Religion spielt in der Geschichte Grönlands eine wichtige Rolle. Denn es waren dänische Missionare unter Hans Egede, die mit der Kolonialisierung der Insel vor rund 300 Jahren gestartet hatten. Heute ist Grönland ein eigenes Bistum innerhalb der dänischen Landeskirche und wird seit 1995 von einer Bischöfin geführt. Vergangenes Jahr wurde eine neue Vorsteherin des Bistums gewählt, die aber erst am vergangenen Sonntag offiziell in ihr Amt eingeweiht wurde.
Die neue Bischöfin, Paneeraq Siegstad Munk, wurde in einer feierlichen Zeremonie in der Hans-Egede-Kirche von Nuuk von ihrer Vorgängerin Sophie Petersen in ihr Amt eingeweiht. Anwesend waren neben zahlreichen Zuschauern auch mehrere Bischöfe der dänischen Volkskirche, Folkekirken, die Bischöfe der Färöer-Inseln und Island und Königin Margarethe II von Dänemark. In ihrer Antrittsrede hob die neu eingeführte und sichtlich gerührte Bischöfin die Bedeutung des spirituellen und religiösen Lebens in Grönland hervor, wie die grönländische Zeitung Sermitsiaq schreibt. Von ihrer Vorgängerin erhielt sie in deren Rede die Aufforderung eine Bischöfin für alle zu sein, auch in den abgelegeneren Orten Grönlands.
Die Zeremonie am vergangenen Sonntag bildete den Abschluss einer etwas länger, durch die COVID-Pandemie verursachten Odyssee. Denn Paneeraq Siegstad Munk war bereits im Herbst 2020 als neue Bischöfin von Grönland und damit zum Oberhaupt der grönländischen Kirche gewählt worden. Nachdem Königin Margarethe II. die Wahl bestätigt hatte, trat Bischöfin Munk am 1. Dezember ihr Amt an. Aufgrund der Pandemie und der Schutzvorschriften wurde die offizielle Amtseinführung vom November 2020 auf August 2021 verschoben. Durch einen erneuten Ausbruch in Grönland im Juli, verschob man den Termin noch einmal. Nun fiel die Amtseinführung in den 5-tägigen Staatsbesuch von Königin Margarethe in Grönland.
Für die 43-jährige Munk ist die Weihe zur Bischöfin der Höhepunkt ihrer bisherigen Kirchentätigkeit. Seit 2001, als sie an der Universität von Grönland ihre Bachelor-Arbeit im Fachbereich Theologie abschloss, hatte sie mit Religion zu tun. Nach ihrer Priesterweihe arbeitete sie als Pastorin in Ittoqqortoormiit und Aasiaat und stand dem grönländischen Kirchenverband vor. Die Wahl zur Bischöfin gewann sie überlegen gegenüber drei weiteren Kandidaten im Oktober 2020. Damit folgt eine weitere Frau im höchsten Kirchenamt Grönlands, nachdem die Vorgängerin Sophie Petersen von 1995 bis 2020 als Bischöfin der 33’000 Gläubigen in Grönland vorstand.
Das Bistum in Grönland ist erst seit 1993 eine eigenständige Diözese mit einem eigenen Vorsteher. Mit dem Selbstverwaltungsgesetz von 2009 übernahm Grönland auch die Kirche, die seither einen eigenständigen Weg geht und in der auch die grönländische Sprache einen immer grösseren Stellenwert erhält. Trotzdem gilt die Diözese noch als Teil der dänischen Volkskirche. Als Zweig der evangelisch-lutherischen Kirche dürfen auch Frauen die obersten Stellen als Bischöfinnen besetzen. Dabei werden sie von den Pfarrern und Kirchenvorständen gewählt und danach in ihrem Amt von der Königin oder König bestätigt. Paneeraq Siegstad Munk ist erst die dritte Bischöfin in Grönland. Vor ihr war Sophie Petersen während 25 Jahren das Oberhaupt der grönländischen Kirche.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal