Weitere Öffnungsschritte für Reisen in arktische Regionen | Polarjournal

KORREKTUR: Ein Fehler in Bezug auf die Einreise von Touristen aus Grossbritannien und den Schengen-Ländern nach Norwegen ist uns gemeldet worden. Offensichtlich bezieht sich die Ankündigung der norwegischen Regierung NICHT AUF TOURISTEN, sondern lediglich auf Norweger und Leute mit einer norwegischen Aufenthaltsbewilligung. Nach Angaben der Regierung auf der entsprechenden Webseite, deren Update erst nach der Fertigstellung des Artikels erschienen ist, sind Touristen immer noch von einer Einreise nach Norwegen ausgeschlossen. Wir bedauern diesen Fehler zutiefst und entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten.
Der Link zur neuen Seite über die Einreise nach Norwegen wurde von uns in der Box aktualisiert.

Die Tourismussaison in den meisten Arktisregionen wäre eigentlich schon voll am Laufen. Doch noch herrschen an den meisten Orten Schutzmassnahmen, die eine Einreise für Ausländer kaum möglich macht. Doch es zeichnet sich ein Lichtstrahl am Himmel ab. Bild: Michael Wenger

Seit dem Auftreten der COVID-Pandemie war die Frage nach Reisen in die Arktis kaum notwendig. Denn die Staaten hatten zum Schutz der lokalen Bevölkerung die Grenzen für Touristen de facto geschlossen. Mit den Impfprogrammen in zahlreichen Ländern sinken nun die Fallzahlen und die Arktisstaaten beginnen mit der langsamen Öffnung ihrer Grenzen. Ein Update aus dem hohen Norden soll den gegenwärtigen Stand zeigen.

Norwegen und Grönland haben in den letzten Tagen offiziell Lockerungsmassnahmen bekanntgegeben, die das Einreisen von Touristen erleichtern soll. Doch wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Denn für eine Einreise sind immer noch einige Faktoren zu beachten, die durchaus ein gewisses Mass an «Vorarbeit» von Seiten der Touristen erfordern. Ausserdem behalten sich beide Regierungen das Recht vor, die Lockerungen der Situation anzupassen und gegebenenfalls wieder zu streichen, wenn sich die COVID-Situation negativ verändern sollte. Im Folgenden haben wir die Regionen und die gegenwärtigen Bestimmungen (Stand 28. Mai 2021) aufgeführt. Alle Angaben sind ohne Gewähr.

Norwegen

  • ALEE BESTIMMUNGEN GELTEN NUR FÜR NORWEGER UND UND AUSLÄNDER MIT NORWEGISCHER AUFENTHALTSBEWILLIGUNG; TOURISTEN SIND WEITERHIN VON DER EINREISE AUSGESCHLOSSEN
  • Die Unterscheidung zwischen «essentiellen» und «Nicht-essentiellen» Reisen entfällt
  • Reisende aus den Schengen-Ländern mit einer Inzidenzrate von weniger als 150 Neuansteckungen pro 100’000 Einwohner in den vorangegangenen 14 Tagen UND einer Positivtestrate von unter 4 Prozent müssen nicht mehr in ein vorgeschriebenes Quarantänehotel, sondern können sich an einem Ort der eigenen Wahl in Quarantäne begeben. Reisende aus den Schengenländern, die eine Inzidenzrate unter 25 Fälle / 100’000 Einwohner in 14 Tagen aufweisen, sind von der Quarantäne befreit.
  • Eine Quarantäne muss mindestens 3 Tage dauern, wenn im Ursprungsland die obigen Werte massvoll überschritten sind und 7 Tage, wenn man aus einem Schengen-Land einreist, in dem die oben genannten Werte weit überschritten sind. Nach 3 bzw. 7 Tagen kann die Quarantäne mit einem negativen PCR-Test beendet werden.  Dies gilt auch für geimpfte Personen.
  • Ausnahmen können bei den Behörden angefragt werden.
  • Reisende nach Svalbard müssen zusätzlich vor dem Abflug einen Antigen-Schnell-Test durchführen, der (logischerweise) negativ sein muss.
  • Einreisebestimmungen für Ausländer nach Norwegen (in Norwegisch, Seite muss eigenständig übersetzt werden)

Da die COVID-Situation in Norwegen lokal unterschiedlich ist, sollten Reisende im Vorfeld die Lage in ihrem Zielgebiet genau betrachten. Gegenwärtig sind in einigen Regionen Norwegens COVID-Ausbrüche registriert worden und es gelten dort strengere Massnahmen. Die obigen Regeln gelten gegenwärtig auch für geimpfte Personen. Doch die Regierung in Oslo arbeitet an einer «digitalen, sicheren und kontrollierbaren Art der Dokumentation geschützter Menschen», deren erste Impfung mehr als drei Wochen zurückliegt, wie die Justizministerin Monica Maeland erklärt. In Bezug auf Polarreisen wollen ein paar Anbieter, besonders kleinere Gesellschaften, situativ entscheiden, ob eine Reise Sinn macht. Da aber die Saison immer kürzer wird, müssen Aufwand und Ertrag genau abgewogen werden. Verschiebungen auf die Saison 2022 werden wohl die Regel sein.

Grönland

  • Reisen nach Grönland sind nur ab Dänemark möglich und es gilt, die Einreisebestimmungen für Dänemark zu beachten. Eine maximale Zahl von 600 Menschen pro Woche ist vorgegeben. Die Zahl der Flugtickets ist begrenzt und nur Air Greenland-Flüge sind erlaubt.
  • Für die Einreise nach Grönland muss ein maximal 72 Stunden alter negativer PCR-Test vorliegen und eine im Vorfeld ausgefüllte Einreiseerklärung (SUMUT) und eine Buchung für einen PCR-Test während der Quarantäne
  • Alle Personen müssen sofort nach der Einreise in Quarantäne
  • Geimpfte Personen können einen Tag nach Einreise einen PCR-Test durchführen und bei negativem Resultat aus der Quarantäne entlassen werden. Für alle anderen (nicht und teilweise geimpfte Personen inklusive) gilt eine mindestens 5 Tage dauernde Quarantäne
  • Diese Regelungen gelten ab 1. Juni bis auf weiteres
  • https://en.coronasmitte.dk ; https://corona.nun.gl/emner/til_den_rejsende/indrejse_til_groenland?sc_lang=da

Die Selbstverwaltung in Grönland weist auch darauf hin, dass die Öffnungsstrategie Dänemarks automatisch für Grönland und die Färoer gilt. Sie behält sich aber das Recht vor, auch strengere Massnahmen einzuleiten als für Dänemark gelten würden. Was die aktuellen Zahlen anbelangt, hat die Hauptstadt Nuuk drei Fälle entdeckt und entsprechende Massnahmen dort in Kraft gesetzt. Zahlreiche Anbieter, besonders der grösseren Gesellschaften, haben ihre Fahrpläne entsprechend angepasst und bieten Reisen in die verschiedenen Regionen Grönlands an, mit angepasstem Sicherheitskonzept.

Nunavut / kanadische Arktis

  • Die Regionen sind auf Anordnung der zentralen Regierung in Ottawa und in Absprache mit der Selbstverwaltungsbehörden in Nunavut auch weiterhin in diesem Jahr für Touristen nicht erreichbar

Auch hier behält sich die Regierung vor, die Massnahmen zu ändern, entsprechend der Situation in Nunavut, dem restlichen Kanada und der Welt. Gegenwärtig wird die Hauptstadt Nunavuts, Iqaluit, von einem COVID-Ausbruch heimgesucht. Die Zahlen sinken zwar, doch die Notfallverordnung und strikte Massnahmen bleiben aufrechterhalten. Einige Anbieter von Expeditionsreisen haben ihre Fahrpläne noch nicht aufgegeben und entscheiden situativ.

Russische Arktis

  • Einreisen nach Russland sind Landes-abhängig. Für Deutschland und die Schweiz sind Direktflüge nach Moskau verfügbar. Grossbritannien hat sämtliche Flüge nach Moskau ausgesetzt und die USA raten von Reisen nach Russland ab. Für die Einreise wird neben einem gültigen Visum lediglich ein maximal 72-Stunden alter negativer PCR-Test in englischer oder russischer Sprache verlangt. Inlandflüge sind ebenso verfügbar.
  • Die COVID-Situation in den einzelnen arktischen Regionen ist unterschiedlich. Eine vorherige Abklärung der Lage wird dringend empfohlen

Zahlen in Bezug auf die COVID-Infektionen in den verschiedenen Regionen sind unterschiedlich gut verfügbar. Beispielsweise sind für Tschukotka, Kamtschatka und andere Regionen im russischen Fernen Osten die Zahlen aktueller als in der Region Murmansk. Die Lage in der Region Tschukotka ist entspannter und dank der Abgeschiedenheit und der geringen Populationsdichte hatte die Region auch nur wenige hundert gemeldete COVID-Fälle und kaum Verstorbene zu beklagen. Neue Fälle sind zurzeit nicht bekannt.

Finden Expeditionsreisen mit den angekündigten Lockerungen nun statt oder nicht? Die Entscheidung ist noch nicht endgültig gefallen. Viele Hürden und Unklarheiten stehen noch im Weg. Bild: Michael Wenger

Die Frage stellt sich nun, ob die von einigen Expeditionsreiseanbietern noch aufgeführten Fahrten dank der Lockerungen doch noch stattfinden. Die Antwort darauf ist nicht so einfach, wie es scheint. Denn die nun gelockerten Einreisebestimmungen gelten in Norwegen und Dänemark für Touristen aus den Schengen-Ländern. Doch Schiffe benötigen auch eine Schiffscrew, ein Hotelteam und Expeditionsguides. Und hier sind es wieder die Details, die Hürden darstellen könnten. Am Beispiel Norwegen wird dies sehr deutlich: Zum einen sind Schiffsbesatzungen können einreisen, müssen aber in Quarantäne an Bord eines Schiffes, bevor sie offiziell ihren Dienst antreten können. Doch es stellt sich die Frage, ob Hotelpersonal an Bord eines Expeditionsschiffes dazugerechnet wird oder nicht. Denn die Regelung gilt nur für «Schiffspersonal und Menschen, die helfen, sozial wichtige Operationen wie die Grundversorgung und die Produktion am norwegischen Schelf aufrechtzuhalten», wie die zuständige Ministerin Iselin Nybø verlauten lässt. Auch für Fahrten nach Grönland, die ab Island starten, stellt sich die Frage nach der Durchführung. Island erlaubt die Einreise für Einwohner aus Schengenländern und betrachtet Grönland als sicher, aber verbietet die Einreise aus Drittstaaten. Weil aber viele Schiffsbetreiber Personal aus den Philippinen anstellen, stellt sich die Frage, wo oder ob überhaupt diese an Bord kommen können.

In den arktischen Regionen haben die Impfprogramme an vielen Orten begonnen und einige Erfolge vorweisen können. Während in Svalbard, Grönland, der kanadischen Arktis und Alaska vor allem mit dem Impfstoff von Moderna gearbeitet wird, setzt man in den russischen Regionen auf den heimischen «Sputnik V»-Impfstoff. Bild: Tim Reckmann, CC-BY SA 2.0

Touristenreisen im Allgemeinen wurden und werden von den Regierungen immer noch als «Nicht-essentielle Reisen» betrachtet, ungeachtet der Tatsache, dass für viele arktische Regionen und Orte dieser eine wichtige Einnahmequelle darstellt. Der Schutz der lokalen Bevölkerung vor den Folgen einer COVID-Infektion wiegt schliesslich höher. Nun haben aber die Impfprogramme dort an Fahrt aufgenommen und die Regierungen vermelden grosse Erfolge bei den Impfzahlen. So hat beispielsweise Svalbard gemeldet, dass bis Mitte Juni rund dreiviertel der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft sein werden. Auch in Grönland, wo die Logistik für die Impfungen komplexer ist aufgrund der Lage der Orte, geht die Impfung voran. Der Plan, der sich nicht nur auf Alters- bzw. Risikogruppen konzentriert, sondern auch Orte priorisiert, zielt darauf ab, dass bis Ende Juli in allen grösseren Orten die Mehrzahl der Ü18-Gruppe und darüber vollständig geimpft ist. In der kanadischen Region Nunavut melden die Behörden, dass bereits 57 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft wurde. Genauere Zahlen über Ziele melden die Behörden nicht, sondern man will so schnell wie möglich den Grossteil der Bevölkerung immunisieren. Und in den russischen Region Tschukotka seien mittlerweile fast 19 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, was ein Rekord innerhalb Russlands darstelle.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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