. Trotzdem sind zum einen die Trends klar erkennbar. Dazu meint Co-Autor der Arbeit Professor Sebastian Westermann von der Universität Oslo: «Obwohl die Bodentemperaturen nahe bei Null Grad geblieben sind, können wir aus den Daten eine zunehmende langsame, saisonalen Bodeneisschmelze entdecken und eine Vertiefung der aktiven Schicht.» Zum anderen ist dieser Datensatz der gegenwärtig längste verfügbare für die Permafrostentwicklung in der Arktis. Denn immerhin umfasst die Fläche von Permafrost in der Arktis rund 18 Millionen Quadratkilometer und zieht sich über Eurasien und Nordamerika hindurch. Und nur mithilfe des Blicks von Oben ist es möglich, eine derart grosse Fläche detailliert und trotzdem im Ganzen zu überblicken. Die Daten sind für die Öffentlichkeit zugänglich und werden anderen Forschungsgruppen helfen, das Verständnis über die Auswirkungen des auftauenden Permafrostbodens zu verbessern.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal
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