Forscher finden im arktischen Ozean immer wieder Neues, bisher Unbekanntes, seien es Tierarten, Verhalten oder physiologische Prozesse. Doch was zwei US-amerikanische Wissenschaftler bei einer eigentlich bisher als eher unspektakulären Fischart entdeckt haben, dürfte als einmaliger Fund gelten: Ein Fisch, der zum einen durch Licht biofluorseziert und zum anderen dabei nicht nur in einer Farbe leuchtet, sondern gleich zweifarbig.
Die beiden Fischforscher John Sparks und David Gruber vom American Museum of Natural History entdeckten diese aussergewöhnlichen Fähigkeiten bei Jungfischen der Gattung Liparis gibbus, die zu der Gruppe der Scheibenbäuche gehört. «Wir waren sehr überrascht, dass diese jungen Scheibenbäuche hell fluoreszierten, und zwar nicht nur in einer, sondern gleich zwei verschiedenen Farben, was sehr ungewöhnlich ist für eine Art», erklärt John Sparks. Denn nach Angaben der beiden Experten ist schon alleine die Tatsache, dass die Fische fluoreszieren, bemerkenswert, da diese Fähigkeit bei arktischen Arten kaum bekannt ist. In ihrer Studie verglichen sie die jungen Gibbus-Fische mit erwachsenen Tieren einer verwandten Art und fanden heraus, dass die letzteren nur in rot leuchten, nicht in grün. Die Ergebnisse der Studie der beiden Wissenschaftler wurde im Fachblatt American Museum Novitates veröffentlicht, inklusive einem Video.
Im Gegensatz zu Bioluminiszenz, welche die Fähigkeit zur Lichtaussendung ohne äussere Quelle beschreibt, benötigen Arten mit Biofluoreszenz eine externe Lichtquelle, um zu leuchten. Bei tropischen Tierarten ist diese Fähigkeit bekannt. Doch Sparks und Gruber wollten untersuchen, wie es sich bei arktischen Tierarten verhält. Denn in der Arktis gelten extremere Lichtbedingungen als in den Tropen. «Die Lichtverhältnisse an den Polen sorgt für Wintermonate mit nahezu völliger Dunkelheit, in denen die Biofluoreszenz nicht funktionsfähig wäre», sagte Gruber. «Aber angesichts der Sommermonate mit der Mitternachtssonne haben wir angenommen, dass sie vorhanden sein könnte.» Daher untersuchten sie in Ostgrönland in der Nähe von Tassilaq verschiedene Tierarten. Doch zu ihrer Enttäuschung zeigten sogar Fischarten, deren tropische Verwandte fluoreszieren, keine Anzeichen für eine Biofluoreszenz. Doch bei ihren Tauchgängen, auch in der Nähe von Eisbergen, stiessen die Forscher auf junge Scheibenbäuche, die leuchteten. Genauere Analysen zeigten, dass diese jungen Fische in beiden Farben aufleuchten, angeregt durch den blauen Anteil des Lichtes. Dieser Teil des Lichts wird auch erst spät im Wasser herausgefiltert. Ein Vergleich mit einer verwandten Art aus der Beringstrasse zeigte den beiden Forschern, dass die Dualität der Färbung nur bei den in Grönland entdeckten Fischen auftritt. Ein absolutes Unikum. Doch wozu diese Fähigkeit dienen könnte, ist gegenwärtig noch unklar. In Betracht gezogen werden Kommunikation oder Identifikation.
Scheibenbäuche sind eine Familie von Fischen, die mit rund 400 Arten vor allem in kalten Gewässern auftreten. Dabei sind sie sowohl in der Arktis wie auch in der Antarktis zu finden. Sie besitzen keine Schuppen, sondern eine dicke Schleimschicht und ihre Bauchflossen sind zu Scheiben verwachsen, mit denen sie sich am Untergrund anhaften können. Kommerziell haben die Fische keine Bedeutung und auch sonst ist wenig über ihre Lebensweise und ihr Vorkommen bekannt, da sie eher klein sind und bis in grosse Tiefen (> 8’000 Meter) vorkommen können.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal