Pinguine begeistern nicht nur durch ihre Fähigkeit, aufrecht zu gehen. Auch die Tatsache, dass diese Vögel den grössten Teil ihres Lebens im Wasser verbringen, fasziniert sowohl Laien wie auch Experten. Besonders die Tauchfähigkeit der Meeresvögel sticht dabei heraus. Ein US-amerikanisches Forscherteam hat nun herausgefunden, dass diese Fähigkeit bei den Pinguinen im wahrsten Sinne des Wortes im Blut liegt. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.
Das Team um Professor Jay Storz, Physiologe an der Universität von Nebraska und den Forschungsassistenten Dr. Anthony Signore stellte bei einer Studie fest, dass die Tauchfähigkeit von Pinguinen mit der Struktur von Hämoglobin und dessen Fähigkeit, Sauerstoff besser zu binden, zusammenhängt. Das Besondere an der Studie: Das Team rekonstruierte die Evolution der Hämoglobinstruktur und konnte so zeigen, dass die Verbesserungen der Sauerstoffbindung die Tauchfähigkeit vorangetrieben haben musste. Die Entwicklung verlief in zwei Richtungen: Zum einen die genannte Strukturveränderung des Hämoglobins, um Sauerstoff noch besser aufnehmen zu können. Gleichzeitig entwickelte sich aber auch die Fähigkeit, Sauerstoff in Gewebe auch unter sauren Bedingungen abgeben zu können. Das ist besonders wichtig, da so die Gewebe, die unter Stress stehen, mit Sauerstoff versorgt werden könne. Den Pinguinen geht also der Atem nicht gleich aus, weil sie sich angestrengt haben.
Dass Pinguinblut viel Hämoglobin enthält und viele der physiologischen Abläufe beim Tauchen waren der Forschung bereits bekannt. Doch um die Eigenschaften des Hämoglobins erforschen zu können, wollte das Team die Entwicklung des Proteins nachvollziehen. «Es gab nicht viele vergleichende Arbeiten über den Sauerstofftransport im Blut in Bezug zur Tauchphysiologie bei Pinguinen und ihren nicht-tauchenden Verwandten», erklärt Anthony Signore. Deswegen gingen die Forscher in der Evolution rund 30 und 60 Millionen Jahre zurück und rekonstruierten das Hämoglobin des gemeinsamen Vorfahren von Pinguinen und dasjenige des Vorfahren mit den nächsten Verwandten, den Röhrennasen (Albatrossen, Sturmvögel etc.). Dazu entwickelten sie das Protein zunächst am Computer und spleisten dann die Gensequenzen in Bakterien, welche die beiden Proteine dann entwickelten. Bei Vergleichstest in Bezug auf die Sauerstoffbindung zeigte sich, dass der gemeinsam Pinguinvorfahre besser abschnitt als der nicht-tauchende Vorfahre.
«Das ist ein tolles System, denn Gewebe, die hart arbeiten, werden saurer. Sie benötigen mehr Sauerstoff und die Affinität des Hämoglobins passt sich dieser Versauerung einfach an und liefert mehr Sauerstoff.»
Dr. Anthony Signore, Hauptautor, University of Nebraska
Ein weiteres Problem, das durch die Strukturentwicklung gelöst wurde, ist die Frage nach der pH-Abhängigkeit bei der Sauerstoffabgabe im Zielgewebe. Wenn dort der Sauerstoff knapp wird, sinkt der pH-Wert, die Umgebung wird saurer. Dadurch steigt der Bedarf an Sauerstoff. Doch eine hohe Affinität bedeutet, dass das Hämoglobin seinen Sauerstoff nur ungern wieder abgeben würde. Doch hier überrascht das neuere Pinguinhämoglobin wieder: «Wenn der pH um, sagen wir 0.2 Einheiten sinkt, wird die Sauerstoffaffinität des Pinguinhämoglobins mehr abnehmen als dasjenige der nicht-tauchenden Verwandten», sagt Signore weiter. «Das ist ein tolles System, denn Gewebe, die hart arbeiten, werden saurer. Sie benötigen mehr Sauerstoff und die Affinität des Hämoglobins passt sich dieser Versauerung einfach an und liefert mehr Sauerstoff.» Das bedeutet, dass Pinguinen auch bei längeren Tauchgängen die Luft nicht ausgeht. Besonders bei Kaiserpinguinen, die als Rekordhalter bei Tauchgängen mit Tiefen von über 500 Metern und über 30 Minuten Dauer gelten, hat die Evolution dieses speziellen Blutproteins sehr mitgeholfen, sich an den Lebensraum Ozean perfekt anzupassen.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal