Klimatische Extremereignisse bedrohen Kaiserpinguine immer stärker | Polarjournal
Dunkle Wolken hängen über der nördlichsten Kaiserpinguinkolonie Snow Hill und versprechen Schneefälle. Kein Problem für die perfekt angepassten Vögel. Doch 22 der 54 Kolonien haben bereits derart extreme klimaverursachte Ereignisse erlebt, dass die Kolonie nachhaltig verändert worden ist. Bild: Michael Wenger

Extreme Wetterereignisse werden zurzeit von vielen Orten der Erde gemeldet. Trockenheit und Dürren, Überschwemmungen und sintflutartige Regenfälle, Tornados machen mittlerweile die meisten Schlagzeilen und bedrohen Mensch und Natur. Nun hat eine internationale Studie gezeigt, dass auch die Ikonen der Antarktis, Kaiserpinguine, durch klimawandel-versursachte Extremereignisse stärker bedroht sind, als bisher angenommen. Darum rufen sie zu mehr Anstrengungen und einer Neubeurteilung des Schutzstatus der Pinguine auf.

Gemäss den Berechnungen mithilfe von Modellen können die grössten Pinguine der Welt bis 2100 quasi-ausgestorben sein, kommt das Team in ihrer Arbeit zum Schluss. Sie fordern deshalb, dass die Kaiserpinguine von den USA in ihren «US Endangered Species Act» (Gesetz zum Schutz gefährdeter Arten) aufgenommen und als «gefährdet» eingestuft werden soll. Damit könnten Umweltgesetze auch in der Antarktis angewandt werden, um die Kaiserpinguine schützen zu müssen. «Der Artenschutz durch rechtliche Rahmenbedingungen sollte Naturschutzmassnahmen erleichtern, die wiederum dazu beitragen sollen, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern», erklärt die Mitautorin der Studie Shaye Wolfe vom Center for Biological Institute.

Kaiserpinguine brüten meist auf dem Festeis, selten an Land. Doch in den vergangenen Jahren zwangen extreme Ereignisse einige Kolonien dazu auf dem Schelfeis zu brüten. Dort finden sie kaum Schutz vor den Witterungsbedingungen. Das Resultat: höhere Sterblichkeit bei den Jungen. Bild: Michael Wenger

Die Tatsache, dass Kaiserpinguine durch die Auswirkungen klimatischer Veränderungen oft negativ beeinflusst werden, wurde bereits von einigen der Mitautoren der Studie gezeigt. Doch zum ersten Mal wurden nun auch Extremereignisse, die durch den Klimawandel immer häufiger auftreten dürften, in die Modellierungen über die Auswirkungen auf das Meereis, den Brutplatz der Kaiserpinguine, eingerechnet. Das Team betrachtete dann die Auswirkungen auf die Belastbarkeit, die Redundanz und die Repräsentierung, die im englischen die «3R» genannt werden (Redundancy, Resiliency, Representation).  «Zusammen umfassen die 3R Aspekte, die zur Persistenz von Arten beitragen (z. B. Demografie, räumliche Verbreitung, Diversität) und sind wichtig für die Einschätzung von Klimabedrohungen in absehbarer Zeit», schreibt das British Antarctic Survey BAS dazu. Und hier zeigte sich, dass der Verlust von Meereis mit der gegenwärtigen Rate praktisch alle 54 Kolonien derart stark reduzieren würde, dass die Tiere bis 2100 als «quasi-ausgestorben» gelten werden. «Die Modelle sagen voraus, dass die Kaiserpinguinpopulationen bis 2060 um vier Fünftel zurückgehen und bis zum Ende dieses Jahrhunderts praktisch ausgestorben sein werden, wenn wir nicht jetzt handeln, um die Treibhausgasemissionen einzudämmen», erklärt Dr. Peter Fretwell von der BAS dazu.

Die Studie zeigt zum ersten Mal, wie extreme Ereignisse, hervorgerufen durch den Klimawandel, die Kaiserpinguine bedrohen. Dabei sind neben Lebensraumverlust durch schmelzendes Meereis auch plötzliche Kälteeinbrüche, Gletscherabbrüche und weitere Ereignisse miteingerechnet worden. Bild: Michael Wenger

Die Autorinnen und Autoren der Studie rufen Entscheidungsträger und auch auf, grössere und umfassendere Massnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen vorzunehmen. Denn so könnten, nach Meinung der Expertinnen und Experten das Überleben der Kaiserpinguine als Art durch die Entstehung von Rückzugsgebieten in der Antarktis gestärkt werden. Denn die Antarktis ist nicht, wie die Arktis, gleichmässig von den Auswirkungen betroffen. Eine Einhaltung des Pariser Klimaabkommens könnte dazu führen, dass die Tiere an bestimmten Orten überleben könnten. Wichtig sei es aber, jetzt Entscheidungen zu treffen, um die Zukunft der Pinguine zu verbessern, meint Dr. Phil Trathan von der BAS und Mitautor. Und auch die Erstautorin und langjährige Kaiser-Expertin Dr. Stephanie Jenouvrier vom Woods Hole Oceanographic Institute meint: «Wissenschaftler haben eine Verantwortung, um Menschen die Notwendigkeit für Veränderungen durch objektive Forschung klar zu machen. Mit Hilfe eines engagierten Teams haben wir dieses Papier für die Behörden zusammengestellt, um zusätzliche Analysen zukünftiger Vorhersagen bereitzustellen, um Hilfe zu leisten für die Politik und den Schutz der Art.»

Die Grafik zeigt, wie sich die Meereiskonzentration unter den verschiedensten Erwärmungsszenarien verhalten wird und welche Auswirkungen dies auf die Kaiserpinguinkolonien haben wird. Nur unter Einhaltung des Pariser Abkommens wäre das Überleben der Pinguine als Art gewährleistet (schwarz) trotz massivem Verlust von Kolonien (rot). Grafik: Natalie Renier, WHOI

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Studie: Jenouvrier, S., Judy, C.-C., Wolf, S., Holland, M., Labrousse, S., LaRue, M., Wienecke, B., Fretwell, P., Barbraud, C., Greenwald, N., Stroeve, J., & Trathan, P. N. (2021). The call of the emperor penguin: Legal responses to species threatened by climate change. Global Change Biology, 00, 1– 22. https://doi.org/10.1111/gcb.15806

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