Es gleicht aus der Ferne einem Tafeleisberg, der zu schweben scheint und dessen Ränder von Wellen geformt wurden, seine Umrisse spiegeln sich im Wasser der Magellanstraße — diesen Eindruck soll das Centro Antártico Internacional, das Internationale Antarktiszentrum, bald vermitteln, wenn man sich ihm nähert. Ein Architektenteam aus Santiago gewann mit seinem Designentwurf den im Jahr 2017 ausgeschriebenen internationalen Wettbewerb aus 54 eingereichten Projekten. Mit dem Bau des Centro Antártico Internacional verfolgt Chile nichts Geringeres, als in Punta Arenas das wichtigste Tor zur Westantarktis zu schaffen. Vor wenigen Tagen hat nun das Ministerium für soziale Entwicklung grünes Licht für das Vorhaben gegeben.
Als eine der wichtigsten Initiativen des chilenischen Sonderentwicklungsplans für Extremgebiete soll das neue umfassende Internationale Antarktiszentrum (CAI) in Punta Arenas eine erstklassige Infrastruktur für exzellente Antarktisforschung und die logistische Unterstützung für Expeditionen auf den weißen Kontinent bereitstellen. Wie das Konsortium der Universitäten von Chile berichtet, sollen mehr als 20 wissenschaftliche Labore und Logistik für 500 Wissenschaftler pro Jahr zur Verfügung stehen. Zudem wird es einen großen Besucherbereich mit interaktiven Räumen, großen Aquarien, einem Dinosaurierpark, Räumen mit nachgestellten Antarktisbedingungen, einer Nachbildung des vor Millionen von Jahren existierenden antarktischen Waldes und mit einem Auditorium für 600 Personen geben.
Das CAI soll also nicht nur der Forschung und Wissenschaft dienen, sondern auch einen gezielten sozioökonomischen Beitrag leisten, indem es mit dem vielfältigen interaktiven Angebot das Wissen der Bevölkerung und der Touristen über die Antarktis erweitert. Die Regierung sieht das Zentrum als einen starken Motor für die Entwicklung, für Arbeitsplätze, für die Ausbildung, die wissenschaftliche Forschung und für den Tourismus.
Mit den Plänen zum Bau des neuen Centro Antártico Internacional in Punta Arenas, Chile ist im atlantischen Sektor des Südlichen Ozeans ein Wettstreit um den Titel «Tor zur Antarktis» entbrannt. Argentinien möchte Chile natürlich in nichts nachstehen und plant seinerseits ein großes Antarktis-Logistikzentrum in Ushuaia (wir berichteten). Und die Regierung der Falklandinseln ist ebenso entschlossen, seine optimale geografische Lage zu nutzen und plant 60 Millionen Pfund zu investieren, um Logistikleistungen insbesondere für die Mitgliedsstaaten des Antarktisvertrags in der nördlichen Hemisphäre bereitzustellen. Nicht zuletzt ist Südafrika schon vor der Realisierung vom Centro Antártico Internacional sehr angetan und eifert ebenfalls den Plänen Chiles nach. Bereits Anfang letzten Jahres war eine südafrikanische Delegation in Punta Arenas, um sich über das gewaltige Vorhaben zu informieren. Wie El Pingüino berichtete sind die Delegierten etwas eifersüchtig auf die günstige geografische Lage Punta Arenas’ — von Südafrika aus ist der Weg in die Antarktis wesentlich weiter. Daher wollen sie sich nicht in den Wettstreit einmischen und überlegen vielmehr ein kleineres Zentrum zu entwickeln, das nicht nur wissenschaftliche, sondern auch pädagogische, wirtschaftliche und politische Vorteile bringen soll.
Das fast 33.000 Quadratmeter umfassende Gebäude wird Investitionen in Höhe von etwa 65 Milliarden Pesos (70 Millionen Euro) erfordern. Der ursprüngliche Zeitplan sah eine Bauzeit von etwa drei Jahren vor mit der Eröffnung im Jahr 2022. Die Überprüfung zahlreicher technischer Aspekte dauerte allerdings fast zwei Jahre und die Genehmigung konnte erst jetzt erteilt werden. Da nun noch die Finanzierung geklärt werden muss, ist noch einige Geduld gefragt, bis das Tor zur Antarktis seine Pforten öffnen wird. Die Leitung des Zentrums wird das Chilenische Antarktis-Institut und die Universität von Magallanes übernehmen.
Julia Hager, PolarJournal
Link zum Chilenischen Antarktisinstitut: https://www.inach.cl/inach/