Seit November kämpft die kanadische Arktis-Region Nunavut mit dem Virus, welches die ganze Welt immer noch im Griff hat. Zu anfangs war vor allem die Ortschaft Arviat das Zentrum des COVID-Ausbruches in Nunavut. Mit Lockdowns und anderen bekannten Massnahmen und einem raschen Start des Impfprogrammes versuchte die Regierung, die Lage in den Griff zu bekommen. Scheinbar mit Erfolg, da Mitte März die Zahlen praktisch auf null gesunken waren. Doch die Freude währte nur kurz: Das Virus hat nun die Hauptstadt Iqaluit erfasst und zu rasch steigenden Fallzahlen geführt. Nun ziehen die lokalen Behörden die Notbremse.
Der Stadtrat hatte ab gestern den Notstand für Iqaluit ausgerufen, nachdem die Zahl an Neuinfektionen weiter angestiegen ist und eine sogenannte «Community transmission» auch im Gefängnis und in einem Krankenheim entdeckt worden sind. Für die nächsten 7 Tage kann der Rat «alle Gesetze und Massnahmen ausführen, die von den städtischen Behörden als notwendig erachtet werden», um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, heisst es in der Pressemitteilung der Stadt. Das Notfallmassnahmengesetz gibt den Behörden weitreichenden Handlungsspielraum, der aber zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht voll ausgeschöpft werden muss. Das bedeutet, dass sämtliche Behördenbüros für die Öffentlichkeit geschlossen sind. Essentielle Dienste werden zwar weiterhin ausgeführt, doch Anfragen werden im Normalfall nur per Telefon oder E-Mail behandelt. Ausserdem werden alle Freizeitangebote, Parks und andere öffentlichen Räume geschlossen. Daneben gilt eine strikte Maskenpflicht und essentielle Geschäfte bleiben geöffnet. Schulen sind geschlossen und die Verwaltung erinnert daran, dass auch Zusammenkünfte im öffentlichen Raum strikt reglementiert und im privaten Raum zu vermeiden sind.
Die Gesundheitsbehörde von Nunavut veröffentlichte gestern die neuen Zahlen, die zeigten, dass mittlerweile 83 Einwohner in Iqaluit an COVID-19 erkrankt seien. Zwei weitere Fälle wurden in Kinngait weiterhin aufgeführt. Beim Virus handelt es sich um die britische Variante B.1.1.7, die als ansteckender gilt und auch in Europa weitherum zirkuliert und zu strengeren Massnahmen geführt hat. Nunavut’s Premierminister Joe Savikataaq erinnert in einer öffentlichen Mitteilung daran, dass trotz des aufkommenden Frühlings und den damit verbundenen Events und Feierlichkeiten die Menschen unbedingt die Massnahmen zur Eindämmung einhalten sollen. Vor allem Masken tragen, Abstände von zwei Metern einhalten und wenn immer möglich zuhause bleiben helfen seien gefragt. Er macht auch darauf aufmerksam, dass das Impfprogramm weiterläuft. Per gestern seien 12’568 Einwohner von Nunavut vollständig mit dem Moderna-Vakzin geimpft.
Ein Problem, das zurzeit besteht mit dem Programm, ist die Tatsache, dass der Impfstoff von Moderna in Nunavut nur an Menschen über 18 Jahre verabreicht wird. Doch die Behörden melden, dass in Iqaluit bereits jede fünfte Infektion Jugendliche unter 18 betrifft. Gesundheitsverantwortlicher Dr. Michael Pattinson erklärt dazu, dass man nun mehr Übertragungen innerhalb der Haushalte verzeichnete, wie die Zeitung Nunatsiaq News schreibt. «Menschen mit essentiellen Jobs haben unbeabsichtigt das Virus nach Hause geschleppt und jetzt befällt es die Kinder», zitiert in die Zeitung. Daher erinnert er daran, dass auch Kinder Masken tragen sollten und Quarantänen auch für Kinder gelte. Erschwerend kommt noch dazu, dass neben dem Ausbruch in Iqaluit auch in einer Mine auf Baffin Island ein COVID-Ausbruch verzeichnet worden ist und in den Nordwest-Territorien ebenfalls das Virus grassiert. Die Regierung von Nunavut hat daher die Flugverbindungen in das Territorium unterbrochen und alle, die von dort nach Nunavut eingereist sind, aufgefordert, sich in Quarantäne zu begeben. Auch die Mine ist gegenwärtig eine «No-Go»-Zone. Weiterhin besteht eine 14-tägige Isolationspflicht für alle, die von ausserhalb nach Nunavut eingereist sind.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal