Der exklusivste Frisiersalon der Welt befindet sich an der Südspitze von Ross Island in der Antarktis. Um sich vor Ort die Haare schneiden zu lassen, ist für den ‘Normalbürger’ praktisch unmöglich. Die am weitesten von der Zivilisation Einrichtung ist ausschliesslich den Forschern und Technikern der amerikanischen McMurdo-Station vorenthalten. Eher bescheiden, ohne Schaufenster und guter Passantenlage kommt der Frisiersalon daher. Trotzdem ist der Frisiersalon wegen fehlender Konkurrenz voll ausgelastet.
Nicht einfach ist es genügend und vor allem geeignetes Personal für Forschungsstationen fern der Zivilisation zu rekrutieren. Während Wissenschaftler sich darum reissen auf einer Antarktis-Station unterzukommen wird es bei Technikern und ‘Hilfspersonal’ schon schwieriger.
Als eine Stelle für den Frisiersalon auf der amerikanischen Antarktis-Station McMurdo ausgeschrieben wurde meldete sich Alicia Sutherland umgehend online. Nach Abschluss eines eingehenden Telefoninterviews musste Sutherland eine Bewertung bestehen, um zu beweisen, dass sie dem Leben „auf dem trockensten, kältesten und härtesten Kontinent“ standhalten konnte. In der Zwischenzeit hat Alicia Sutherland bereits mehrere Einsätze in der Antarktis erledigt.
Die Atmosphäre in der Station ist jedoch überraschend warm. „Ich dachte während der Anreise, es würde so weit weg von der Zivilisation trostlos und deprimierend werden, aber es ist genau das Gegenteil“, sagt Sutherland. „Die Beziehungen, die sich hier bilden, sind wie keine andere. Wir sind alle an diesen besonderen Ort gebunden und es entsteht eine besondere Kameradschaft.“ Sutherland meint, dass McMurdo nicht nur für Wissenschaftler ist. Sie brauchen verschiedene Leute, die die Wissenschaft unterstützen, damit die Station funktioniert. Einer dieser Leute ist ein Friseur.
Sutherland arbeitet oft sechs Tage die Woche und ist mit 14 Termine pro Tag sehr gefordert. „Vor Feiertagen wie Thanksgiving und Weihnachten ist es sehr voll. Dann mache ich mehr als 25 Haarschnitte pro Tag“, sagt sie.
Unabhängig vom Stil kostet jeder dieser Haarschnitte nur 10 US-Dollar, was in das US-amerikanische Antarktisprogramm zurückgeht. Sutherland ist in der Station fest angestellt und erhält ein Gehalt, unabhängig davon wie viele Haarschnitte sie erledigt. Die Station zählt 800 Einwohner, davon sind zu 65 Prozent Männer.
Eine der einzigartigsten Erfahrungen, die sie in der Antarktis gemacht hat, ist der Besuch einer Pinguin-Kolonie, in der sie Hunderte von Vögeln gesehen hat. Es ist eine der Erinnerungen, die ihr am Herzen liegt, bis sie nach McMurdo zurückkehren kann, hoffentlich im Oktober 2021. „Ich betrachte McMurdo zu 100 Prozent als mein zu Hause.“
Heiner Kubny, PolarJournal, Original Text: Dianna Mazzone on allure.com