Arctic Century Expedition Blog — Tag 23 | Polarjournal

Die «Arctic Century Expedition» ist eine schweizerisch-deutsch-russische Expedition mit dem Ziel, die Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene arktische Ökosysteme zu untersuchen. Das multidisziplinäre Projekt vereint 59 Wissenschaftler aus 17 Nationen und 16 Institutionen an Bord des russischen Forschungseisbrechers «Akademik Tryoshnikov» und während 4 Wochen werden in der russischen Arktis Arbeiten über Land-, Meer- und Gletschersysteme durchgeführt und zahlreiche Daten gesammelt. In einem Blog, der im Original auf der Webseite des Swiss Polar Institutes SPI veröffentlicht wird, informieren die Beteiligten über die Arbeit und das Leben in einer der am wenigsten erforschten Regionen der Arktis. PolarJournal veröffentlicht diesen Blog auf Deutsch in Zusammenarbeit mit dem SPI.

Tag 23 — Treibender Müll in der Barentssee, der Karasee und der Laptewsee

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Angespülter Plastikmüll auf Der Insel Vize. Foto: 2021 Peter Ryan, alle Rechte vorbehalten

Ein Großteil der Forschungsarbeiten im Rahmen der russischen Arctic Century Expedition zielt darauf ab, die Auswirkungen des globalen Wandels auf die Arktis zu verstehen. Ein Hauptaugenmerk liegt darauf, wie relativ warmes Wasser aus dem Atlantik in den Arktischen Ozean eindringt und so zum schnellen Verlust des arktischen Meereises beiträgt. Doch die atlantischen Wassermassen transportieren nicht nur Wärme, wenn sie Skandinavien umrunden. Der Nordatlantik ist nicht nur wärmer, sondern auch viel stärker verschmutzt als der Arktische Ozean. Ein südafrikanischer Forscher untersucht, wie viel schwimmende Abfälle bis in die Arktis treiben.

Ozeanografische Modelle sagen voraus, dass sich schwimmender Müll in den zentralen Wirbeln der subtropischen Ozeanbecken in so genannten “ Müllstrudeln “ ansammeln wird. Am bekanntesten ist der nordpazifische Müllstrudel, aber auch im Südpazifik, im Indischen Ozean sowie im Nord- und Südatlantik sind ähnliche Müllansammlungen nachgewiesen worden. Einige Modelle sagen voraus, dass sich in der Barentssee ein Müllstrudel bilden wird. Es wird erwartet, dass dieser Müllstrudel länger braucht, um sich zu bilden, was voraussetzt, dass die Abfälle über einen längeren Zeitraum auf dem Wasser bleiben. Beobachtungen auf See zeigen jedoch, dass sich weniger schwimmfähige Gegenstände wie Plastiktüten und flexible Lebensmittelverpackungen nur selten weit von den Ursprungsgebieten entfernen, vermutlich weil sie von Meeresorganismen besiedelt werden und aus den Oberflächengewässern absinken. Dies könnte die Bildung eines Müllstrudels in der Barentssee einschränken.

Die im Rahmen der Arctic Century Expedition durchgeführten Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf die Erhebung von Daten über die Häufigkeit und Verteilung von schwimmendem Müll sowie auf die Untersuchung von an den Küsten der Region gestrandeten Abfällen. Bei den Erhebungen auf See steht man stundenlang am Bug des Schiffes und sucht nach Abfällen, was bei gutem Wetter Spaß macht, was aber nicht immer der Fall ist. Der Forscher wird jedoch durch die Chance motiviert, einige der Meeresbewohner der Region zu sehen. Neben den Abfällen erfasst er auch Seevögel, Meeressäuger und andere Meeresorganismen, denen er begegnet.

Erste Beobachtungen ergaben, dass die Dichte der schwimmenden Abfälle außerhalb der Schifffahrtsstraße um das Nordkap gering war, aber im St.-Anna-Trog zwischen Nowaja Semlja und Franz-Josef-Land sowie lokal vor der Nordwestküste von Nowaja Semlja und der Insel Vize wurden hohe Abfalldichten festgestellt. Interessanterweise handelte es sich bei den meisten Abfällen um flexible Verpackungen, was angesichts der großen Entfernung von offensichtlichen Herkunftsgebieten überraschend ist. Es scheint, dass das Absinken von Abfällen aufgrund von Bewuchs in diesen kalten Gewässern weniger häufig vorkommt.

Bei den Erhebungen an der Küste wurden nur wenige Abfälle auf Nowaja Semlja oder Sewernaja Semlja gefunden, aber überraschend große Mengen auf Graham Bell, der östlichsten Insel von Franz-Josef-Land, und vor allem auf der Insel Vize, die direkt in der Strömungsbahn des Atlantiks liegt. Einige der Abfälle stammen aus Russland, andere aus Norwegen, Schweden, Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Island, Kanada, den USA, Korea und sogar von den Färöer Inseln. Dies ist ein überzeugender Beweis dafür, dass Abfälle aus dem Nordatlantik über große Entfernungen in die Arktis driften.

Text & Fotos: © Swiss Polar Institute, CC BY 4.0

Link zum Swiss Polar Institute: https://swisspolar.ch  

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