Grönlands Aussengrenzen zu schützen gehört zu den wenigen Bereichen, für die Dänemark zuständig ist. Dazu hat Grönland entsprechende Strukturen geschafft, unter anderem das Joint Arctic Commando. Doch eine Aussage des neuen grönländischen Ministers für Äusseres, Pele Broberg, liess sowohl Kopenhagen wie auch andere Arktisstaaten aufhorchen. Ihm schwebt eine eigene Küstenwache vor, ähnlich aufgebaut wie in Island. Ein heisses Eisen, nicht nur für Dänemark, sondern auch für Russland und die USA.
Gegenüber der Zeitung Sermitsiaq erklärte Pele Broberg, Grönland ziele darauf ab, eine eigene Küstenwache aufzubauen, die aber wie in Island nicht dem Militär unterstellt, sondern eine zivile Behörde sei. «Der Arktisrat hat beispielsweise das Küstenwacheforum, bei dem die USA und Island Mitglieder sind. Wenn Grönland seine eigene Küstenwache hat, können wir auch Teil des Forums sein», sagte er anlässlich eines Interviews mit der Zeitung. Als Zivilbehörde könnte die Küstenwache, wie die Polizei, dem Justizministerium angegliedert sein, so wie es in Island der Fall ist.
Dänemark als Hausmacht ist für alles Militärische in Grönland verantwortlich und dazu zählt auch die Küstenwache. In Grönland sind zurzeit zwei Schiffe dafür im Einsatz, die beide dem Joint Arctic Command in Nuuk unterstellt sind. Daneben ist die bekannte Sirius Patrol-Einheit an Land für Grenzpatrouillen verantwortlich. Seit 2012 betreibt Dänemark das Joint Arctic Command zur Sicherung der Küstengewässer von Grönland und den Färöern. Deswegen reagiert Dänemark auch erstaunt über die Aussagen des grönländischen Politikers. Für den dänischen Aussenminister Jeppe Kofod sind die Sicherheit und die Aussenpolitik Grönlands eng mit der von Dänemark verbunden, wie er gegenüber grönländischen Medien bestätigt hatte. Doch Pele Broberg, der als Mitglied der Partei Naleraq in der Regierung sitzt, will davon nichts wissen. «Grönland, das sind wir. Die Arktis, das sind wir», erklärte er gegenüber Sermitsiaq. Naleraq setzt sich für eine Unabhängigkeit von Dänemark ein.
Grönlands Bestrebungen, das internationale Interesse an sich in noch mehr Unabhängigkeit zu münzen, stossen aber nicht nur in Dänemark auf Verwirrung. Schon unter der vorherigen Regierung von Kim Kielsen hatte die Selbstverwaltung einen eigenen Weg eingeschlagen ohne vorherige Rücksprache mit Kopenhagen. Und auch der russische Botschafter in Kopenhagen, Vladimir Barbin, hatte in der Vergangenheit die grönländischen Vorstösse teilweise stark kritisiert. Wie sensibel das ganze Thema ist, zeigt sich auch daran, dass eine Aussage, die Pele Broberg im dänischen Fernsehen gemacht hatte, derart verdreht aufgefasst und wiedergegeben worden war, dass sogar das offizielle Russland einschreiten musste.
Was war passiert: In einer Sendung erklärte Broberg, dass ihm ein ähnliches System in Sachen Verteidigung wie Island vorschwebe. Das bedeute, dass es entsprechend auch ein bilaterales Abkommen mit den USA geben könnte. Kurz darauf veröffentlichte eine dänische Zeitung, dass diese Aussage eine «starke Reaktion» des russischen Botschafters in Kopenhagen hervorgerufen habe, der gleich mehr US-amerikanische Truppen in Grönland sehe. Erst eine offizielle Stellungnahme Russlands glättete die Wogen wieder etwas ab und auch Broberg erklärte, es herrsche ein guter Dialog zwischen Russland und Grönland. Er habe sich am Arktisratstreffen mit Aussenminister Lavrov gut verstanden, zitiert ihn Sermitisaq. Wie jedoch die Stimmung im eigenen Haus zwischen ihm und Dänemark ist, bleibt offen.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal