Eine Pionierin kehrt zurück in die Polarwelt | Polarjournal
Die Polar Pioneer prägte über Jahrzehnte die Polarkreuzfahrtenindustrie. Rund 50 Passagiere pro Fahrt konnten dank hoher Eisklasse und grosser Manövrierbarkeit maximale Zeit nahe an den Wundern der Arktis und Antarktis verbringen. Bild: Roy Mangersnes

Zu Beginn der 1990er Jahre, als der Polartourismus stärker in Fahrt kam, waren die genutzten Schiffe meist russische Forschungsschiffe, deren Eigner durch den Zusammenbruch der Sowjetunion neue Einnahmequellen benötigten. Einige dieser Schiffe wurden zu Ikonen der Polarkreuzfahrtenindustrie und hatten trotz fehlendem Luxus eine grosse Fangemeinde. Denn ihre Fähigkeiten, gepaart mit ihrer Grösse machten sie zu idealen Naturbeobachtungsplattformen. Doch nur wenige dieser kleinen Schiffe sind heute noch übrig. Ein Pionier kehrt nun aber zurück in die Polarwelten.

Die Polar Pioneer, die 2019 von der australischen Gesellschaft Aurora Expeditions in Rente geschickt worden war, wird ab kommendem Jahr wieder in der Arktis und Antarktis unterwegs sein. Dank einer skandinavischen Investorengruppe, allesamt Fans des Schiffes, konnte das Schiff aus seinem Rentnerdasein zurückgebracht werden. Gegenwärtig wird das 1982 gebaute ehemalige Forschungsschiff in Riga instand gestellt und überholt. Roy Mangersnes vom Polar Pioneer Management, die das Schiff nun betreiben, erklärt stolz gegenüber PolarJournal: «Das Schiff ist in einem einwandfreien Zustand und die Arbeiten, die erledigt werden müssen, sind mehr oberflächlich und kosmetischer Natur. In erster Linie sind es neue Leitungen, neue Möbel und Kabinenaustattungen, die erneuert werden müssen. Das dunkle Innenleben soll durch freundliches, skandinavisches Design ersetzt werden. Ausserdem wollen wir einige Systeme neu und umweltfreundlicher gestalten. Doch der Charakter des Schiffes wird nicht verändert. Schliesslich wollen wir die Polar Pioneer zurückbringen.»

«Wir finden, dass das Schiff die perfekte Expeditionsplattform für Polarinteressierte ist, um die Schönheiten der polaren Natur so authentisch wie möglich zu erleben.»

Roy Mangersnes, Polar Pioneer Management

Die Polar Pioneer wurde 1982 unter dem Namen Akademik Shuleykin als erstes einer ganzen Reihe von ähnlichen Forschungsschiffen in Finnland gebaut. Damals wollte die Sowjetunion vor allem ozeanographische Forschungsarbeiten auch in den Polarregionen mit den Schiffen durchführen. Doch der Zusammenbruch der UdSSR bedeutete auch das finanzielle Ende für die Forschung. In den darauffolgenden Jahren wurden immer mehr der Schiffe für Expeditionsreise zweckentfremdet und erfreuten sich grosser Beliebtheit bei Polarfreunden. Mit der Zeit wurde der Betrieb dieser Schiffe jedoch immer kostenintensiver und mit dem Auftauchen neuerer und grösserer Schiffe, die auch noch mehr Komfort anboten, gaben die meisten Betreiber die Schiffe wieder auf. Am Ende blieben nur die Polar Pioneer bei Aurora Expeditions und die Spirit of Enderby der Firma Heritage Expeditions auf dem Markt. Doch auch Aurora setzte auf neue, modernere und etwas grössere Schiffe und schickte die Pioneer in Rente. Ein No-Go, wie Roy Mangersnes und einige seiner Kollegen dachten. «Wir hatten viel Zeit an Bord der Pioneer verbracht und kannten seine Fähigkeiten», sagt er im Gespräch. «Wir finden, dass das Schiff die perfekte Expeditionsplattform für Polarinteressierte ist, um die Schönheiten der polaren Natur so authentisch wie möglich zu erleben. Kleiner und daher familiärer als die meisten heutigen Expeditionsschiffe und doch komfortabler als die ganz kleinen Expeditionsschiffe rund um Svalbard, das ist unsere Polar Pioneer».

Die Leute, die hinter der Polar Pioneer stehen, sind kein gesichtsloses Investorenkonsortium, sondern erfahrene Polarexperten, die seit vielen Jahren in der Arktis und Antarktis unterwegs sind und somit auch ein Gefühl dafür haben, was die Gäste wirklich wollen. Von links nach rechts: Staffan Strive, Investor, Roy Mangersnes, Polar Pioneer Management, Heather Thorkelson, Twin Tracks, David Berg, Twin Tracks. Bilder: Courtesy of Polar Pioneer Management and Twin Tracks Expeditions. Bild Heather Thorkelson: Dean Tatooles; Bild David Berg: Christoph Michel

Wenn die Arbeiten am Schiff nächstes Jahr abgeschlossen sind, soll die Polar Pioneer erstmals rund um Svalbard eingesetzt werden. Auch Fahrten nach Grönland und Island sind danach geplant. Am Ende des nördlichen Sommers wird sich dann das Schiff in Richtung Süden aufmachen und von den Falklandinseln aus in Richtung Südgeorgien starten. «Wir werden die Fähigkeiten des Schiffes sowohl im Norden wie auch im Süden nutzen. Das ist etwas, was die kleinen Schiffe nicht machen», meint Roy. «Im Süden wird die Pioneer in der Region der antarktischen Halbinsel eines der kleinsten Schiffe sein, was wir als Vorteil betrachten. Denn wir wollen das echte Expeditionsfeeling wieder zurückbringen, etwas, bei dem unser Schiff tatsächlich eine Pionierrolle hatte und haben wird.» Er und seine Kollegen sind von diesem Konzept überzeugt und das nicht ohne Grund. Denn hinter den Eignern und dem Team, welches das jetzt unter zypriotischer Flagge fahrenden Schiff betreibt, steckt jahrzehntelange Erfahrung in Polarregionen. Neben dem Betreiber Polar Alca Maritime AB unter der Leitung von Staffan Strive und dem Management mit Roy Mangersnes und Ole Jørgen Liodden sind auch die Gesellschaften Wild Photo Travel (in Form der White Plains Holding) und Twin Tracks Expeditions am Schiff beteiligt. Die Leute in den beiden Gesellschaften sind seit Jahren in der Polarreiseindustrie tätig und kennen sowohl die Industrie wie auch die Wünsche der Kunden genau. Ein direkter Verkauf der insgesamt 29 Kabinen ist jedoch nicht geplant, sondern über Charterfirmen sollen maximal 53 Gäste in die Wunderwelten der Arktis und Antarktis gebracht werden. «Dabei wird die Natur wieder in den Vordergrund rücken und den echten Expeditionsgeist wiederbeleben, der heutzutage durch das Kreuzfahrtfeeling etwas abhandengekommen ist», sagt Roy Mangersnes. Und dafür wird es wieder einen polaren Pionier brauchen.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zu Polar Pioneer Management: Hier klicken

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