Was läuft jetzt in der Arktis-Saison 2021? | Polarjournal
Wird das Bild von wandernden Touristen in der Tundra Svalbards auch dieses Jahr Seltenheitswert haben? Vielleicht erst später in der Saison. Doch die Aussichten stehen alles andere als rosig dafür. Bild: Michael Wenger

Als im vergangenen März überall auf der Welt COVID-19 für einen Stillstand des Alltags und des Lebens gesorgt hatte, war ziemlich schnell klar, dass auch keine Reisen stattfinden werden. Auch die bevorstehende Tourismus-Saison in der Arktis war davon betroffen. Alle Betreiber und Anbieter von Arktisreisen strichen die Segel und verschoben ihre Aktivitäten auf dieses Jahr. Die Hoffnung, dass bis dahin die Pandemie vorbei sei, war gross. Doch ein Jahr später sieht alles anders aus und die Hoffnungen zerschlagen sich langsam wie Wellen an einem arktischen Strand.

Neue Virus-Varianten, unterschiedlich verlaufende Impfkampagnen, COVID-Wellen in arktischen Regionen, immer neue Einreisebestimmungen, die Situation in diesem Jahr ist noch vertrackter und komplizierter als im vergangenen Jahr. Denn während im letzten Jahr alle Länder vor demselben Problem, hohe Todesraten, standen und die Regierungen mit Notverordnungen und harten Lockdowns versuchten, die Lage in den Griff zu bekommen, stehen jetzt auch wirtschafts- und sozialpolitische Überlegungen wieder auf der Agenda. Öffnungen fordern zahlreiche Verbände, Organisationen und Parteien, damit das wirtschaftliche Überleben genauso gesichert ist, wie das der Menschen. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Die Lage der Länder ist nicht mehr uniform, sondern eben sehr unterschiedlich. Die noch vor Jahresfrist versprochenen Daten, bis wann die Bevölkerung geimpft sein wird und entsprechender Rückkehr zur Normalität, auch im Bereich Reisen, konnten von den meisten Staaten nicht eingehalten werden. Ausserdem besteht wenig Einigkeit, wie geimpfte Personen sich ausweisen sollen, ob sie überhaupt Erleichterungen erhalten beim Reisen, Stichwort «Impfpass» und wo und wie lange solche Dokumente gültig sein sollen.

Für viele Betreiber ist die Arktis-Saison ganz gelaufen. Einige aber haben nur einen Teil der Abfahrten gestrichen und beobachten die Situation in den verschiedenen Regionen, um kurzfristig reagieren zu können und ihre Kunden zeitnah zu informieren. Bild: Michael Wenger

Auch für die Anbieter und Reedereien von arktischen Expeditionsreisen ist die gegenwärtige Lage eine Herausforderung, besonders in logistischer Hinsicht. Da haben bereits einige grössere Anbieter ihre Saison in diesem Jahr ganz gestrichen. Dazu zählen beispielsweise SIlversea Cruises oder Scenic. Andere Anbieter haben ihre Hoffnungen noch nicht völlig aufgegeben und haben nur einen Teil der Saison gestrichen. Zu diesen zählen beispielsweise Hurtigruten, Oceanwide Expeditions oder Quark Expeditions. Letztere haben gegenüber PolarJournal bestätigt, dass sie die Saison auf Svalbard und der russischen Arktis (Nordpol, Franz-Josef-Land, etc) auf nächstes Jahr verschoben haben. Thomas Lennartz, Leiter der Verkaufsabteilung bei Quark, erklärte schriftlich: «Quarks Ansatz in diesem Jahr bestand darin, in bestimmten Regionen abzuwarten, um die Wahrscheinlichkeit von Reisen zu bewerten. Wenn es sehr offensichtlich ist, dass Reisen nicht möglich sind, werden wir eine Entscheidung treffen und diese Entscheidung unseren Gästen und Vertretern etwa 1,5 bis 2 Monate vor dem Reisestart mitteilen.» Diese Aussage kann man getrost stellvertretend für alle Betreiber betrachten, die ihre Saison noch nicht komplett abgesagt haben. In den nächsten Wochen werden sich weitere Informationen ergeben.

Auch die kleinen Schiffe, die letztes Jahr in Svalbard operieren durften, müssen sich gedulden und setzen auf ihre Flexibilität. Zuerst die einheimische Natur erkunden und dann vielleicht doch noch nach Svalbard, steht für die Cape Race auf dem Programm. Bild: Cape Race

Doch was bedeuten solche Worte für die Kunden? Was passiert, wenn die gebuchte Reise doch nicht stattfindet? Eine Situation, die letztes Jahr noch zu sehr grossen Schwierigkeiten und Unsicherheiten geführt hatte, soll dieses Jahr vermieden werden. Praktisch alle Anbieter haben ihre Buchungspolitik mittlerweile auf die neue Gesamtsituation umgestellt und COVID als einen Faktor für kurzfristige Absagen miteinkalkuliert. Bei Quark heisst diese Politik beispielsweise «Booking with Confidence» (dt. Buchen mit Vertrauen). Das bedeutet kürzere Umbuchungszeiträume, COVID-19 Schutz und Rückerstattungsgarantien im Falle einer Absage aufgrund von COVID. Auch Massnahmen bezüglich Gesundheit und Sicherheit an Bord, falls die Reisen doch stattfinden, sind mittlerweile weiter ausgebaut worden. Im Detail finden sich auf den Webseiten der Anbieter weitere Informationen dazu.

Einige Anbieter haben ihre Abfahrtstermine nicht gestrichen, sondern erst einmal in eine andere, einfachere Region gelegt. Beispielsweise hat das Team der Cape Race kurzerhand sein Konzept von Expeditionsfahrten direkt vor die Haustüre transportiert und lädt ein, die Ostsee zu erleben. «Auf mehreren Abfahrten werden dieselben Aktivitäten angeboten, wie auf Fahrten um Svalbard, aber mit den Schönheiten und Erlebnissen, die in der Ostsee auf den neugierigen Besucher warten. Und davon gibt’s einige», erklärt Nikolaus Gelpke, Mitbesitzer der MS Cape Race und Verleger des bekannten mare-Magazins. Später in der Saison wird das Schiff dann nach Svalbard übersetzen, wenn es die Situation erlaubt.

Reisen in die arktischen Destinationen sind zurzeit zwar schwierig, aber nicht unmöglich. Beispielsweise lockt Heritage Expeditions mit Reisen nach Wrangel Island ab Juli/August. Zur Einreise nach Russland ab der Schweiz und Deutschland ist lediglich ein negativer PCR-Tests ein Muss. Bild: Michael Wenger

Auch andere Anbieter, die mit kleineren Schiffen unterwegs sind, haben noch Trümpfe im Ärmel. Heritage Expeditions, die ihre Reisen in die Weiten der russischen Arktis auf der anderen Seite Russlands anbieten, glauben, dass die Saison noch nicht gestrichen werden muss. Denn Russland erlaubt einigen Ländern Europas die Einreise nur mit einem negativen PCR-Test (in Russisch oder Englisch ausgestellt) und die Weiterreise nach Tschukotka. Ausserdem hat die Reederei den Vorteil, dass ihr Schiff in Russland registriert ist und auch die Crew aus Einheimischen besteht. Dies wird einiges erleichtern, glaubt Aaron Russ, Mitinhaber von Heritage Expeditions. „Wir sind auch für Gäste aus Europa ab Ende Juli, Anfang August bereit“, erklärt er gegenüber PolarJournal.

Trotzdem stellen wir uns der Frage: Was geht denn jetzt eigentlich in der Arktis in dieser Saison? Svalbard, Grönland, Kanada, Alaska und die russische Arktis haben unterschiedliche Situationen und sogar für Experten ist die Lage schwierig im Blick zu behalten. Wir versuchen mit der untenstehenden Liste der Regionen einen Überblick zu bieten, wie die gegenwärtige Lage mit Bestimmungen und Anbietern ist, die sich noch nicht komplett aus der Saison zurückgezogen haben. Wir haben ausserdem nur Schiffe mit einer Passagierzahl bis 500 miteinbezogen.

Wichtig: Wir gewähren keine Garantie auf Vollständigkeit und Richtigkeit der Daten! Kontaktiert und kontrolliert jeweils auf der Webseite der Anbieter für die aktuellsten Informationen. Wir übernehmen keine Haftung!

Arktische RegionTouristeneinreisenMassnahmenMögliche Anbieter
SvalbardNorwegen hat per 28. April seine Einreisebestimmungen nochmals verschärft und die Einreise für Touristen bis auf weiteres verboten. Diese Massnahme gilt auch für Svalbard.Einreise nur aus bestimmten Gründen erlaubt. Einreisende müssen sich registrieren, einen negativen PCR-Test, der innerhalb von 24 h gemacht wurde, vorlegen, bei Ankunft sich testen lassen und 10 Tage in ein spezielles Hotel in Quarantäne gehen.Ab Juli/ August www.mscaperace.com www.oceanwide-expeditions.com www.hurtigruten.de www.tallship-company.com www.polar-quest.com www.hl-cruises.de www.poseidon-expeditions.de
www.ponant.com
www.albatros-expeditions.com
GrönlandAb 3. Mai via Dänemark (Einreisebestimmungen ab Dänemark gelten); gültig bis 31. Mai 2021.Einreisen sind nur ab Dänemark erlaubt und es gelten die dänischen Einreisebestimmungen. Einreisende müssen einen max. 72h alten negativen PCR-Test vorlegen und sich sofort in 14-tägige Quarantäne begeben. Diese kann frühestens nach 5 Tage mit einem neuen negativen Test aufgehoben werden.Ab Juli
www.oceanwide-expeditions.com www.quarkexpeditions.com www.hurtigruten.de
www.hl-cruises.de
www.poseidon-expedition.de www.nationalgeographic.com
www.ponant.com
www.albatros-expeditions,com
Kanadische ArktisFür Touristen bis Ende des Jahres geschlossen. Auch Fahrten durch die Nordwestpassage sind bis auf weiteres verboten.Die kanadische Regierung behält sich das Recht vor, situationsbedingt die Lage neu zu beurteilen.Ab Juli www.quarkexpeditions.com  
Russische ArktisRussland hat eine Liste mit Ländern, denen die Einreise nach Russland erlaubt ist und von wo aus auch Direktflüge nach Moskau stattfinden. Dazu zählen auch die Schweiz und Deutschland.Einreisen darf man mit einem max. 72h alten negative PCR-Test-Zertifikat in Russisch oder Englisch. Es sind keine Quarantänen notwendig. Touristenvisa müssen über die zuständigen Behörden eingeholt werden. Einreisen ist nur via Luftweg möglich.Russischer Ferner Osten: www.heritage-expeditions.com www.nationalgeographic.com   Franz-Josef-Land: www.poseidon-expeditions.com
AlaskaGrundsätzlich will Alaska Touristen einreisen lassen. Der US-Kongress soll ein temporäres Gesetz verabschieden, welches auch Schiffsreisen ohne Zwischenstopp ausserhalb der USA erlaubt, um die Schliessung der kanadischen Häfen zu umgehen.Grundsätzlich bestehen keine Einreisebestimmungen bei direkten Einreisen. Wer über einen anderen US-Flughafen nach Alaska reist, muss die US-Bestimmungen beachten. Ab 1. Juni sollen alle Einreisende in Alaska gratis eine Impfung bei der Einreise erhalten (1.Dosis Pfizer/Biontec oder Moderna). Die zweite Dosis kann bei längerem Aufenthalt ebenfalls eingeholt werden.www.nationalgeographic.com www.silversea.com www.abercrombiekent.com    

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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