Pinguine in der Antarktis sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern gelten auch als Indikatoren für den Zustand des Südlichen Ozeans. Denn die ikonischen Vögel sind direkt von Meeresorganismen als Nahrungsgrundlage abhängig, sei es Krill, Fisch oder andere Tiere. Deswegen wäre es auch wichtig, Meeresschutzgebiete an den richtigen Orten einzurichten und zu unterhalten. Eine Studie zeigt nun, dass mit der Umsetzung aller geplanten Schutzgebiete die verschiedenen Pinguinarten zwischen 49 und 100 Prozent geschützt würden.
Das Team, das unter andere, aus Wissenschaftlern der British Antarctic Survey (BAS), des Universität East Anglia und BirdLife International bestand, kam zu diesem Ergebnis, nachdem sie die Standorte von Kolonien, Populationsgrössen und Verfolgungsdaten ausgewertet hatten. So konnten sie zeigen, wo sich die Pinguine am häufigsten aufhalten. Dabei kamen sie auf 63 Stellen rund um Antarktika. Diese Daten glichen sie mit den Gebieten für Krillfischerei ab und zeigten so, dass die bevorzugten Stellen mit denjenigen der Pinguine sich überschnitten. „Unsere Ergebnisse liefern wichtige Beweise für den Lage und die Relevanz einiger der weltweit wichtigsten Gebiete erwachsener Pinguine, die in der Antarktis und auf nahe gelegenen Inseln brüten“, sagte der Hauptautor Dr. Jonathan Handley von Birdlife International. Diese Gebiete sind aber auch diejenigen, die an den Treffen der CCAMLR (Kommission zum Schutz der antarktischen lebenden Meeresressourcen) zwar vorgeschlagen, aber von einzelnen Ländern wie Russland abgelehnt werden. Die Ergebnisse der Studie zeigen nun zum ersten Mal, wie gross die Schutzfunktion der Schutzgebiete wäre und wurden nun in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Frontiers in Marine Science veröffentlicht.
Für ihre Studie untersuchten das internationale Team die vier rund um Antarktika vorkommenden Pinguinarten: Kaiser-, Adélie-, Zügel- und Eselspinguin. Während Adélies und Zügelpinguine zwar dieselbe Nahrungsquelle (Krill) aufweisen, aber sich unterschiedlich weit von ihren Brutgebieten auf Nahrungssuche begeben, sind Kaiserpinguine in erster Linie an Fischen und Kalmaren interessiert und Eselspinguine eher Generalisten, die neben Krill auch andere Meeresorganismen jagen. Damit konnten die Forscher der Vielfalt des antarktischen Meeres Rechnung tragen. Der Vergleich mit den Gebieten, in denen nach Krill gefischt wird, zeigte, dass in den vergangenen fünfzig Jahren die Fanggebiete zwar weniger wurden, aber dafür zuviel Krill in den von den Pinguinen genutzten Regionen gefangen wird im Verhältnis zu Gesamtfläche. Dies bedeutet eine Gefahr für die Pinguinarten in ihren bevorzugten Nahrungsgebieten. Experten machen seit Jahren darauf aufmerksam, dass die Krillfischerei in der Antarktis einen zusätzlichen Druck auf die antarktische Tierwelt ausübt. «Neue Studien haben gezeigt, dass Krillfischerei direkt mit den Pinguinen um kritische Nahrungsressourcen konkurrieren», erklärt Dr. Aldina Franco von der Universität East Anglia, Mitautorin der Studie. «Die vorgeschlagenen Meeresschutzgebiete, die Go/NoGo Gebiete für die Krillfischerei ausweisen, können helfen zu garantieren, dass genügend Krill für die Pinguine vorhanden wäre.»
Tatsächliche Schritte zur Etablierung von Schutzgebieten werden durch die wirtschaftlichen Interessen einzelner Länder aufgrund der Krillfischerei gebremst. Vor allem Russland und China haben in den vergangenen Jahren immer wieder an den Sitzungen der CCAMLR ihr Veto eingelegt. Da Entscheidungen in der Kommission einstimmig fallen müssen, wurden so die neuen Schutzgebiete immer wieder abgelehnt. Und die bereits eingerichteten Schutzgebiete sind nicht besonders hilfreich für die Pinguine. Je nach Art haben die Forscher in ihrer Studie massive Unterschiede festgestellt. Für Adélies beispielsweise liegen nur 27 Prozent der für sie wichtigen Gebiete in den Schutzzonen, für Zügelpinguinen sind es sogar nur 1 Prozent und für Eselspinguine gar keins. Letzteres hängt aber damit zusammen, dass Eselspinguine nicht wirklich eine Antarktisart sind, sondern wahrscheinlich im Zuge der Erwärmung der antarktischen Halbinsel sich dort langsam ausbreiten. Dabei nehmen sie die Plätze ein, die von den verwandten Zügel- und Adéliepinguinen verlassen werden. Das Autorenteam schreibt in ihrer Arbeit, dass bei einer Einrichtung aller geplanten Schutzgebiete durchschnittlich 80 Prozent der für Pinguine wichtigen Gebiete innerhalb der Schutzzonen liegen würden. Und dies wäre für die Ikonen der Antarktis mal gute Neuigkeiten.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal