William Baffin – Der Auskundschafter | Polarjournal
William Baffin ist 1584 geboren, über Ort und Datum ist nichts bekannt. Baffin war ein englischer Seefahrer und Entdecker. Er ist vor allem für seinen Versuch bekannt, eine Nordwestpassage vom Atlantik in den Pazifik zu entdecken, bei der er als erster Europäer die Baffin Bay im heutigen Kanada entdeckte. 
Im September 1617 landet er im Auftrag der East India Company in Indien, 1620 in Hormus am Golf von Oman. Am 23. Januar 1622 wird er bei der Belagerung einer portugiesischen Festung im Persischen Golf erschossen.

Das Goldene Zeitalter der Antarktis-Forschung (1897–1922) brachte eine Vielzahl an Heroen hervor, von denen wir in dieser Rubrik regelmässig berichten. Doch schon drei Jahrhunderte vor dem «Heroic Age» wagten sich verwegene Männer in unbekannte, eisige Arktis-Regionen auf der Suche nach Abenteuern, Ruhm und Handelswegen.

Einer der Helden dieses «Dark Age», der dunklen Epoche, ist der Engländer William Baffin (1584–1622). Lange nach seinem Tod benannte man die Baffin-Bay, das Randmeer des Atlantischen Ozeans zwischen Grönland und dem Kanadisch-Arktischen Archipel, nach ihm. Auch die Baffin-Insel, immerhin die fünftgrösste der Welt, trägt seinen Namen.

Wann genau und wo Baffin geboren wurde, ist im Dunkel der Geschichte verschollen. In Erscheinung trat er als Seefahrer im Jahr 1615. Um seine Welt und den Zeitgeist zu veranschaulichen, ein paar Eckpunkte dieses Jahres: In Europa sorgt eine kleine Eiszeit für Jammer und Elend. Anno 1615 zwingt die katholischen Kirche Galilei, seine gotteslästerliche Behauptung, die Erde sei rund und kreise um die Sonne, zu widerrufen – ansonsten ihm der Tod im Feuer drohe. Cervantes schreibt seinen «Don Quixote» fertig, Rubens verewigt die füllige «Venus vor dem Spiegel», Kepler findet eine Formel, das Fassvolumen zu berechnen. Das Inkareich liegt in seinen letzten Zügen, Kap Hoorn wird erstmals umsegelt, Japan macht dicht gegen den Rest der Welt. Handelsgesellschaften wie die 1600 gegründete British East India Company legen den Grundstein zur Globalisierung und machen ihre Teilhaber märchenhaft reich.

‚William Baffin‘ ist wohl die wüchsigste, zuverlässigste und winterhärteste Rose. Sie ist nach dem englischen Arktisforscher benannt, der die Baffin-Bay entdeckte.

Und unser Held ist westlich von Grönland unterwegs, an Bord der «Discovery», unter dem Befehl von Robert Bylot. Man sucht nach einer Nordwestpassage, die den Weg von Europa nach Ostasien beträchtlich verkürzen würde. Finanziert wird das Unternehmen durch die Moskauische Kompanie, das russische Pendant zur britischen Ostindien-Kompanie. Zuvor hatte sich Baffin schon seine Sporen abverdient, erstmals 1612 als Steuermann auf der

James- Hall-Expedition an die Westküste Grönlands, 1613 und 1614 auf zwei Expeditionen nach Spitzbergen, wo man für die Moskauische Kompanie lohnenswerte Walfanggründe auskundschaftete.

Auf der «Discovery» gelingt Baffin 1615 eine erste Pioniertat: Er bestimmt den Längengrad von einem Schiff aus, leider mit der eher ungenauen Monddistanz-Methode. Die finale, präzise Lösung des Längengrad-Problems wird man erst 1775 finden, auf James Cooks zweiter Weltumseglung, dank einer präzisen Uhr. Die Crew der «Discovery» erkundet und kartiert die Hudsonstrasse und die Southampton-Insel, kehrt aber um, ohne die Nordwestpasssage entdeckt zu haben. In seinem Bericht vertritt Baffin die Meinung, diese müsse man weiter nördlich suchen.

Baffins Karte der Reise von 1615 durch die Hudsonstraße

Genau das will man mit der zweiten «Discovery»-Expedition tun, die mit 17 Mann Besatzung am 26. März 1616 vom englischen Gravesend aus in See sticht und die Davisstrasse westlich von Grönland ansteuert. Baffins Plan ist es, von hier aus Richtung Norden vorzudringen. Am 20. Mai ankert die «Discovery» an der Nordspitze der Diskoinsel, zehn Tage später passiert sie den Berg Sandersons Hope. So weit war 50 Jahre zuvor schon John Davis gekommen. Die «Discovery» segelt unverzagt weiter gen Norden und erreicht am 20. Juni auf 77 Grad 45 Minuten den nördlichsten Punkt der Reise am Smithsund, und am 12. Juli das eigentliche Ziel der Expedition, den Lancastersund, die Einfahrt zur Nordwestpassage. Leider ist dies weder Baffin noch jemandem an Bord der «Discovery» klar. Er notiert in seinem Bericht, dass es «keine Passage und keine Hoffnung, diese zu finden», gebe. Erst über 200 Jahre später, 1818 und 1819, werden John Ross und Edward Parry nachweisen, dass Baffin richtig lag und er den Eingang zur Nordwestpasssage gefunden hatte.

Sowohl William Baffin als auch Robert Bylot waren versierte Seeleute. Das Team von Baffin und Bylot erkundete und benannte Ellesmere Island und Bylot Islands. 1616 segelten sie mit ihrem Schiff, der Discovery und kartierten Teile der Baffin Bay.

Die «Discovery» nimmt im Sommer 1616 Kurs Richtung Heimat, da sich in der Mannschaft Skorbut ausbreitet. Nach einem Zwischenstopp im grönländischen Mannitsoq, wo man die Verheerungen der Mangelkrankheit mit in Bier aufgekochten Kräutern bekämpft, landet die «Discovery» am 30. August im heimischen Dover. Baffin wird weiterhin nach der Nordwestpasssage suchen, allerdings in östlicher Richtung. Im September 1617 landet er im Auftrag der East India Company in Indien, 1620 in Hormus am Golf von Oman, zwei Jahre später wird er bei der Belagerung einer portugiesischen Festung im Persischen Golf erschossen.

Der Grossteil von Baffins Aufzeichnungen ist verloren gegangen. Über sein Privatleben wissen wir gar nichts. Ausser, dass er verheiratet war. Denn seine Frau, deren Namen unbekannt ist, verklagte die East India Company und bekam nach drei Jahren Gerichtsstreit 500 Pfund Entschädigung für den Tod ihres Mannes.

Autor: Christian Hug

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